DS034 - Der flammende Dolch
»Wir sind belegt.«
»Das bezweifle ich«, sagte die Frau. »Ich kenne Sie, Mr. Risetti, und Sie kennen mich, ich wohne nämlich immer hier, wenn ich in New York bin. Ich bin Sanda MacNamara.«
Der Uniformierte schluckte heftig und gab Geräusche von sich wie ein Frosch.
»Aber ...«, sagte er schwach, »aber ...«
»Inkognito«, erläuterte Sanda.
Der Uniformierte erinnerte sich, daß er in der Zeitung etwas über einen Krieg in Cristobal gelesen hatte, und glaubte zu begreifen: die Familie des Präsidenten setzte sich umsichtig ab.
»Ja«, sagte er, »selbstverständlich. Inkognito.«
Er ließ dem Mädchen Zimmer anweisen, lächelte vor sich hin, rieb sich die Hände und langte nach dem Telefon.
Er hatte sich schon vor längerer Zeit eine kleine, aber regelmäßige Nebeneinnahme verschafft, indem er den gewissenlosesten Gesellschaftskolumnisten einer der gewissenlosesten Zeitungen mit Informationen belieferte.
Zwei Stunden später brach die erwähnte Zeitung in riesige Schlagzeilen aus: FAMILIE DES PRÄSIDENTEN VON CRISTOBAL AUF DER FLUCHT, und darunter: TOCHTER BEREITS IN NEW YORK,
Die Mitteilung entsprach zwar nicht dem Sachverhalt, aber das kümmerte weder den Uniformierten im Riviera Towers noch den erwähnten Journalisten noch die meisten Leser. Während die ersten dieser Blätter die Straße erreichten, gelangten Doc Savage, Monk und Ham in das Riviera Towers. Sie hielten sich nicht an der Rezeption auf, sondern fuhren sofort mit dem Lift nach oben zu Sandas Suite.
»Ich freue mich, daß Sie da sind«, sagte das Mädchen.
Monk besah sich das Mädchen von oben bis unten und atmete tief ein.
»Ich freue mich auch«, verkündete er.
Sanda hatte sich inzwischen aus einem Modehaus an der Fiftyseventh Street eine Kollektion Kleider schicken lassen, ohne falsche Sparsamkeit ausgewählt und ihre Lumpen mit einem aufregenden Fetzen, der angeblich direkt aus Paris kam, sehr zu ihrem Vorteil vertauscht. Sie sah noch ein wenig müde um die Augen aus, aber im übrigen hatte sie nicht mehr viel Ähnlichkeit mit dem Mädchen, das ängstlich einige tausend Meilen von Südamerika bis hierher geflogen war, und schon gar nicht mit der alten Frau, als die sie das Hotel betreten hatte. Sie hatte Doc am Telefon mitgeteilt, wer sie war, und um seinen Besuch gebeten.
»Ich fürchte, Sie werden ein bißchen skeptisch sein, wenn ich meinen Bericht vor Ihnen ausbreite«, sagte sie. »Ich wäre es auch, mindestens im Hinblick auf meinen Bruder Don ...«
Sie bat die drei Männer, Platz zu nehmen, und erzählte.
»Er ist einfach verschwunden«, sagte sie abschließend.
»Ich bin ganz sicher, daß er im Flugzeug war, immerhin hatte ich mich einige Male über Funk mit ihm unterhalten. Einmal hat er mir sogar unsere Position durchgegeben, und das hätte er kaum tun können, wenn er nicht vorhanden gewesen wäre. Trotzdem war er nach dem Absturz plötzlich nicht mehr da, obwohl es für ihn ganz unmöglich war, nicht mehr da zu sein.«
»Und den schwarzen Dolch haben Sie selbst gesehen?« sagte Monk.
»Am Himmel«, bestätigte Sanda.
»Wie groß?«
»Vielleicht zweihundert Fuß lang.«
»Sie haben keine Ahnung, was es mit diesem schwarzen Dolch auf sich hat, woher er kommt oder wohin er sich begeben hat?«
»Sie machen sich lustig über mich.« Sanda ärgerte sich. »Nein, ich hab keine Ahnung – es sei denn, die seltsame Erscheinung steht im Zusammenhang mit dem schwarzen Stein.«
»Schwarzer Stein?« fragte Ham scheinbar naiv.
»Dieser schwarze Stein symbolisiert einen bösen Gott. In der Mythologie der Inkas verwandelte Kukulkan, das ist der höchste Gott der Inkas, diesen bösen Nebenbuhler in einen schwarzen Stein.«
Monk lehnte sich im Sessel zurück und schloß die Augen.
»Ist es die Möglichkeit«, sagte er versonnen. »Und wir haben angenommen, diesen schwarzen Stein gäbe es nicht ...«
Das Mädchen sah ihn verwirrt an, und Ham ließ sich herbei, sie über die mysteriösen Abenteuer eines gewissen Sid Morrison und sein unvermutetes Ableben aufzuklären.
»Das war vor drei Tagen«, sagte Monk und spähte zum Fenster, vor dem es nach wie vor schneite. »In der Nacht hat der Blizzard angefangen.«
»Geben Sie uns ein paar Details«, sagte Doc zu dem Mädchen. »Zum Beispiel interessiert mich dieser schwarze Stein, aber nicht die Legende, sondern die Wirklichkeit. Wieso vermuten Sie, der Stein könnte im Zusammenhang stehen mit dem schwarzen Dolch, der am Himmel war, als die Maschine Ihres Bruders
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