DS056 - Der schwarze Tod
Ohr.
»Dies ist keine Knarre«, raunte er mit heiserer Stimme. »Ihre kugelsichere Weste nützt Ihnen dagegen gar nichts. Sie würden einfach tot umfallen, und erst hinterher würde man rausfinden, daß Sie durch den Schwarzen Fleck gestorben sind. Also halten Sie die Hände still an den Seiten, wo wir sie sehen können. An der Cortlandt Street Station werden Sie mit uns aussteigen.«
Auch Doc sprach so leise, daß niemand sonst es hören konnte. »Verstanden«, sagte er, kaum die Lippen bewegend.
Doc versuchte auch nicht, den Kopf zu drehen. Er sah die beiden deutlich in der spiegelnden Wagenfensterscheibe. Er war ihnen noch niemals begegnet.
Der U-Bahnzug ratterte, ohne anzuhalten, durch zwei Stationen. Es war ein Expreßzug, der auf dem Extragleis fuhr. Die nächste Station würde Chambers Street sein. Dort hatte Doc ursprünglich aussteigen wollen, weil in der Nähe das Büro der Buchprüfungsgesellschaft lag.
Der U-Bahnzug verlangsamte die Fahrt. Doc starrte auf ein Reklameschild. Seine Hände hatte er nicht bewegt, schon gar nicht in seine Tasche gegriffen. Dafür hatte er die Füße zusammengestellt, als müsse er die Bremsbewegung abfangen. Der U-Bahnzug hielt. Im selben Moment drückte Doc seine Fußknöchel hart gegeneinander. Vorher hatte er tief Luft geholt und hielt jetzt den Atem an.
Die sich in der Wagenfensterscheibe spiegelnden Gesichter der beiden Männer verschwanden plötzlich, und ebenso plötzlich hörte der spitze Druck in seinem Rücken auf. Doc bückte sich rasch und hob auf, was der eine Mann immer noch in der Hand hielt. Es schien ein ganz normaler Füllhalter zu sein.
Mit pneumatischem Zischen glitten die Türen auf. Als einziger stieg Doc aus dem Wagen. Eine Frau, der er beim Aussteigen den Vortritt hatte lassen wollen, stieß einen erstickten Schrei aus und sackte zusammen, fiel über einen der beiden Gangster, der, am Boden liegend, laut zu schnarchen begonnen hatte.
Auch sonst stand niemand mehr in dem Wagen. Doc ließ die gesamte Wagenladung Passagiere zurück wie im Dornröschenschlaf. Rasch drängte er sich durch den Ring derer, die zusteigen wollten.
Hinter ihm hallten entsetzte Rufe auf.
»Sie sind alle tot! Gebt Katastrophenalarm! Holt die Polizei!«
Aber keiner der Passagiere war zu Schaden gekommen, wie sich herausstellte, als sie gut eine Stunde später im Krankenhaus wieder erwachten, unter ihnen die beiden Gangstertypen. Sie waren in der Notaufnahmestation auf nebeneinanderstehende Feldbetten gelegt worden.
»Mann, wie sollen wir das Jingles erklären?« raunte der eine. »Woher wußte der Bronzekerl nur, daß es ein Bluff war? Und wie hat er es geschafft, eine von seinen Gasbomben losgehen zu lassen? Ich hab’ auf seine Hände geachtet. Er hat sie kein bißchen bewegt.«
»Ich warte lieber gar nicht so lange, um Jingles etwas erklären zu müssen«, gab der andere zurück. »Mein nächstes Ziel ist ein Flughafen auf Long Island. Der Bronzekerl ist mir nicht geheuer. Ich verdufte. Wenn du schlau bist, kommst du mit.«
Indessen ging Doc auf das Haus zu, in dem sich die Buchprüfungsgesellschaft befand, die nach Anthony Hobbs’ Bankrott und Selbstmord seine Geschäftsunterlagen überprüft hatte. In der Hand hielt er immer noch den Füllhalter, den er dem einen Gangster abgenommen hatte. Es war ein Füllhalter. Er enthielt nichts als Tinte.
Doc verbrachte mehr als eine Stunde bei den Buchprüfern. Als er das Büro verließ, schienen die Goldflitter in seinen braunen Augen zu tanzen, als habe ihn irgend etwas sehr erregt.
Er nahm ein Taxi und ließ sich zu dem Privatkrankenhaus in Jackson Heights fahren, in dem sich der
Makler James Mathers langsam von seinen gebrochenen Rippen erholte.
»Sobald ich hier rauskomme, verlasse ich die Staaten«, erklärte Mathers. »Die Schwestern sagen, ich verdanke Ihnen mein Leben, Savage. Ich werde Ihnen einen Scheck für das Kinderkrankenhaus ausstellen, auf die Summe, die Sie nannten.«
Doc Savage lächelte. Das Kinderkrankenhaus würde sich komplett neu einrichten können.
Währenddessen waren Docs Gefährten in dem Lagerhaushangar am Hudson-Ufer in ausgesprochen gereizter Stimmung. Sogar der unerschütterlichen Pat ging das untätige Warten langsam auf die Nerven.
»Warum tut ihr nichts?« verlangte sie immer wieder zu wissen. »Ich weiß, daß sich Doc in höchster Gefahr befindet. Eben deshalb will er uns da ja heraushalten.«
Die Nacht und ein Teil des zweiten Tages waren vergangen, ohne daß Doc etwas von
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