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Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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Brennende Röte stieg Julie ins Gesicht.
    Chris setzte sich auf einen bequem wirkenden Holzschemel, der wie eine Sanduhr geformt war. „Julie“, hub er an, “ich muss ganz genau wissen, was es mit diesem Kreuz auf sich hat.“ Chris und Anouk waren sich eigentlich sicher, dass Julie nichts mit dem Vogt zu tun hatte, aber andererseits – man konnte nie wissen.
    „Es ist von meiner Mutter, Chris! Sie hat es mir hinterlassen, und ich habe es seither immer getragen. Ich wusste nicht, dass man keine Kreuze tragen darf hier in Tallyn.“
    Konnte das stimmen? Chris besann sich. Es war seine Pflicht als ihr Mentor gewesen, sie auf das Kreuz-Verbot aufmerksam zu machen. War es möglich, dass er das vergessen hatte? Mit bloßem Nachdenken kam er nicht an die benötigte Erinnerung. Er benutzte einen magischen Rückholzauber. Dieser brachte ihm die gewünschten Stunden wieder ins Gedächtnis. Chris sah sich in dem Wohnzimmer der Denes. Julies Vater verließ den Raum, um zu duschen. Julie lief zur Tür hinaus. Er hörte sich etwas über Elektrogeräte sagen – und dann sprach er den Satz über die Kreuze – gegen die geschlossene Tür. Es war seine Schuld gewesen!
    Mitleidig betrachtete er Julie. Das arme Ding, sie musste furchtbare Angst gehabt haben. „Wie geht es Daan?“, fragte Julie. „Er ist von einem der Hunde gebissen worden“.
    „Nicht so gut“, murmelte Chris. „Zwar ist er bei Leung Jan in guten Händen, aber ich weiß nicht, ob sein Arm wieder so wird wie vorher. Der Hund hat ihn böse erwischt.“
    Julie fing bitterlich an zu weinen. Chris strich ihr beruhigend über die schmalen Schultern. “Wein’ ruhig, Kind, das ist kein Wunder nach der Aufregung.“
    Julie schniefte. Chris verstand wirklich überhaupt nichts. Julie war sich sicher, das alles war ihre Schuld gewesen. Wie sollte es jetzt nur weitergehen? Julie konnte lange nicht aufhören zu Weinen, aber schließlich hatte sie sich etwas gefasst. Chris reichte ihr ein Stofftaschentuch und Julie schnäuzte sich geräuschvoll.
    „Kann ich ihn sehen?“ Nach außen wirkte Julie jetzt ruhiger, aber innerlich fühlte sie sich immer noch ganz schwer und traurig.
    „Ja, ich bringe dich zu ihm, er liegt in der Kammer nebenan.“ Chris half ihr beim Aufstehen und brachte Julie zu ihrem verletzten Gefährten.
     
    Der Vogt ging ungeduldig im Raum hin und her. Die Gestalt, die erschien, um Bericht zu erstatten, materialisierte sich genau vor seiner Nase. „Da bist du ja endlich! Ich hasse es, wenn man mich warten lässt. Bald wird das Pendel wieder unter meiner Herrschaft sein, ich bin sozusagen jetzt schon das mächtigste Wesen dieser Welt. Was bitte kann es da für einen Grund geben, mich warten zu lassen?“, fauchte der Vogt. Er wartete nicht auf eine Antwort. „Das kann ich so nicht durchgehen lassen …“ Langsam wickelte er seine Lieblingspeitsche aus ihrem blutroten Samtfutteral. Die Gestalt sackte vor seinen Füßen in sich zusammen. „Lasst es mich erklären“, wimmerte das Häufchen am Boden, starr vor Angst. „Hinterher“, keuchte der Vogt, „hinterher …“
     
    Mathys war vom Stalldienst aus direkt in sein Zelt gelaufen. Er hatte gehofft, Julie dort zu finden. Fehlanzeige. Er fragte auf dem Zeltplatz herum, keiner hatte sie gesehen. Vielleicht in der Nähe des Stalles? Er hatte ja gesagt „warte hier“; möglicherweise hatte sie das zu wörtlich genommen, und Mathys hatte sie übersehen, als er so hektisch seinen Dienst beendet hatte. Mathys rannte den Weg zurück. Verdammt Julie! Der Rat musste ihr doch gesagt haben, dass Kreuze nicht erlaubt waren. „Wie kann man gleichzeitig so nett und so eigensinnig sein?“, fluchte Mathys. „Versteh’ einer die Mädchen!“
    Julie war nicht beim Stall. Richtig nervös wurde Mathys, als er auch Daan nirgends finden konnte. Er war weder in der Wirtschaftsküche, die gerade schloss, noch an der Bogenbahn; Mathys klapperte jeden Ort ab, an dem Daan sich üblicherweise aufhielt. Verschwunden. Die beiden konnten sich doch nicht in Luft aufgelöst haben? Immer noch aufgewühlt und besorgt wegen des Streits und des Kreuzes ging Mathys langsam wieder zurück zu seinem Zelt. Irgendwann mussten seine Gefährten ja mal wieder auftauchen.
     
    Daan lag in der Burg und dämmerte vor sich hin. Der Hund hatte viel tiefer gebissen, als zuerst zu sehen gewesen war. Nur der Menge an Adrenalin, die durch sein Blut geschossen war, hatte Daan es zu verdanken gehabt, dass er überhaupt noch bis zu Julie hatte

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