DS057 - Die grünen Mumien
er. »Was ist mit mir?«
Der Dolmetscher zuckte mit den Schultern und schwieg. Er blickte Norton und das Mädchen an. Norton ließ sich von Parks ein paar Stricke holen und fesselte Gloria an einen Baum. Er stopfte ihr einen Lappen zwischen die Zähne und lachte heiter.
»Das bedeutet nicht, daß ich Ihnen mißtraue, Baby«, sagte er liebenswürdig. »Aber Sie werden sich in dieser Stellung bestimmt nicht unbehaglich fühlen.«
Die Mädchen hatten Doc Savage ein höhlenartiges Verlies zugewiesen, das dem, in dem sie Johnny untergebracht hatten, unangenehm ähnlich war, ohne allerdings ein, Gitter zu haben. Doc wunderte sich, daß Molah es für überflüssig hielt, ihn bewachen zu lassen. Anscheinend kam sie nicht auf den Gedanken, jemand könnte sie und ihre Anordnungen nicht ernst nehmen.
Doc langweilte sich. Er hatte zugesehen, wie die Mädchen die Leichen der Indianer zusammentrugen und dem sogenannten heiligen Feuer übergaben; später hatte Molah rings um das Felsenmassiv Posten aufgestellt, und die übrigen Mädchen waren in den Hütten und unterirdischen Räumen verschwunden. Unter diesen Umständen war sein Plan, die Siedlung zu erforschen, nicht durchführbar.
Er wußte nicht recht, warum er seine kostbare Zeit in diesem Steinklotz verbringen sollte, während Renny, Monk und Ham sich vermutlich seinetwegen sorgten; daß sie ebenfalls gefangen waren und tiefer in der Patsche saßen als er, konnte er nicht ahnen. Vorsichtig schob er sich aus der Höhle und versuchte, sich zu orientieren. Plötzlich stand wie aus dem Boden gewachsen Zehi vor ihm.
»Du willst fliehen«, sagte sie sachlich. »Du hast recht. Molah ist doppelzüngig wie eine Schlange. Du darfst ihr nicht trauen.«
»Ich traue ihr nicht«, entgegnete Doc würdevoll. »Zehi, wir haben einander das Leben gerettet. Ich danke dir. Möchtest du mir noch einmal helfen?«
»Deswegen bin ich hier«, sagte das Mädchen. Sie lächelte. »Molah hat überall Aufpasser verteilt, aber es gibt einen heiligen Gang, der unter den Felsen hindurch nach draußen führt. Wir dürfen ihn nicht betreten. Du machst dir nichts aus Heiligtümern, das habe ich gemerkt.«
»Nicht sehr.« Doc erwiderte das Lächeln. »Man soll sich nicht beeindrucken lassen.«
»Du läßt dich nicht beeindrucken.« Das Mädchen nickte. »Den Mann, der tot war, wirst du nicht mitnehmen können. Das Gitter ist zu schwer. Man braucht zehn Frauen, um es zu bewegen.«
Doc legte ihr freundlich einen Arm um die Schultern, und sie führte ihn zu Johnnys Kerker. Doc stellte fest, daß Zehi nicht übertrieben hatte. Obwohl er seine Muskeln bis zum Zerreißen anspannte, gelang es ihm nicht, die Tür zu verrücken.
»Trotzdem werde ich ihn herausholen«, sagte Doc zu dem Mädchen. »Du solltest dann nicht mehr hier sein, damit niemand dich verdächtigt. Kannst du mir den Weg zu dem geheimen Gang beschreiben?«
Der Gang befand sich am anderen Ende des Dorfs und begann hinter einem gezackten Loch zwischen zwei Felsen. Doc bedankte sich noch einmal bei dem Mädchen. Sie blickte mit großen Augen zu ihm auf, und unvermittelt und zu Docs und Johnnys Überraschung stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn. Eine Sekunde später war sie in der Dunkelheit untergetaucht.
»Ich darf dir zu deinem Erfolg gratulieren«, sagte Johnny gespreizt. »Deine Pfade sind mit gebrochenen Damenherzen gepflastert, und ich finde es über die Maßen bedauerlich, daß du die Chancen, die sich dir bieten, so bitter wenig nützt.«
Doc antwortete nicht. Er hatte sich schon in früher Jugend entschieden, nie eine wie auch immer geartete feste Bindung einzugehen, weil eine solche Bindung nicht nur Ballast, sondern auch Gefahr bedeutet hätte. Bei der schwierigen Aufgabe, die er im Auftrag seines Vaters – und durchaus gegen seine Überzeugung – übernommen hatte, nämlich die Ungerechtigkeit auf der Welt zu bekämpfen, Schurken aus dem Verkehr zu ziehen und den Unterdrückten beizustehen, hätten seine zahlreichen Gegner ihn damit erpressen können, daß sie sich seiner Familie bemächtigten.
Auf diese Aufgabe war er bereits in seiner Kindheit vorbereitet worden. Ein Heer von Wissenschaftlern hatte für seine körperliche und geistige Ausbildung gesorgt, und mehr als einmal hatte der minderjährige Clark Savage die Schinderei verflucht, der er sich zu unterziehen hatte. Schließlich hatte er sich damit abgefunden, und mittlerweile hätte er sich ein anderes Leben nicht mehr vorstellen können. Die
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