DS041 - Der schreckliche Mullah
in Texas aufgewachsen, aber später bin ich in die Sowjetunion zurückgekehrt.«
»Und Ihnen gefällt es hier?« Renny zweifelte.
»Mir gefällt es.« Gibson lächelte, dann wurde er ernst. »Außerdem bin ich sehr selten zu Hause.«
14.
Doc Savage und seine Männer entdeckten bald nach ihrer Ankunft in Tanan, daß Joan Lyndell nicht nur ein hübsches und reiches Mädchen war, sondern eine politische Macht darstellte und mehr Einfluß hatte als der Khan. Sie hatte eine eigene Privatarmee, zwei Flugzeuge, die von Piloten aus Formosa geflogen wurden, und einen Palast, der kaum kleiner war als der des Khans.
»Tatsächlich sagt das Mädchen dem Khan, was er tun und lassen soll«, sagte Gibson in einem stillen Augenblick zu Doc Savage. »Er ist ein netter Mensch, aber kein Staatsmann. Das Mädchen steckt ihn jederzeit in die Tasche. Ihre Armee, die angeblich dazu dient, die Karawanenstraßen durch das Gebirge zu bewachen, ist größer und besser bewaffnet als die Regierungsstreitkräfte, und wenn Joan Lyndell sich entschließen würde, einen Bürgerkrieg vom Zaun zu brechen, hätte der Khan nicht die geringste Chance, ihn zu gewinnen.«
»Aber Sie haben sie im Verdacht, der Mullah zu sein«, erinnerte ihn Doc. »Warum?«
»Vielleicht habe ich mich geirrt«, erwiderte Gibson vage. »Ich werde mehr wissen, wenn ich auf klären kann, ob ihr Vater wirklich an einem gebrochenen Genick gestorben ist.«
Doc hatte die Maschine bei Tagesanbruch auf Joan Lyndells privatem Flugplatz an der Peripherie der Hauptstadt aufgesetzt. Vierhundert Angehörige ihrer Privatarmee hatten sie dort abgeholt. Kurz vor der Landung war das Mädchen in den rückwärtigen Teil der Kabine gegangen – dort hatte auch Gibson gewartet, bis Doc und seine Männer in Nowosibirsk an Bord gekommen waren –, und als sie sich wieder sehen ließ, hatte sie sich umgezogen. Sie trug jetzt eine kurze, bestickte Seidenjacke, einen weiten bunten Rock und eine grüne Schärpe. Ihr Kopfputz bestand aus Gold und war mit Brillanten und Smaragden verziert. An ihren Ohren baumelten riesige Gehänge aus dem gleichen Material.
»Beachtlich!« meinte Monk. »So können Sie mit jeder Schönheitskönigin konkurrieren.«
»In Tanan soll man sich kleiden wie die Tananesen«, erwiderte das Mädchen. »Sie würden gut daran tun, diesen Rat zu befolgen!«
Zwei Stunden später – Doc und seine Gefährten waren im Palast der jungen Frau abgestiegen – brach Monk in ein wieherndes Gelächter aus. Er klatschte sich auf die Knie und wischte sich die Tränen aus den Augen.
»Wenn die Leute in New York dich so sehen könnten!« sagte er. »So haben sie sich bestimmt immer einen Advokaten vorgestellt!«
Ham musterte ihn finster. Er hatte versucht, sich als Tananese zu verkleiden. Die Garderobe eines hiesigen Gentleman bestand im wesentlichen aus ungefähr einem Dutzend Quadratmeter Stoff, der in malerischen Falten um die Gestalt geschlungen wurde. Ham hatte sich redlich bemüht, aber es war nicht viel dabei herausgekommen.
Abbah
,
jubbah
und
shirwals
waren dem Khan und seinem Hofstaat Vorbehalten.
»Du bist albern«, nörgelte Ham. »Wie wird so etwas angezogen?«
»Ich habe keine Ahnung«, erklärte Monk. »Ich habe mir mit Sicherheitsnadeln beholfen.«
Zur Kleidung gehörte auch ein kurzes Krummschwert, das allerdings nicht an der Hüfte, sondern waagerecht vor dem Bauch getragen wurde. Statt des Schwerts hatte Ham seinen Stockdegen umgeschnallt, der viel zu lang war und bei jeder Bewegung mit seinen Armen kollidierte.
Ham und Monk zuckten zusammen, als ein ungewöhnlich großer Tananese zu ihnen ins Zimmer trat. Der Mensch war nicht nur groß und breit, sondern hatte ein zernarbtes, verwittertes Gesicht und brutale dicke Lippen, und er hinkte erschreckend. Er trug sogar zwei Säbel vor dem Bauch, und zwar so, daß er sie mit beiden Händen zugleich ziehen konnte.
»
Sabah el-kheyr!
« sagte der Fremde finster.
»Ich verstehe Sie leider nicht«, sagte Monk liebenswürdig. »Aber wie kommen Sie dazu, einfach einzutreten? Ein höflicher Mensch klopft wenigstens an und bringt sich einen Dolmetscher mit, wenn er der Sprache seiner Gastgeber nicht mächtig ist.«
»So redet man nicht mit einem Tananesen, der den Gästen des Landes einen guten Morgen wünschen will«, rügte der Ankömmling. »Monk, du hast miserable Manieren.«
»Doc!« Monk lachte. »Ich hätte dich fast nicht erkannt.«
»Du hast mich tatsächlich nicht erkannt!« sagte Doc. »Ob man sich
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