DS018 - Die Teufelsinsel
Pat durch das Mangrovendickicht zwängte.
»Ja, einiges«, sagte sie ironisch.
»Nämlich?«
»Es ist eine der verrücktesten Geschichten, die ich je gehört hab«, sagte das Mädchen. »Angeblich war Thunden auf einem Schiff, das vor mehr als neunzig Jahren vor dieser Insel auf Grund gelaufen ist. Er hat als einziger die Küste erreicht und seitdem hier gelebt.«
»Ich bezweifle immer noch, daß er hunderteinunddreißig Jahre alt ist«, bemerkte Long Tom.
»Santini bezweifelt es nicht«, sagte Pat, »und Santini ist kein besonders gutgläubiger Mensch.«
»Vergessen wir’s«, brummelte Renny. »Was haben Sie außerdem erfahren?«
»Santini hat die Insel durch Zufall entdeckt«, berichtete Pat. »Er kam in einem gestohlenen Flugzeug aus Südamerika. Er hatte in Venezuela ein Regierungsmitglied erschossen und wollte in die Vereinigten Staaten, nachdem er bei allen, die ihn kannten, den Anschein erweckt hatte, nach Süden zu fliehen. Er fürchtete verfolgt zu werden; deswegen hielt er sich nicht an die übliche Route. Er mußte auch vermeiden, Inseln zu überfliegen, und schließlich ist er Schiffen ausgewichen, weil er Angst hatte, angepeilt oder beschossen oder verraten zu werden, was weiß ich ... Jedenfalls ist er in diese öde Weltgegend geraten. Er hatte Schwierigkeiten mit dem Motor und ist gelandet.«
»Und dann?«
»Dann wird es geheimnisvoll«, erwiderte Pat. »Jedenfalls fand er Dan Thunden – und noch etwas, das außerordentlich kostbar zu sein scheint.«
»Was ist das?«
»Ich habe keine Ahnung.«
Renny blieb stehen und sah das Mädchen groß an.
»Soll das heißen, daß Sie gar nicht herausgefunden haben, weshalb hier ständig geschossen und gestorben wird?«
Sie runzelte die Stirn. »Wollen Sie mich kritisieren?«
»Nein«, sagte Renny. »Aber ich hatte gehofft, daß Sie etwas wissen.«
»Ich habe mich auch angestrengt.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich wollte Santini ausholen, hatte aber keinen Erfolg damit. Die Gangster haben sich richtig gefreut, als sie merkten, wie wenig ich wußte. Und ich hatte einige Mühe, daß sie nicht mitkriegten, daß ich nicht Kel Avery bin.«
»Die Gangster sind nach Fear Cay gekommen«, sagte Johnny mit schwacher Stimme, »weil sie hofften, mehr von dem Zeug zu bekommen, das sich angeblich in dem Päckchen befand, aber dann nicht mehr darin war. Richtig?«
»Richtig«, sagte Pat. Sie betrachtete ihn forschend; sein Verzicht auf umständliche Formulierungen war auffallend. Sie wußte nicht, daß er sich einige Rippen gebrochen hatte. »Santinis Bande hat das Flugzeug abgeschossen, mit dem Thunden zur Insel kam; der Pilot hat den Absturz nicht überlebt. Seitdem ist Santini hinter Thunden her, um ihn zu zwingen, ihm das Versteck der ominösen Ware zu verraten.«
»Dann hat also Santini den Piloten auf dem Gewissen«, sagte Long Tom nachdenklich.
»Gewiß«, sagte Pat. »Ich war dabei. Ich habe zugesehen.«
»Wir haben die Leiche des Piloten gefunden. Er war buchstäblich skelettiert.«
Pat schauderte.
»Das erinnert mich daran, daß es auf dieser Insel noch ein Geheimnis gibt«, sagte sie leise. »Santini und seine Männer haben vor irgend etwas schreckliche Angst, ich habe aber nicht erfahren können, was das ist.«
Renny blieb abermals stehen und sah sich um.
»Hier in dieser Gegend haben wir den verdächtigen Schuß gehört«, sagte er. »Ich vermute, daß er mit Docs Gefangenschaft zu tun hat. Vielleicht haben die Banditen ihn verwundet ...«
Dan Thunden war wieder einmal verschwunden; Renny und die anderen hatten bereits gemerkt, daß der Alte immer dann untertauchte, wenn es gefährlich werden konnte. Sie waren alarmiert. Das Mädchen blickte über das Plateau.
»Oh!« sagte sie leise.
»Was gibt’s?« fragte Long Tom.
»Ich habe gehört, wie Santini und seine Leute über diese Felsen sprachen«, sagte sie. »Anscheinend ist hier ein unterirdisches Labyrinth aus Gängen und Höhlen. In diesem Irrgarten hat Thunden die neunzig Jahre verbracht, und Santini vermutet, daß dieses Zeug, was immer es ist, hier unten lagert.«
Sie spähten zwischen Sträuchern hindurch nach einem Zugang zu dem Labyrinth. Die Felsen sahen überall gleich aus. Schließlich gab Renny sich einen Ruck und drang weiter vor, die übrigen folgten.
»Seien Sie vorsichtig«, warnte Pat. »Ich hab aus Santinis Reden herausgehört, daß dieses Plateau von Fallen geradezu strotzt. Thunden hat sie angelegt, vielleicht wollte er sich ein bißchen die Zeit
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