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Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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Julie wusste, war es den Jugendlichen verboten in die Katakomben zu gehen. Und dieses Verbot zu missachten, hatte sich bislang auch noch niemand getraut.
    Ein Eichhörnchen raschelte neben Julie im Laub. Aufgeschreckt ging sie einen Schritt zur Seite. Tonia war schon nicht mehr zu sehen.
    Julies Entschluss stand fest: Sie würde Tonia folgen, nur so konnte sie herausfinden, was ihre Widersacherin jetzt wieder plante.
    Tonia saß keine dreißig Meter vom Eingang entfernt in einer Nische. Sie hatte gewusst, dass die Katakomben außer von Tasso auch noch von den zwei riesenhaften Rottweilern bewacht wurden. Sie war leise an den schlafenden Hunden vorbeigeschlichen. Solange Tasso in ihrer Nähe war, regten sich auch die Hunde nicht über gelegentliche Besucher auf. Die Mitglieder des Rates und einige andere erwachsene Einwohner von Tallyn besuchten die Katakomben häufig. Nur wenn der Teil betreten wurde, in dem es zum Pendel ging, zeigten die Hunde sofort und bei jedem wieder ihre eigentliche Bestimmung: Sie verwandelten sich von harmlosen Lebewesen in reißende Wachhunde mit zurückgezogenen Lefzen, aus denen furchterregend lange Zähne herausstachen. Der Geifer tropfte auf die zum Zerspringen angespannten muskulösen Pfoten.
    Die Hunde waren so mit Magie belegt, dass sie abgestuft auf Eindringlinge reagierten: Normale Eindringlinge wurden gestellt, bis Tasso kam. Die Anhänger des Erzfeindes, welche sich in den Jahrhunderten immer wieder unter die Kreuzträger gemischt und sich den Schutz der Kirche zunutze gemacht hatten, wurden sofort getötet.
    Tonia saß eigentlich ganz gemütlich in der Nische. Sie hatte schon vor Tagen gesehen, dass die blöde Julie ein Kreuz in ihrer Gürteltasche hatte. Tonia war gut vertraut mit den Schutzzaubern der Katakomben. Wie alle Einwohner von Tallyn wusste sie genau, dass das Tragen von Schmuck in Kreuzform in der Nähe der Katakomben einem Selbstmord gleichkam. Julie wusste das anscheinend nicht, sonst würde sie das Ding ja nicht mit sich herumtragen. Also hatte sie sich einen Plan zurechtgelegt, wie sie die inzwischen unerfreulich erfolgreiche Konkurrenz aus dem Weg räumen konnte. Sich mit Dolf zu verabreden war nicht schwer gewesen; der Trottel tat wirklich auf den Punkt genau alles, was Tonia von ihm verlangte. Tonia war klar, dass Tasso in seinem Revier herumschleichende Besucher hasste. Sobald Dolf nach Tonja fragte, würde Tasso nach ihr suchen. So konnte Tonia die Höhle für Julie freibekommen. Und was hatte sie schon zu verlieren? Im schlimmsten Fall würde eben nichts passieren.
    Inzwischen hatte Tonia Julie lange genug beobachtet, um zu wissen, dass diese nicht sofort eine Szene machen, sondern das Gespräch suchen würde. Also hatte sie in der Stunde bei Leung Jan einen Platz in Julies Nähe gewählt. Das mitgebrachte hellgrüne Papier war nicht das, welches sie sonst im Unterricht benutzte. Sie hatte es sich im Geheimen immer für fiese Tricks aufbewahrt. Nun, sie würde sich eben ein neues Papier suchen. Möglichst auffällig hatte Tonia sich Notizen gemacht, um Julies Aufmerksamkeit auf das Papier zu lenken. Es hatte geklappt, Julie hatte angebissen. Danach hatte Tonia sich den ganzen Tag so gut es ging von Julie ferngehalten; schließlich hatte sie Julie abends auf den Fersen haben wollen, um sie zu den Katakomben zu locken. „Läuft doch alles nach Plan“, murmelte Tonia, „jetzt muss ich nur noch warten.“
    Ahnungslos lief Julie mit schnellen Schritten auf den Höhleneingang zu. Daan war inzwischen auch angekommen; trotz seines läuferischen Talents hatte er die Geschwindigkeit der Reiter nicht erreicht. Er hatte die Spur kurz verloren und ein bisschen suchen müssen. Dennoch hatte er gut aufgeholt, der zähe Zauber gegen Berittene hatte die anderen am Ende deutlich Zeit gekostet. Daan sah Julie gerade noch aus einiger Entfernung in der Höhle verschwinden. „Wo will sie denn jetzt hin?“ keuchte er.
    Julie schlich sich an den Hunden vorbei; sie schienen beide wild zu träumen und zuckten. Die Höhle war so kühl, wie Julie vermutet hatte. Fröstelnd ging sie ein, zwei Schritte in den Vorraum. Mehrere Wege gingen von der Eingangshöhle ab. In welche Richtung Tonia wohl gegangen war? In diesen wenigen Sekunden, in denen Julie nur bewegungslos grübelnd im Eingangsraum stand, waren die Rottweiler durch die starke Wirkung des Kreuzes aus den Tiefen ihrer Träume gerissen worden und Julie in die Höhle hinterher gehetzt. Die Hunde spürten die Nähe des Kreuzes

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