DS033 - Die Blutfalken
und zuverlässig erschienen, Männer, die daran gewöhnt waren, daß ihnen Menschen und Schicksale anvertraut wurden, und die sich bemühten, die in sie gesetzten Erwartungen nicht zu enttäuschen. Jetzt war sie dessen nicht mehr so sicher.
Sie spürte, wie ihre Nackenhaare sich wieder aufrichteten, und tat, was sie in dieser Nacht schon einige Male gern getan hätte, aber es war nie dazu gekommen.
Sie wurde ohnmächtig.
Sechs Minuten vor vier landete die Chartermaschine, in die Fiesta in Bowlegs in Arizona eingestiegen war, auf dem Flughafen von Wichita in Kansas. Eine junge Frau kletterte heraus und wurde mit einem Wagen zu der Maschine nach New York befördert, die um vier Uhr starten sollte.
Die Linienmaschine hob pünktlich ab. Sie war nur schwach besetzt, über die Plätze verteilten sich ein Dutzend Passagiere. Der Pilot und der Copilot des Charterflugzeugs blickten der Maschine nach, bis die Lichter am Horizont verschwunden waren und das Getöse der Motoren verstummte.
Zwei Stunden später wurde ein Farmer in der Nähe von Millard in Missouri jäh aus dem Schlaf geschreckt, weil seine Hühner mit erheblichem Gezeter von einem Pfirsichbaum, auf dem sie übernachtet hatten, zur Erde flogen. Er wähnte, ein Raubvogel bedrohe sein Geflügel, und sprang aus dem Bett. Er griff sein Gewehr, stieg hastig in seine Hose und rannte aus dem Haus.
Der Raubvogel entpuppte sich als Flugzeug, das ohne Motoren niedrig über sein Dach segelte, auf der Weise hinter dem Haus auf dem Bauch landete, noch ein Stück weiter schlitterte, wobei es einige Hecken niedermähte, und endlich anhielt und auf die Nase fiel.
Der Farmer lief wieder ins Haus.
»Frau!« schrie er.»Frau, ein Flugzeug ist abgestürzt!«
Er eilte zu dem Wrack, wuchtete die Tür auf und spähte hinein.
»Hallo!« rief er. »Ist jemand verletzt?«
Niemand antwortete. Er stieg in die Maschine und stürzte zwanzig Sekunden später wieder heraus. Sein Hund war ihm gefolgt und verkroch sich nun unter der Veranda. Der Farmer machte ein Gesicht, als hätte er sich dem Hund am liebsten angeschlossen.
»Mutter«, sagte er zu seiner Frau, die mittlerweile herangekommen war, »die Leute da drin – sie sind alle tot. Und noch was ist da drin – ein Vogel, aber er ist nicht tot.«
Seine Frau rümpfte die Nase.
»Ich hab keine Angst vor keinem Vogel«, verkündete sie. »Geh aus dem Weg, ich seh’ mir das an.«
Er ging aus dem Weg, und die Frau kletterte in das Flugzeug. Sie war noch schneller wieder draußen als ihr Mann und ähnlich verwirrt.
»Oh Gott!« sagte sie.
»Hast du den Vogel gesehen?« fragte er.
»Ich – hab ihn gesehen ...«
Sie brauchten eine Weile, um wieder Mut zu fassen, dann gingen sie Hand in Hand wie verschüchterte Kinder noch einmal in die Maschine. Sie fürchteten sich sehr, aber sie wagten nicht, es einander einzugestehen.
Der Vogel saß im Mittelgang auf dem Boden, hatte etwa die Größe einer kleinen Ziege und eine Farbe wie ein Skelett. Seine Augen waren so rot wie die Finger des Farmers, wenn er sie in die Mähmaschine geklemmt hatte, was nicht eben selten vorkam.
Der Farmer und seine Frau standen noch wie gelähmt, als der Vogel sich jählings in eine weiße Flamme verwandelte, aus der gräßliche schrille Geräusche drangen. Die Hitze war beträchtlich, einer der Tanks fing Feuer, wodurch sie noch beträchtlicher wurde, und der Farmer und seine Frau zogen sich hastig zurück, bevor der Treibstoff explodierte.
Die Maschine brannte aus, nur eine Masse aus verbogenem Metall und schwarzer Qualm blieben übrig, während der Farmer und seine Frau zwischen dem Haus und der Brandstelle fleißig hin und her eilten und Wassereimer transportierten. Als der Brand erlosch, war von dem Vogel nichts mehr zu sehen, und die Passagiere waren bis zur Unkenntlichkeit verkohlt.
Als endlich der Sheriff und die State Police alarmiert waren und eintrafen, benahmen sie sich genauso, wie der Farmer und die Frau befürchtet hatten. Der Farmer erzählte seine Geschichte – alle Fluggäste tot, zwischen den Sitzen ein häßlicher Vogel, der in Flammen aufging –, und die Beamten entschieden ohne nachzudenken, der Farmer wäre übergeschnappt. Eine Einweisung in eine Heilanstalt wurde warm empfohlen, denn so was, wie der Farmer behauptete, gab es nicht.
Der Farmer zog sich in den Stall zurück, bevor die Polizisten ihre Entscheidung in die Tat umsetzen konnten, kaute Tabak und fluchte bekümmert. Er überlegte, ob er vielleicht tatsächlich
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