DS010 - Die Stadt im Meer
der Halterung und ließ das Wasser laufen. Jedem der schlafenden Männer schwappte er ein randvolles Glas Wasser ins Gesicht. Habeas Corpus bekam ebenfalls eines ab. Das Schwein reagierte sofort; es sprang vom Bett herab und verkroch sich darunter.
Monk richtete sich langsam auf. Die Augen öffnete er erst, als er sich hingesetzt hatte. Er blinzelte ein paarmal Doc Savage an, schüttelte seinen Kopf, um wieder klare Gedanken zu bekommen, griff dann mechanisch zu und rüttelte Ham wach. »He, Winkeladvokat«, murmelte er mit belegter Stimme, »warum sind Seemannshosen unten so weit?«
Ham kam hoch, hatte die Augen dabei bereits offen und starrte Monk an, als handele es sich bei ihm um seinen erbittertsten persönlichen Feind. Mit einem tiefen Grunzlaut setzte sich auch Renny auf. Es dauerte aber noch gut zehn Minuten, ehe alle miteinander vollends wach waren.
Monks kleine Augen suchten ein weiteres Mal das Kabineninnere ab. »Was ich wissen möchte«, murmelte er, »ist, wo wir hier sind. Wie sind wir hierhergekommen? Und was machen wir hier?«
»Eine wichtige Frage hast du vergessen«, erklärte ihm Doc Savage mit ruhigem Gesicht.
»Welche?« fragte Monk.
»Was für ein Wochentag heute ist«, erwiderte Doc.
»Es war Samstag vormittag, als wir unseren Geist aufgaben«, grunzte Monk. »Also muß es jetzt wohl Samstag nachmittag sein.«
»Es ist Donnerstag«, sagte Doc Savage.
»Huh?« Monk blinzelte. »Du willst mich doch nicht etwa auf den Arm nehmen?«
»Heute’ ist Donnerstag«, wiederholte Doc Savage. »Ihr seid mehr als fünf Tage ohne Bewußtsein gewesen.«
Hätte man ihnen eröffnet, sie seien im Jenseits, irgendwo im Himmel aufgewacht, so hätten sie kaum erstaunter aussehen können. Ham sprang vom Bett herunter, rannte zur Tür, wollte sie aufreißen, aber sie war verschlossen. Monk hockte lediglich da und starrte verwirrt vor sich hin. Renny taumelte zum Bullauge hinüber und streckte seinen massigen Kopf hindurch. Er sah sich draußen um, zog den Kopf wieder zurück und stöhnte: »Wasser! Nichts als Wasser!«
»Wir haben eine Steuerbordkabine«, erklärte ihm Doc Savage. »Wenn du deinen Kopf noch ein bißchen länger draußen läßt, wirst du bald Great Isaac ausmachen können.«
Renny runzelte die Stirn.
»Wer ist Great Isaac?«
»Eine kleine Insel, auf der ein Leuchtturm steht«, erwiderte der Doc. »Sie liegt am Eingang des Schiffahrtkanals nach
Nassau.«
»Nassau?«
»Ja, Nassau. Die Hauptstadt der Bahamainseln im nördlichen Teil des Karibischen Meers«, erklärte ihm Doc Savage. »Nach den Worten von zwei Ladys zu urteilen, die vorhin den Gang entlangkamen, werden wir irgendwann heute Nacht dort eintreffen.«
Monk hatte sich indessen auf dem Bett hingekniet und fischte mit seinem langen haarigen Arm Habeas Corpus darunter hervor. Dem Schwein schien die Sache nicht ganz geheuer zu sein; es ließ seine sonstige Lebendigkeit vermissen. Seinem Herrn war auch noch manches unklar. Nachdem er sich vergewissert hatte, daß mit dem Schwein alles in Ordnung war, sah er Doc Savage starr an. »Was ist mit uns passiert?«
»Das ist eine merkwürdige Geschichte«, sagte Doc Savage.
»Weiß Gott, das ist sie, und zwar schon, seit der Halbtote da in unser Büro hereingetorkelt kam, gar nicht erst zu reden von diesem Stanley Watchford Topping und seiner Messingkassette. Ich erinnere mich nur noch, daß ich von einer Sekunde auf die andere schrecklich müde wurde, und ich muß dann wohl eingeschlafen sein.«
»Die Ursache dafür war ein gasförmiges Betäubungsmittel, das neuerdings viel in Kliniken angewandt wird«, erklärte ihm Doc Savage. Man kann es beinahe in jeder Apotheke haben. Auf diese Art dürfte es sich auch das Mädchen verschafft haben.«
»Mädchen?« Monk sprang vom Bett herunter. »Willst du damit etwa sagen, daß diese Diamanten-Eva …«
»Es war tatsächlich die junge Frau«, informierte ihn Doc. »Wahrscheinlich leitete sie das beinahe geruchlose Gas unter der Tür durch. Dann brachte sie uns alle an Bord dieses Steamers, der ein kleines kombiniertes Passagier- und Frachtschiff ist, das unter den karibischen Inseln regelmäßig die Runde macht.
»Sie brachte – uns – hier an Bord?« Monk konnte das einfach nicht glauben. »Wie?«
»Sie legte uns in große Schrankkoffer, die sie in diese Kabine bringen ließ. Nachdem sie uns herausgenommen hatte, ließ sie die Koffer wieder an Land schaffen. Sie tat das alles in großer Heimlichkeit, und ich bezweifle, daß außer ihr
Weitere Kostenlose Bücher