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Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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und gesenktem Kopf weiter, um vor dem Rat Rechenschaft abzulegen.
     
    Der nächste Morgen brach an. Julie stellte fest, dass Mathys die ganze Nacht weg gewesen war. Sie fühlte sich völlig zerschlagen. Trotzdem machte sie sich nach dem Frühstück auf den Weg zu ihrem ersten Unterricht; Kräuterkunde bei Leung Jan würde sie sicher ablenken. Außerdem konnte sie ihn dann fragen, wie es Daan ging. Warum war Mathys nicht in das Zelt zurückgekommen? Sie hatte gesehen, dass seine Sachen noch da waren. Vielleicht hatte er darum gebeten, von ihr weg zu dürfen? Sie konnte es ihm nicht verdenken, schließlich hatte Julie seinen besten Freund in Gefahr gebracht. Julie unterdrückte den Wunsch zu weinen, schließlich wollte sie nicht völlig verquollen ankommen. Wäre sie bloß nicht so ungeduldig gewesen, sie hätte ja auch später noch mit Tonia reden können! Julie stutzte. Wo war Tonia eigentlich geblieben? Julie hatte sie in dem Chaos nicht mehr gesehen. Ganz in Gedanken erreichte Julie das Haus von Leung Jan, nur um festzustellen, dass ein Pergament an den Balken des Eingangs gesteckt war:
    „Der Unterricht fällt heute aus, da die Heilkünste des Leung Jan anderweitig dringender benötigt werden, gez. Anouk vom Rat der Zwölf“
    Julie machte sich beunruhigt auf den Weg zur Burg. Im Schatten der grauen Mauern saßen einige bekannte Gestalten. Bille und Kim diskutierten angeregt, Mathys machte gerade eine kurze Pause von der Krankenwache, die ihn die ganze Nacht hatte aufbleiben lassen. Leung Jan hatte darauf bestanden, dass Mathys essen ging. Der Chinese konnte sehr überzeugend sein, wenn er wollte. „Komm erst in einer halben Stunde wieder, sonst lasse ich dich gar nicht mehr zu deinem Freund“, hatte er gedroht und auf Chinesisch eine kurze Verwünschung hinter dem starrsinnigen jungen Mann her geschickt, den seine eigene Gesundheit keinen Deut scherte, wenn es um Daan ging. Mathys war also notgedrungen essen gegangen – hatte aber schon nach zehn Minuten wieder vor der Tür zu Daans Zimmer gestanden. Leung Jan jedoch hatte ihn nicht hereingelassen. So saß Mathys jetzt missmutig die Zeit auf dem Rasen neben der Burg ab und kickte Hölzchen gegen die verwitterte Mauer. Als er Julie sah, hellte sich seine Miene auf. Aber statt ihn zu begrüßen blieb sie nur am Rand der Wiese stehen und fragte Kim etwas.
    Mathys erhob sich und ging auf Julie zu. „Hey, Julie“, war erst einmal alles, was er hervorbrachte.
    Julie guckte zu ihm hoch: „Es tut mir so leid, ich kann verstehen, wenn du böse bist und nicht mehr mein Gefährte sein willst – ich habe gehört, wie schlecht es Daan geht.“
    „Wieso deine Schuld?“, fragte Mathys. „Chris hat gesagt, du wusstest das mit den Kreuzen nicht.“
    „Das stimmt, aber du hast doch gesagt, ich soll es abnehmen, und ich wollte nicht – es ist doch von meiner Mutter …“
    Mathys Blick wurde mitleidig, er nahm Julie in den Arm, und sie begann zu weinen wie ein Schlosshund. Immer wieder strich Mathys Julie über das braune Haar und sagte: „Sch, es war nicht deine Schuld“, bis sie sich endlich beruhigte.
    Leung Jan hätte schwören können, dass der junge Krieger auf die Sekunde genau nach Ablauf der halben Stunde wieder auf dem Gang herumtigern würde. Vorsichtshalber hatte er schon die Tür geöffnet. Doch zu seiner Verwunderung kam Mathys erst fünf Minuten nach der Zeit. Mathys Sorge galt inzwischen, wie dieser gerade selbst erst erstaunt festgestellt hatte, gleich zwei Freunden.
    „Da bist du ja, du kommst spät!“, schimpfte Leung Jan, der sichtlich auch mit seinen chinesischen Heilkünsten am Ende war. Daan ging es wieder schlechter. Er wälzte sich ruhelos hin und her, das erst kürzlich gemachte Lager war wieder völlig zerwühlt.
    „Du musst mir helfen, Langnase“, sagte Leung Jan. „Geh zu Anouk und richte ihr aus, sie soll mir meinen Trank vom weißen Hirsch bringen. Sie verwahrt ihn für mich, falls ein Notfall eintritt, und das hier ist ganz sicher einer. Wenn er ihn nicht bekommt, wird er den Mittagsgong nicht mehr erleben. Und dann läufst du zu Dendras Eiche und holst mir dieses Mädchen her; er hat den Namen jetzt so oft gesagt, vielleicht kann sie ihn auf dieser Seite halten. Geh!“
    Mathys lief wortlos aus dem Zimmer. Ohne auf die Zurufe der anderen zu achten, machte er sich so schnell er konnte auf die Suche nach Anouk. Er hatte sie vorhin auf dem Weg zum Essen in der Nähe des Stalls gesehen. Anouk befürchtete sogleich Schlimmes, als sie

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