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Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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für das Ritual so
nötig war. Auch heute trug er ein lilienweißes, schlichtes Gewand mit
schmaler Kordel um die Hüfte. Die Füße in braunen Ledersandalen,
schien er über dem Boden zu schweben.
„Der Zugang zur dritten Ebene sei euch gewährt. Seid ihr bereit für den
Bund?“ fragte der Alte.
     
Beide antworteten sofort.
    Der Alte öffnete die Hände und schöpfte Lichtpünktchen aus der
schwebenden Wolke. Gemächlich bearbeitete er den Dunst, als würde er
Brotlaibe formen. Er drückte, knetete, rieb und zog lang. Schließlich
musste er wohl mit dem Ergebnis zufrieden sein, denn er nahm das
Gebilde und hängte es über den Köpfen von Daan und Ria auf und trat
einen Schritt zurück. Jetzt konnte man auch sehen, was es war. Ein
grüner Ast mit einer kirschgroßen Goldfrucht.
    „Sprecht gemeinsam die Worte des Bundes. Wenn ihr füreinander
bestimmt seid, wird die Frucht wachsen, reifen, platzen und euch mit
dem ewigen Staub überschütten. Wenn nicht, verschrumpelt die Frucht
und fällt ab.“
Er wandte sich an die Umstehenden.
    „So, ihr Lieben, ich muss dann mal wieder. Ihr geht jetzt besser auch,
nicht dass ihr mir die beiden durcheinander bringt. Außerdem steht ihr
schon lange genug hier herum.“
Er zwinkerte noch einmal in die Runde und war verschwunden.
    Es stimmte, sie standen wahrhaftig schon lange genug hier herum. Julie
taten alle Knochen weh und sie fröstelte trotz der sommerlich lauen
Nachttemperaturen. Es war Zeit, die beiden allein zu lassen.
    Nach einem letzten Blick auf Daan und Ria hakte Julie sich bei Mathys
ein und folgte dem Pulk in Richtung Brücke. Die Zeremonie hatte ihr
einigen Stoff zum Nachdenken geliefert.
    Wer konnte schon wissen, was im Steinkreis geschehen würde? Der
Anblick Nereides hatte Julie erneut vor Augen geführt, was der Bund
für ein Risiko war. Sie hatte die Möglichkeit eines gescheiterten Bundes
schon als reine Vorstellung schlimm gefunden. Jemandem zu begegnen,
der die Konsequenzen tragen musste, machte es nicht gerade besser. Die
anderen schienen das ähnlich zu sehen, man hörte kaum ein Wort und
gespannte Erwartung hing in der Abendluft wie ein beginnendes
Gewitter. Julie seufzte und strich sich die Haare aus den Augen.
    Als sie die Hand wieder wegnahm, rauschte ein kleiner plumper
Schemen an ihr vorbei; gefolgt von einem empörten „Quak“ und einem
„Pock“, als ob ein schweres Wäschestück auf einen Waschstein
geschlagen würde. Aus dem Augenwinkel sah Julie Bamoth, der sich die
Spitze seiner weichen Gardestiefel im Gras abwischte und dabei
widerlich grinste.
    Auch Mathys starrte empört auf die Stelle, an der Bamoth feixendes
Gesicht gerade noch gewesen war; der Gardist folgte der Gruppe, die
inzwischen am Ende der Brücke angekommen war und sich im Dunkel
verteilte. Sonst hatte wohl keiner das Quaken gehört.
„Ein Frosch, der Mistkerl hat ihn weggetreten…“ sagte Mathys.
„Das arme Ding, es hat sich bestimmt wehgetan, wir müssen ihn
suchen, vielleicht können wir ihn heilen!“ antwortete Julie.
    Mathys zögerte keine Sekunde. Behände sprang er seitlich von der
Brücke ins flache Wasser und streckte Julie die Hand entgegen. Julie
legte ihre Finger in die Seinen und sprang, geführt von Mathys, sicher
hinterher. Gemeinsam wateten sie durch das Dunkel, der Fluss war
unter der Brücke selbst in der Mitte nicht sehr tief.
    „Siehst du schon etwas?“ fragte Julie.
„Noch nicht, geh du hier weiter, ich such´ da drüben.“
Julie war noch keine zehn Schritte weit gegangen, als sie Mathys leise
rufen hörte.
    „Hier rüber, ich hab` ihn.“
„Warte, ich komm schon.“
    Julie watete zu Mathys schattenhafter, gebückter Gestalt so schnell es
das träge Wasser an ihren Unterschenkeln zuließ. Mathys hob den
Frosch auf und besah ihn sich genau.
    “Ist er in Ordnung?“
„Nein. Sieht völlig benommen aus“ gab Mathys zurück.
Jetzt konnte Julie auch ein leises, krächzendes Quaken hören, dass nicht
zu vergleichen war mit dem kraftvollen Ton von vor dem Aufprall.
„Ich hasse diesen Mistkerl!“ fauchte Julie.
     
Trotz ihrer Wut nahm sie den Frosch behutsam und legte ihre Hände
um ihn. Je mehr Kontakt sie hatte, umso schneller konnte sie ihn heilen.
„Da bist du nicht die einzige, ganz sicher nicht!“ brummte Mathys.
    Es fiel Julie nicht leicht, ihren Ärger so weit zurückzudrängen, dass sie
Kraft für die Heilung freisetzen konnte, aber sie schaffte es. Endlich
fühlte sich der kleine Kerl in ihrer Hand wieder munterer an.

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