DS044 - Das Höhlenreich
seinem Cognacschwenker und tat etwas, was er nur höchst selten tat: er nahm einen großen Schluck, ohne vorher an dem Bouquet zu schnuppern.
»Uff!« murmelte er. »Und Sie sitzen da und schmatzen Plätzchen! Oh, ich weiß, daß Sie nur ungefähr zur Hälfte menschlich sind, aber ...«
»Mein Volk hatte schon vor Tausenden von Jahren eine Zivilisation, die größer ist als Ihre heute«, sagte Ool, und zum erstenmal klang so etwas wie eine innere Regung aus seiner Stimme.
»Schon gut, schon gut.« Bowen spreizte die Hände. »Lassen wir das im Moment. Würde es Ihnen was ausmachen, mir zu sagen, warum Sie sich entschieden haben, ausgerechnet Berry alle zu machen?«
»Er kannte unseren ganzen Plan«, sagte Ool.
Bowen runzelte die Brauen. »Hören Sie, wenn Sie jetzt schon wieder damit anfangen wollen ...«
»Berry Hosmer wußte von unserem Plan und war geldgierig geworden«, unterbrach ihn Ool. »Er glaubte einen Weg gefunden zu haben, über Nacht reich zu werden.«
»Das ist allerdings etwas anderes«, murmelte Bowen. »Was hatte er vor?«
»Das Gerät, das Sie meine Brille nennen ...« Ool hielt inne.
»Ja?«
»Berry hatte sie gestohlen«, sagte Ool.
»Was Sie nicht sagen!« Bowen polierte die Rückseite der Taschenuhr blank, die er in der Hand hielt. »Aber wie, zum Teufel, wollte er auch nur einen lausigen Dollar daraus schlagen? Er wußte doch überhaupt nichts damit ...«
»Er wußte, daß es in Ihren Vereinigten Staaten einen Mann gibt, der mit der Brille doch etwas anfangen konnte.«
Bowen schüttelte unwillig den Kopf. »Verstehe ich nicht. Zu wem wollte Berry mit der Brille?«
Ool legte, um seiner Antwort dramatischen Nachdruck zu verleihen, zunächst eine kleine Pause ein. »Zu Doc Savage«, entgegnete er dann.
»Was?« Bowen saß wie vom Donner gerührt da.
Ool naschte ganz friedlich seine Schokoladenplätzchen. Hier im elektrischen Lampenlicht war zu erkennen, was seine Gesichtshaut so perlmuttartig wirken ließ. Sie war von einem Netz feiner blauer Äderchen durchzogen und ansonsten so weiß, als ob er irgendwo aufgewachsen war, wo niemals ein Sonnenstrahl hindrang.
Mit merklich zitternder Hand hatte Bowen sich einen gehörigen Schluck Napoleon-Kognak nachgeschenkt und ihn, wiederum ohne das feine Aroma zu würdigen, in einem Zuge hinuntergekippt. Der erlesene Weinbrand schien ihm aber wenigstens die Zunge zu lösen.
»Ist Berry zu Doc Savage hingekommen?« fragte er heiser.
»Nein«, sagte Ool.
Bowen stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. »Dann haben wir ja noch mal Glück gehabt. Ich sage Ihnen, ich würde lieber gegen die US-Army kämpfen, als mich mit diesem Doc Savage anzulegen. Vor einer Armee kann man wenigstens davonrennen.«
»Dieser Savage scheint ein bemerkenswerter Mann zu sein«, sagte Ool mit gleichmütiger Stimme, als ob es ihn nicht weiter interessierte.
»Bemerkenswert ist noch gelinde ausgedrückt«, ereiferte sich Bowen. »Der Kerl ist eine Art Supergenie auf medizinischem, chemischem, physikalischem und allen möglichen anderen Gebieten. Nicht anders ist es mit seinen Körperkräften bestellt. Es heißt, daß er mit bloßen Händen ein Hufeisen aufbiegen kann und ähnliche Scherze.«
»Gefährlich?« murmelte Ool.
»Sie meinen, für jemand wie uns?«
»Genau.«
»Das reinste Gift ist er für unsereins«, entgegnete Bowen heftig. »Er hat es zu seiner Berufung gemacht, ungewöhnlichen Dingen nachzuschnüffeln. Die Zeitungen nennen ihn den größten Abenteurer unserer Zeit. Angeblich reist er überall in der Welt herum, um Leuten in Not zu helfen und Schurken zur Rechenschaft zu ziehen.«
»Aber das trifft doch kaum auf uns zu«, sagte Ool.
»So, meinen Sie?« Bowen grinste verzerrt. »Nach dem, was ich gehört habe, liegen wir genau auf Doc Savages Linie.«
Ool sagte nichts. Er entnahm seinem Hut das letzte Schokoladenplätzchen, aß es, schüttete die zurückgebliebenen Schokoladenkrümel in seine Hand, leckte sie ab und stand auf.
»Sie werden mir mehr von diesen Schokoladencrémeplätzchen beschaffen«, sagte er.
Bowen starrte ihn finster an, als ob er es haßte, Befehle erteilt zu bekommen. »Klar, klar«, sagte er dann hastig.
Ool trat an eines der großen Fenster und sah schweigend auf das Lichtermeer von New York hinaus.
Neugierig fragte Bowen: »Wie haben Sie Berry eigentlich gekillt?«
»Ich habe ihn nur angesehen«, sagte Ool, »und er fiel tot hintenüber.«
»Okay«, knurrte Bowen. »Wenn Sie es so verstanden wissen wollen.«
Ool
Weitere Kostenlose Bücher