DS034 - Der flammende Dolch
vermutlich abgeschnitten, und hinter dem Gebirge gibt es keine Straßen mehr. Wir können weder Verpflegung noch Munition heranbringen, und in spätestens einer Woche haben wir ohnehin keine Munition mehr. Die Armee von Hispaniola kann hinter dem Gebirge nur mit Mühe weiter Vordringen, aber es ist auch gar nicht nötig. Sie kann uns aushungern.«
Auf der Ebene blitzten Mündungsfeuer, rechts und links von der Maschine tanzten weiße Wölkchen. Doc stellte das Flugzeug auf die Nase, um aus der Reichweite der Flak zu kommen.
»Diese Idioten!« schimpfte Sanda. »Das sind unsere eigenen Geschütze.«
»Gewiß«, sagte Doc. »Aber dies ist eine hispaniolanische Maschine.«
Er bugsierte das Flugzeug zwischen die Berge und überflog einen Paß. Langsam zog er die Maschine wieder höher. In der Tiefe tauchten Eisenbahnschienen auf, sie wanden sich durch das Gelände. Doc erinnerte sich, daß der Bau dieser Bahn vor Jahren als eine gewaltige Pioniertat gefeiert worden war. Sie führte über zahlreiche Brücken, keine einzige war unzerstört. Die Luftwaffe Hispaniolas hatte ganze Arbeit geleistet. An einer Stelle hatte eine Bombe einen Erdrutsch ausgelöst. Die Erde hatte einen Canyon verstopft, wodurch ein großer See entstanden war.
»Da!« Das Mädchen zeigte abwärts. »Sehen Sie!«
An einem steilen Hang zog sich ein Trupp Männer zurück. Sie huschten von Deckung zu Deckung und feuerten immer wieder auf die Männer, von denen sie verfolgt wurden.
»Wir sind weit hinter der Front«, bemerkte Doc. »Wir werden tiefer gehen und kontrollieren, was da los ist.«
»Die Männer weiter oben sind unsere Soldaten«, erklärte das Mädchen. »Ich erkenne sie an den Uniformen.«
Doc legte die Maschine auf die Seite und jagte flach über den Hang hinweg. Die Soldaten nahmen das Flugzeug mit Gewehren und Maschinengewehren unter Beschuß, die Männer hinter ihnen jubelten und winkten. Sie waren zerlumpt und in Zivil, einige von ihnen trugen große Strohhüte. Alle waren ausgezeichnet bewaffnet.
»Indios«, sagte Sanda. »Sie gehören zu einem Stamm, der seine Herkunft direkt von den Inkas ableitet.«
»Das heißt also«, meinte Doc nachdenklich, »daß die Unruhen, die durch den angeblichen Verkauf des schwarzen Steins ausgebrochen waren, inzwischen in eine Rebellion umgeschlagen sind ...«
»Es kann gar nichts anderes bedeuten.«
Die Maschine überwand den Gebirgswall, die Hauptstadt rückte ins Blickfeld. Die weißen Häuser mit den roten Dächern und die mit Palmen gesäumten Straßen sahen von oben wie Spielzeug aus. Anscheinend war Cristobal City bisher nicht bombardiert worden. Doc entdeckte den kleinen Flughafen am Stadtrand; in der Nähe lag ein niedriger Hügel, der von dem weißen Regierungspalast gekrönt war.
Peter van Jelk, der sich seit einer Weile nicht mehr gerührt und auch nichts mehr gesagt hatte, erwachte unvermittelt wieder zum Leben.
»Sind Sie verrückt?!« schnauzte er. »Sie können hier nicht landen, wir sitzen in einem feindlichen Flugzeug! Man wird uns durchlöchern, bevor wir auf der Erde sind!«
Zwei Geschütze richteten drohend die Rohre zum Himmel, Doc stellte abermals die Maschine auf die Nase. Flach jagte er über die Schornsteine hinweg, erreichte den Flughafen, flog eine Schleife und setzte auf, ehe die Soldaten sich von ihrer Überraschung erholt hatten. Er brachte die Maschine zum Stehen, Sanda stieg aus, um sich zu erkennen zu geben.
Von allen Seiten strömten Soldaten auf das Flugzeug zu, ein Offizier blieb vor Sanda stehen und salutierte. Doc und van Jelk stiegen ebenfalls aus.
»Verhaften!« kommandierte der Offizier.
Er zeigte auf Doc und van Jelk. Der Magnat wollte protestieren, Sanda kam ihm zuvor.
»Warten Sie!« sagte sie zu dem Offizier. »Das sind meine Freunde!«
Der Offizier deutete eine Verbeugung an.
»Tut mir leid«, sagte er. »Aber ich habe Befehl ...«
»Das ist absurd!« sagte Sanda. »Ich werde mit meinem Vater telefonieren.«
Sie marschierte zum Flughafengebäude. Doc, van Jelk, der Offizier und die Soldaten warteten. Doc blickte sich verstohlen um. Im Vergleich mit dem Flughafen in Hispaniola war dieser hier schäbig und ärmlich, die Flak war nicht der Rede wert, und wenn Hispaniola es darauf angelegt hätte, die Stadt zu bombardieren, befände sich hier kein Stein mehr auf dem anderen. Von den Bergen kam ein angenehm lauer Wind. Auf den Palmen, die rings um den Flugplatz wuchsen, saßen grellfarbene Papageien, zwischen den Palmen waren Blumenbeete.
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