DS001 - Der Chef
Begleiterin vor. Es war Prinzessin Monja und wirklich die Tochter von König Chaac.
Morgenwind, der mürrische Häuptling der rotfingrigen Krieger, wurde von König Chaac mit einem kurzen Befehl verabschiedet. Er ging zögernd auf die Tür zu und warf von dort noch einen letzten Blick auf Prinzessin Monja.
Dieser Blick verriet Doc noch etwas anderes. Offensichtlich war der kleine, untersetzte Häuptling der Kriegerkaste in Monja verliebt. Nach Monjas Gesichtsausdruck zu urteilen, hielt sie jedoch nicht viel von Häuptling Morgenwind.
Nach dieser Begrüßung stellte Doc die Frage, die ihn am meisten beschäftigte: »Wie kommt es, daß Sie und Ihr Volk hier noch so wie vor Hunderten von Jahren leben?«
König Chaac lächelte wohlwollend. »Weil wir mit unserer Lebensweise zufrieden sind. Unsere Existenzbedingungen hier sind fast ideal. Zwar müssen wir immer wieder Eindringlinge abwehren, zugegeben, aber das besorgen zumeist schon die kriegerischen Stämme, die in den Bergen ringsum hausen. Sie sind unsere Freunde. Es passiert fast nur in Abständen von ein bis zwei Jahren, daß unsere Krieger besonders hartnäckige Eindringlinge abwehren müssen. Dank der unzugänglichen Lage dieses Tals bereitet das keine Schwierigkeiten.«
»Wie lange lebt Ihr Volk schon hier?« fragte Doc. »Wann hat es sich in dem Tal angesiedelt?«
»Vor Hunderten von Jahren«, antwortete der alte Mayakönig. »Zu der Zeit, als die spanischen Konquistadoren in Mexiko eindrangen und es eroberten. Meine Vorfahren, die sich hier ansiedelten, entstammten alle dem Königsgeschlecht der Mayas. Sie flohen vor den raubgierigen spanischen Soldaten in dieses Tal. Seitdem leben wir hier zufrieden und glücklich in unserer Einsamkeit.«
Wenn Doc an all die Kriege und politischen Machenschaften dachte, die inzwischen die übrige Welt erschüttert hatten, dann konnte er das Verlangen dieses Volkes nach völliger Abgeschiedenheit gut begreifen. Natürlich entbehrten sie einige Annehmlichkeiten der modernen Zivilisation, aber wahrscheinlich vermißten sie diese Dinge gar nicht.
Mitten in Docs grüblerische Gedanken hinein sagte König Chaac überraschend: »Ich weiß, warum Sie hier sind, Mr. Savage.«
»Wirklich?«
»Ihr Vater hat Sie gesandt. Wir hatten vereinbart, daß er nach einer Frist von zwanzig Jahren seinen Sohn herschicken würde. Ich sollte entscheiden, ob ich Ihnen Zugang zu dem Goldschatz verschaffe, der für uns hier im Tal der Verschollenen wertlos ist.«
Doc nickte verständnisvoll. Das war also der Inhalt des halb verbrannten Briefes gewesen, dessen Überreste er in dem erbrochenen Safe seines Vaters gefunden hatte.
Alles war jetzt klar. Sein Vater hatte dieses entlegene Tal mit seinen seltsamen Bewohnern und dem sagenhaften Goldschatz gefunden. Er hatte beschlossen, diese Entdeckung als eine Art Erbschaft seinem Sohn zu überlassen. Deshalb hatte er mit König Chaac den Pachtvertrag abgeschlossen. Es galt jetzt, das Ausmaß dieses Vertrags zu erfahren.
»Welche Vereinbarung hat eigentlich mein Vater mit Ihnen getroffen?« fragte Doc.
»Hat er Ihnen das nicht erzählt?« fragte der alte Mayakönig überrascht zurück.
Doc schüttelte düster den Kopf. Er berichtete von dem plötzlichen Tod seines Vaters. Nachdem er diese Trauerbotschaft gehört hatte, verharrte der König kurze Zeit in ehrfurchtsvollem Schweigen.
Dann kam er auf die geschäftlichen Vereinbarungen zu sprechen.
»Ein bestimmter Anteil des Goldschatzes sollte der Regierung von Hidalgo überlassen werden«, erklärte König Chaac. »Ich würde sagen, ein Fünftel davon.«
Doc nickte. »Das ist durchaus fair. Carlos Avispa, der Präsident von Hidalgo, ist ein guter Politiker, der für sein Volk nur das Beste will.«
»Ein Drittel des verbleibenden Goldes soll als Treuhandvermögen für mein Volk angelegt werden«, erklärte König Chaac weiter. »Sie sollen diesen Treuhandfonds bilden und dafür sorgen, daß ehrliche Verwalter bestellt werden. Die restlichen zwei Drittel des Goldschatzes bleiben Ihnen überlassen – nicht um ein Privatvermögen damit zu bilden, sondern um das Werk weiterzuführen, das Ihr Vater begonnen hat. Das Kapital soll Ihnen dazu dienen, Unterdrückten und Bedrängten zu helfen, Unrecht aus der Welt zu schaffen und Menschen Gutes zu tun.«
»Nur ein Drittel für Ihr Volk?« fragte Doc erstaunt. »Das scheint mir ein ziemlich geringer Anteil zu sein.«
König Chaac lächelte wieder. »Sie werden überrascht sein über die Höhe der Summe.
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