Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
Julie
bückte sich nun ihrerseits, um den Frosch zurück ins seichte Wasser zu
setzten. Sie traute ihren Augen nicht. Direkt an ihrem Bein schwamm in
der schwachen Strömung etwas vorbei: Ein Eón-Bak!
„Mathys, das Band, hast du es noch?“ Julie hoffte, dass es nicht so war,
denn wenn Daan und Ria ihr Eón –Bak in den Fluss geworfen hatten,
konnte das nur eines bedeuten…
Mathys tastete nach seiner Brusttasche. Er musste etwas Ähnliches
gedacht haben, denn er antwortete mit Erleichterung in der Stimme:
„Es ist weg!“
Julie folgte dem Band, das sich im schwappenden Wasser der Loy
langsam entfernte und fischte es aus dem Fluss.
„Hier!“ Sie reichte Mathys das nasse Band mit zwei Fingern. Als er es
greifen wollte, kicherte sie, zog es ein Stück weg und lief davon mit der
Beute. Mathys nahm es ihr nicht übel, er lachte und jagte hinter Julie her
an das Ufer. Mathys war schneller, wie üblich. Keuchend und kichernd
lagen die beiden sich in den Armen, nach der Rennerei war ihnen in der
lauen Nacht nicht einmal mehr kalt. Mathys zupfte an dem Band, das
Julie in der Hand hatte und gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze.
Ganz sanft glitten seine Lippen über ihre Wange bis zu Julies Ohr.
„Schau mal, wie schön die Sterne sind“ flüsterte er.
„Wunderschön!“ flüsterte Julie zurück.
Eng umschlungen standen sie am Fuß der Brücke. Julie lehnte ihren
Rücken gegen den gemauerten Pfeiler; der Stein strahlte noch die Hitze
des Tages ab. Sie war so glücklich mit Mathys. Warum konnte es nicht
immer so einfach sein? Hoffentlich ging es Daan und Ria gut! Es musste
einfach geklappt haben. Julie hatte die Worte so oft mit Ria geübt, dass
sie ihr schon bei dem Gedanken an die Freundin einem Ohrwurm gleich
wieder in den Sinn kamen. Was Mathys wohl dachte? Noch bevor Julie
ihn fragen konnte, zerriss ein helles Leuchten die Schwärze des
Himmels. Myriaden feiner Goldpünktchen stiegen aus der Mitte des
Waldes auf und tauchten die ganze Insel in ein unwirkliches Leuchten.
Julie machte einen Hüpfer und hätte Mathys fast ihre Stirn gegen seine
Nase geschlagen.
„Sie nur, es hat geklappt! Sie haben es geschafft!“
„Ja, die beiden haben es geschafft!“ freute sich Mathys.
Doch als Julie sich ihm wieder zuwandte, schaute er nicht in den
Himmel, sondern auf das nasse Band, dass sie beide immer noch hielten.
Vorsichtig zog er es Julie aus ihren kalten Fingern und steckte es nach
einem letzten langen Blick wieder in die Hemdtasche. Er sah furchtbar
traurig aus. Julie nahm seine große Hand in ihre kleinen Hände und
drückte sie.
„Unsere Zeit kommt auch, ganz bestimmt.“
Er nickte, doch sie sah an seinen Augen, dass noch immer etwas
zwischen ihnen stand.
Verlangen
„Bist du sicher?“ Der Vogt packte die Informantin noch fester am
Kragen und schuttelte sie.
„Wir hatten genug Verluste, besser du irrst dich nicht!“
Die Stirn der Frau gla
nzte vor Schweiß. „Ich habe es funf Mal überprüft.
Sie sind weg und kommen so bald nicht wieder. Alle hatten Proviant
und schwere Satteltaschen dabei.“
Ohne ein weiteres Wort ließ der Vogt die Informantin, deren Beine bis
jetzt in der Luft gebaumelt hatten, fallen und wandte sich zur Kommode
um.
Er packte seinen Glücksbringer, seine Eintrittskarte: die Miniatur mit
der Frau und dem Kind, hielt das Bild so, dass die Informantin es nicht
sah. Dann warf er einen kurzen Blick auf die Lederpeitsche und
erschauerte.
Es war soweit! Mit nur zwei großen Schritten u
̈berwanden seine langen
Beine die Entfernung zum Treppenaufgang. Hier mischte sich ein
anderer Geruch in die modrige Luft des Kirchenkellergewolbes.
Vergorener Honig und Exkremente bildeten ein U
belkeit erregendes
Bukett. Doch der Vogt nahm dies nur am Rande wahr; er fegte die
Treppe hinauf und sturmte durch die Tur. „Limes, Nattorn, wir brechen
auf. Es ist soweit, Tallyn ist ohne Schutz!“
Die Angesprochenen saßen auf abgenutzten niedrigen Schemeln in der
Ecke, die früher einmal das Taufbecken beherbergt hatte und spielten
Karten. Auf dem Boden vor Limes lagen etliche Goldstücke, vor Nattorn
war nur ein kümmerliches kleines Haufchen zu sehen. Limes sprang
sofort auf und raffte seine Goldstucke zusammen. Nattorn erhob sich
nur zogernd. Schließlich seufzte er, klaubte die verbliebenen Munzen
zusammen und steckte sie in sein Wams. Die Karten warf er achtlos auf
den Boden, sie landeten auf dem fettigen Blechteller mit den
Hahnchenresten vom Vortag. Gemeinsam setzte
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