DS043 - Der gefiederte Krake
Insel unterwegs«, fuhr Doc fort. »Hier in den Staaten fühlte er sich nicht mehr sicher. Wir haben ihm hier wohl allzu sehr am Zeug geflickt. Deshalb will er uns für die Schlußauseinandersetzung auf sein Territorium locken, wo er jede Handbreit Boden kennt und kontrolliert. Das ist ein alter Trick. Ihr wißt, das ist uns schon öfter passiert.«
Ham murmelte: »Aber ich verstehe immer noch nicht, warum Gundy ...«
»High Lar will, daß wir die Insel auch bestimmt finden«, sagte Doc. »Gundy soll uns dorthin führen.«
Monk verzog den breiten Mund. Mit seiner hohen Kinderstimme piepste er: »Aber, in drei Teufels Namen – was sollen wir nun tun?«
»Wir fliegen natürlich zu der Insel und tun so, als wüßten wir nicht, daß sie für uns als Falle gedacht ist.«
Burke Benbow riß den Mund auf und starrte Doc an, als ob er an seinem Verstand zweifelte. Er brachte kein Wort heraus.
Doc wandte sich ab, ging ins Cockpit vor und kletterte von dort auf eine Tragfläche hinaus, um die Treibstoffübernahme aus dem Tankboot zu beaufsichtigen, dem sie signalisiert hatten, längsseits zu kommen.
Inzwischen hatte sich Benbow gefaßt und stellte Monk in der Kabinenecke. Er hatte einen knallroten Kopf.
»Das ist das Verrückteste, was ich je gehört habe!« brüllte er. »Haben Sie Kerle denn keinen Funken Verstand? Sie wollen genau das tun, was er von Ihnen erwartet? High Lar ist äußerst gefährlich, sage ich Ihnen!«
Monk, der noch niemals sonderlich bescheiden gewesen war, sagte: »Sie unterschätzen uns, Kumpel. Wir selbst sind nicht minder gefährlich. Sie haben Doc noch niemals in Aktion gesehen. Die Fallen, in die wir hineingehen, erweisen sich meist für den als verhängnisvoll, der sie gestellt hat.«
Benbow stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Ich weiß wirklich nicht, was ich von soviel Unverstand halten soll!« knurrte er.
Aber Zurückbleiben wollte er anscheinend auch nicht, ebenso wenig schlug er vor, aus Gründen der Sicherheit seine Schwester zurückzulassen. Doc sagte ebenfalls nichts davon, daß Lam Zurückbleiben sollte, sondern gab ihr vielmehr den Auftrag, sich um Lo Lar zu kümmern; zum einen sollte sie dafür sorgen, daß die Eurasierin nicht unnötig zu leiden hatte, und zum anderen sollte sie sie daran hindern, irgendwelche Sabotageakte an der Maschine zu begehen.
Proviant und ihre ganze Ausrüstung hatte Doc bereits in New York zu laden lassen. Als die Treibstofftanks randvoll waren, brauchten seine Helfer so nur noch die Halteleine loszuwerfen, und die Maschine manövrierte in den Hafen hinaus. Dort mußten sie mit im Leergas laufenden Motoren eine Weile warten, bis zwei Fährboote und ein Rudel Sportjachten ihnen die Startfläche freigemacht hatten. Dann zog Doc die schwere Maschine mit dröhnenden Motoren vom Wasser hoch.
Renny und Johnny postierten sich dabei an den Backbord-Kabinenfenstern, Ham und Monk an den Steuerbord-Kabinenfenstern, denn andere kleinere Flugzeuge kreisten über Docs startender schwerer Maschine, wahrscheinlich mit Fotoreportern und TV-Kameraleuten an Bord. Aber sie gerieten nicht in die Gefahr einer Kollision, und bald blieben die anderen Flugzeuge hinter ihnen zurück.
Inzwischen war Gundy aus dem Koma erwacht, das eine der Nachwirkungen des Wahrheitsserums war. Eigenartigerweise wußte er nicht, was eigentlich mit ihm geschehen war – und das paßte Doc sehr. Er hatte keine Erinnerung an das Verhör, dessen ihn der Bronzemann unterzogen hatte.
»Tut uns leid«, erklärte Monk. »Verstehen Sie, Doc mußte Sie ausschalten, bis wir starteten, damit Sie niemandem einen Tip geben konnten, wohin wir unterwegs sind.«
Gundy ließ mit keinem Wort erkennen, ob er ihm das glaubte oder nicht. Er schien sich in sein Schicksal zu fügen und geriet in beinahe so etwas wie eine gehobene Stimmung; vielleicht nur, weil er sich von den anderen anstecken ließ, die deshalb so guter Laune waren, weil sie das Gefühl hatten, die Dinge kamen jetzt endlich voran.
Monk, der es übernommen hatte, Gundy im Auge zu behalten, überredete den Mann zu einem Pokerspiel im rückwärtigen Teil der Kabine. Sie versuchten Ham zum Mitspielen zu bewegen, aber der lehnte ab, weil er ahnte, daß er ausgenommen werden sollte. Als die Party schließlich zu Ende ging, mimte Monk den Zerknirschten.
»Dieser Gundy ist ein verdammt scharfer Kartenhai«, murmelte er. »Er hat mir die Taschen ausgeleert wie mit dem Staubsauger.«
»Als ob es bei dir groß was zu holen gäbe!« sagte Ham.
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