DS002 - Drei schwarze Schlüssel
Beobachtungssinn. Alle sahen die Eindrücke, die von schmalen Händen hinterlassen waren, desgleichen entging niemandem das seidig glänzende Haar, das an einer Unebenheit hängengeblieben war.
»Spuren, die das Mädchen hinterlassen hat«, sagte Ham und zog mit grimmiger Miene seinen Stockdegen aus der Scheide.
»Steigen wir hinauf«, lautete Docs ganzer Kommentar.
Wie ein gut eingespieltes Team, teilten sie sich. Doc nahm die eine Seite in Angriff, die anderen die übrigen drei Seiten. Mit gespannten Sinnen stiegen sie die Stufen hinauf.
Doc erreichte als erster die Spitze und blieb stehen, um den Blick in die Runde gehen zu lassen. Als er nichts Auffälliges entdeckte, ging er zum gewölbten Eingang der Pagode weiter. Auch hier sah er den gewohnten Schmuck des Baues – Hände, Hände, diesmal ineinander verschlungen, als wollten sie ergreifen, was immer durch den Eingang trat.
Nach wenigen Schritten bog der Gang scharf ab, und Doc stand im Dunkeln. Er fischte seine Stablampe aus der Tasche und ließ sie aufleuchten. Hinter ihm drängten die Freunde herein. Auch sie blieben wie erstarrt stehen.
Der Raum war eine große, steinerne Höhle, mit gemeißelten Händen übersät, deren Finger weisend auf den Mittelpunkt des Raumes deuteten. Der Boden senkte sich schwach in Richtung dieses Mittelpunktes. Er bestand aus glattem Stein, der hier und dort Rinnen aufwies, die an die Bewässerungsgräben in tropischen Gebieten erinnerten.
Docs Freunde zählten mit angehaltenem Atem die im Mittelpunkt der Höhle aufgestapelten Gebilde.
»Zwischen sechzig und siebzig«, murmelte Monk. »Ich habe aufgehört zu zählen, der Appetit ist mir vergangen.«
Irgendwann einmal waren diese Gebilde menschliche Wesen gewesen. Kleidung und Fleisch hatten sich längst zu Nichts aufgelöst, nur die gelblichen Gebeine waren zurückgeblieben. Die Skelette waren nachlässig aufeinandergeschichtet worden, hier und dort war der Stapel zusammengefallen, so daß Schädel, Rippen und Gliederknochen ein wirres Durcheinander bildeten.
Rings um die gestapelten Gebeine, wie um sie zusammenzuhalten, war ein kniehoher Wall aus Waffen aller Art und sonstigen Ausrüstungsgegenständen wie Zelten, Rucksäcken, Decken und Konserven gezogen.
Docs scharfer Blick entdeckte etwas, was Bewegung in ihn brachte. Für Sekunden tauchte er hinter der Mauer von Gebeinen unter, dann kehrte er zu den Freunden zurück und wies vor, was er geborgen hatte.
Es war Lucile Copelands Pistole.
»Dieselbe Waffe, die das Mädchen in London hatte«, erklärte er mit Bestimmtheit. »Sehen wir uns etwas genauer um.«
Sie traten wieder ins Freie, entdeckten aber keine Spur von Lucile Copeland, Maples oder dem falschen Monk. Ihre Suche führte sie bis an den nahe vorüberfließenden, leise murmelnden Fluß, an dessen Ufern sie zwar zahlreiche mächtige Krokodile entdeckten, aber vergeblich nach den drei vermißten Personen aus dem anderen Flugzeug Ausschau hielten.
Sie kehrten zum Flugzeug des falschen Monk zurück und nahmen sich jeden Winkel des Cockpits und der Kabine vor. Doc war es, der die kleine Kiste mit den Dynamitstangen entdeckte, die offensichtlich zu Lucile Copelands Gepäck gehörte. Doc wog die Stangen, es waren etwa ein Dutzend, prüfend in der Hand und sortierte eine, die ihm leichter schien, aus. Vorsichtig löste er die hartgepreßte Umhüllung und fand statt der Dynamitladung eine knetmasseähnliche Füllung, deren Kern ein schlanker, in Ölpapier gehüllter Gegenstand war. Doc hielt einen der schwarzen Schlüssel in der Hand.
Methodisch zerlegte er nun auch die anderen Dynamitstangen und fand so die beiden restlichen Schlüssel.
»Lucile Copeland traute dem falschen Monk nicht«, lautete sein Schluß. »Sie versteckte sie in den Dynamitstangen.« Er glättete ein Stück Papier, das er ebenfalls in einer der Dynamitladungen gefunden hatte. Es handelte sich um das abgerissene Stück einer Karte des Inneren von Indochina. Der Abschnitt trug ein eingezeichnetes Kreuz und einige Worte, in Rot geschrieben, wahrscheinlich mit einem Lippenstift. Der Text lautete:
»Stadt des tausendköpfigen Mannes«
»Welch glücklicher Zufall, Doc«, sagte Monk. »Wie weit ist es noch?«
Der Bronzemann beugte sich über den Kartenausschnitt. »Nicht allzu weit. Im Augenblick ist mir Lucile Copeland aber wichtiger als diese Stadt.«
»Was könnte mit ihr geschehen sein, Doc?«
»Allem Anschein nach ist sie gefangen genommen worden und wurde verschleppt.«
»Ich
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