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Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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Maul war weit aufgerissen, und er stürzte mit donnerndem Fauchen auf Julie zu. Tonia hätte ihn wohl erkannt; es war der gleiche Bär, der sie bei der Hütte des Falkners aus dem Wald getrieben hatte.
    „Na toll“, dachte Julie mit einem letzten Anflug von Galgenhumor, „jetzt werde ich nicht von den Hunden, sondern von einem Bären zerfetzt.“ Aber das Riesenraubtier griff nicht Julie an. Mit wütendem Gebrüll stürzte sich der Bär auf die beiden Hunde. Immer wieder hieb er mit seinen riesigen Pranken nach den Rottweilern, die sich, inzwischen blutend und verletzt, aber nicht um ihr eigenes Leben zu kümmern schienen. Ihr Ziel war es immer noch, die Kreuzträgerin zu töten, die Magie ließ ihnen keine Wahl. Wieder und wieder nahmen die Hunde Anlauf und versuchten zu Julie zu gelangen. Diese beobachtete hilflos den Kampf. Sie konnte nicht viel erkennen, denn der Bär hatte sich zwischen sie und die Hunde geschoben. Zurück auf den unzuverlässigen Baum konnte Julie nicht; sie hatte sich bei dem Sturz den linken Arm gebrochen und wäre nicht mehr in der Lage gewesen, sich hochzuziehen – und fürs Heilen war nicht genug  Zeit. Einer der Hunde schlug dem Bären die Krallen quer durch das haarige Gesicht. Blutende Striemen wurden auf Stirn und Wange sichtbar, der Bär war schon nach diesem kurzen Kampf mit den rasenden Bestien sichtlich erschöpft.
     
    Inzwischen hatten auch Daan und Tasso den blutigen Schauplatz erreicht. Die Hunde reagierten immer noch nicht auf Tassos Rufe; und bei diesem mörderischen und blindwütigen Kampf, traute sich nicht einmal der erfahrene Tasso noch, dazwischen zu gehen. Warum nur waren die Hunde dermaßen außer Kontrolle geraten? Daan ahnte plötzlich, was los war. Er rief so laut er konnte: “Julie, ein Kreuz, hast du ein Kreuz?“ Julie nickte verstört. „Du musst es wegwerfen so weit du kannst, hörst du? Wirf es weg!“
    Mit der gesunden Hand fummelte Julie so gut es ging den Gürtel ab. Mit zitternden Fingern öffnete sie den Knopf der kleinen Tasche und zog das Kreuz hervor. Der Anblick gab den Hunden zusätzliche Energie. Wild um sich beißend befreiten sie sich von dem Bären und rasten auf Julie zu. Mit einem letzten Blick aus seinen tiefschwarzen Augen verzog sich der Bär auf allen Vieren winselnd zwischen die Bäume. Julie holte aus und warf das Kreuz so weit wie möglich in das dichte Unterholz des Waldes. Immer noch stumm, änderten die Hunde die Richtung und hetzten hinter dem Kreuz her in den Wald. Julie wurde ohnmächtig.
     
    Als sie erwachte, lag Julie in einem Raum, den sie nicht kannte. Ein Blick in die Runde zeigte ihr massive Wände aus grob behauenen grauen Steinquadern; nur die Fackel in dem schmiedeeisernen Halter an der Wand spendete etwas Licht. Die Decke war hoch, nicht mal Mathys hätte sie erreichen können, selbst wenn er gehüpft wäre. Sie musste in der Burg sein. Beim Blick in die Runde dröhnte Julie der Kopf; vielleicht hatte sie eine Gehirnerschütterung? Das Bett, auf dem sie lag, war weich, die gleiche damastene Bettwäsche wie in ihrem Zelt schmiegte sich mit zarter Stickerei an ihre Arme. Ihr Arm! Julie hob den linken Arm vorsichtig hoch. Er sah ganz normal aus. Behutsam drückte sie ein bisschen daran herum. Tat auch nicht weh. Erleichtert schwang Julie die Beine aus dem Bett und stellte sie auf das kuschelige Schaffell davor. Gleich wurde ihr wieder schwindelig. Was war nur passiert? In ihrem Kopf herrschte gähnende Leere. Dann tauchten einzelne Bilder wieder auf. Ein Baum. Der Schmerz. Sie erinnerte sich, dass sie vom Baum gefallen war und sich den Arm gebrochen hatte. Aber was hatte sie auf dem Baum gewollt? Richtig, die Hunde hatten sie gejagt. Alles fügte sich zusammen. Mathys hatte ihr nichts befehlen wollen, er hatte sich Sorgen gemacht! Eine Welle der Übelkeit durchströmte Julies Körper. „Oh mein Gott“, dachte sie, „ich war in den Katakomben. Das gibt sicher Riesenärger. Und die Hunde. Warum habe ich nur nicht auf Mathys gehört?“
    In dem Moment klopfte es kurz. Ohne auf eine Antwort zu warten, öffnete Chris die schwere Holztür mit den eisernen Beschlägen und trat ein. Sein Gesicht war ernst. „Wie geht es dir?“
    „Ganz gut wieder, glaube ich. Ich dachte, ich hätte mir den Arm gebrochen, aber der scheint doch in Ordnung zu sein.“ „Wir haben dich geheilt, der Arm war gebrochen“, erwiderte Chris. Julie durchfuhr ein siedendheißer Schreck: Daan! Er war ihretwegen von einem der Hunde gebissen worden.

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