DS052 - Der Mann vom Mond
den drei Männern, gleichzeitig achtete er darauf, daß er hinter dem Zaun in Deckung blieb. Die Zivilisten besahen sich das Schiff, dann palaverten sie eine Weile und steckten sich Zigaretten an. Schließlich trotteten sie landeinwärts und verschwanden aus dem Blickfeld.
Blitzschnell stieg Doc ins Wasser und schwamm zum Pier. Er tauchte so lange wie möglich, und wenn er nach oben kam, um zu atmen, hielt er Ausschau nach den drei Zivilisten. Sie waren nicht mehr in Sicht. Über die Ankerkette enterte Doc das Boot. Niemand stellte sich ihm entgegen, das Deck war wie leergefegt. Er eilte einen Niedergang hinunter und trat in eine Kabine. Auf dem Boden lagen zuhauf weiße Marineuniformen und weiße Kittel, auf deren Brusttaschen
Marine Food Supplies, Norfolk, Virginia
gestickt war.
Hastig verließ Doc die Kabine, kroch über das Deck zur Reling und griff sich ein Tauende. Er knüpfte eine Schlinge, befestigte das Tau an der Seeseite des Schiffs an der Reling, setzte sich in die Schlinge und ließ sich soweit hinunter, daß er durch ein Bullauge die Kabine beobachten konnte. Er war dankbar für den Nebel, der ihn vor etwaigen Aufpassern verbarg, die sich vielleicht über Bord lehnten, um den Schiffsrumpf zu inspizieren. Er hoffte, sich nicht vergeblich soviel Mühe gemacht zu haben, weil Lurgent und sein Anhang sich nicht auf dem Schiff, sondern in der Lagerhalle der Caribenna treffen wollten, und er hoffte, nicht allzu lange warten zu müssen.
Er wartete zwei volle Stunden, dann trudelten die ersten von Lurgents Männern ein. Sie gingen nicht in den Schuppen, sondern auf das Schiff. Doc beglückwünschte sich zu seinem Instinkt. Er zog sich vom Bullauge zurück und riskierte nur ab und zu einen verstohlenen Blick. Lurgent kam als letzter, er brachte eine Leibwache mit und sah aus, als hätte er schlecht geschlafen.
»Zieht euch um«, kommandierte er. »Eilt euch ein bißchen und geht in den Speicher, ich erwarte Besuch. Er braucht euch nicht zu begegnen. Er wird uns ohnehin früh genug kennenlernen!«
Die Männer lachten und verkleideten sich als Matrosen. Doc hatte immer noch nicht den Eindruck, daß sie wußten, wozu sie angeheuert worden waren, und zu seinem Kummer wußte er es ebenfalls nicht.
»Nehmt eure Sachen mit«, befahl Lurgent. »Das ist hier keine Theatergarderobe!«
Die Männer packten ihre Anzüge ein und trollten sich, Lurgent und seine Leibwächter blieben. Die drei Zivilisten, die an Land gelungert hatten, kamen nun auch an Bord.
»Eine Spur von Savage?« erkundigte sich Lurgent.
»Nein«, sagte einer der Männer. »Wir hätten gar nicht wach sein müssen. Eine Nacht kann verdammt lang sein, wenn man bloß herumsteht und nichts passiert.«
»Wem sagst du das ...« Lurgent zuckte mit den Schultern. »Trotzdem bin ich lieber wachsam als einmal zu oft eine Schlafmütze.«
»Worauf warten wir eigentlich?« fragte einer der Leibwächter.
»Ihr werdet es merken«, erwiderte Lurgent.
Er ging aus der Kabine und kam mit einem Funkgerät wieder. Er baute das Gerät auf dem Tisch auf und blickte ungeduldig auf die Uhr. Doc sah, daß der Apparat einen Lautsprecher hatte und wünschte sich sehr, daß Lurgent ausreichend einfältig war, ihn zu benutzen.
Wieder blickte Lurgent auf die Uhr. Die beiden Leibwächter und die drei Nachtwächter setzten sich und unterhielten sich leise, ihre Stimmen drangen nicht bis zu Doc. Endlich hörte er, wie ein schwerer Wagen auf den Hof der Caribenna rollte, wenige Minuten später schritt ein großer, stämmiger Mann über eine Planke auf das Schiff und kam in die Kabine, bei ihm war ein Mensch in Uniform, den Doc für den Chauffeur hielt. Der stämmige Mann trug einen dunklen Anzug, einen außerordentlich seriösen dunklen Hut und Glacéhandschuhe. Er hatte ein energisches Kinn und dichte graue Haare.
Doc kannte den Mann, sein Bild war in der letzten Zeit häufig in Zeitungen des In- und Auslands erschienen. Er residierte in Washington und war der Botschafter eines lateinamerikanischen Staates. Dieser Staat war vor einigen Monaten über einen kleineren Nachbarn hergefallen und hatte versucht, ihn sich einzuverleiben. Ein anderer Nachbar hatte diplomatisch interveniert und militärische Schritte angekündigt, nicht aus edelmütigen Erwägungen, sondern weil der Regierung vor einem Machtzuwachs des aggressiven Nachbarn graute.
Ein weiterer Krieg schien nahezu unabwendbar. Doch im letzten Augenblick war in dem Staat, der hatte intervenieren wollen, eine Revolution
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