DS061 - Die Gedankenmaschine
ich mich nicht verständigen will?«
»Ich weiß nicht recht ...« Das Mädchen zögerte. »Ich könnte dich zum Beispiel erschießen.«
»Dafür kann man in diesem Land Lebenslänglich kriegen.«
»Ich nicht, in diesem Fall jedenfalls nicht. Wenn meine Vermutung stimmt, wird mir nichts passieren.«
»Welche Vermutung?«
»Du kennst meine Vermutung!« fauchte sie. »Die Leute glauben, Jethro Mandebran wäre mit dem Geld geflüchtet oder entführt worden. Niemand hat einen Verdacht, was hinter alledem stecken könnte. Wenn die Wahrheit an’s Tageslicht kommt, das heißt, was ich für die Wahrheit halte, dann können etliche Zeitgenossen ein blaues Wunder erleben.«
»Niemand würde dir glauben«, sagte der Mann im Overall vorsichtig. »Die Öffentlichkeit würde deine Theorien als Hirngespinste abtun.«
»Das ist möglich.« Sie brütete. »Diese Sache ist allzu fantastisch.«
»Was ist mit Hando Lancaster?« fragte er.
Das Mädchen zuckte zusammen.
»Was soll mit ihm sein?« entgegnete sie verwirrt.
»Das mußt du wissen«, sagte er.
Versonnen starrte sie aus dem Fenster. Der Mann im Overall hätte sie von rückwärts überrumpeln und ihr die Pistole abnehmen können, aber offensichtlich hatte er nichts dergleichen vor. Er stand nur da und wartete.
»Wir gehen«, verfügte das Mädchen endlich. Sie blickte zu dem Overall. »Schieb das Fenster nach oben.« Er ging an ihr vorbei zum Fenster und öffnete es. Er sah, daß das Nachbargebäude etwas niedriger war als die sogenannten Salimar Apartments. Das flache Dach des Nebenhauses befand sich auf einer Höhe mit dem Fenster, war aber rund zwölf Fuß entfernt.
»Im Schlafzimmer ist ein langes Brett«, erklärte das Mädchen. »Du solltest es holen und auf’s Sims und auf das Dach legen. Auf diese Art haben wir eine Brücke.«
»Du hast deinen Rückzug von langer Hand vorbereitet«, sagte der Mann im Overall. »Respekt!«
»Ich kann nichts riskieren«, sagte das Mädchen. »Setz dich in Bewegung!«
Der Mann im Overall holte das Brett aus dem Schlafzimmer. Das Brett war nicht nur lang, sondern auch dick und schwer, eher eine Bohle als ein Brett, und er fragte sich, wie das Mädchen dieses Monstrum unbemerkt hatte ins Haus schaffen können. Er schob das Brett durch’s Fenster und legte das andere Ende auf das Dach.
»Du gehst voraus«, kommandierte das Mädchen. »Und keine schmutzigen Tricks!«
Der Mann im Overall balancierte über das Brett, das Mädchen folgte ihm auf den Fersen. Sie trieb ihn vor sich her über das Dach auf ein anderes, das ebenso hoch war, und von dort auf ein weiteres Dach.
»Halt«, sagte das Mädchen. »Jetzt sind wir weit genug weg, daß die Reporter uns nicht entdecken. Auf der Rückseite ist eine Feuertreppe. Wir gehen dort hinunter.«
Sie eilten zu der Feuertreppe und landeten in einer schmalen Gasse. Das Mädchen hatte die Pistole immer noch in der Hand, aber sie verdeckte die Waffe nun mit der anderen Hand, obwohl in der Gasse keine Passanten waren. An einer Ecke stand ein kleiner Roadster. Das Mädchen trug dem Mann im Overall auf, sich hinter das Lenkrad zu klemmen, und setzte sich neben ihn.
»Fahr los«, sagte sie. »Ich werde dich dirigieren.«
Der Mann im Overall bugsierte den Wagen aus der Gasse auf die Straße. Das Mädchen ließ ihn nicht aus den Augen und hielt ihn beharrlich mit dem Schießeisen in Schach.
Nach einer Stunde erreichte der Roadster eine Stelle am Stadtrand, wo es keine Häuser mehr gab. Hier waren nur noch verrottete Scheunen und Schuppen und ein paar Fabriken, die schon lange die Fabrikation eingestellt hatten und nur noch dreckig und schwarz die Landschaft dekorierten. Das Mädchen wies den Mann im Overall an, zu einer der Fabriken zu fahren und auszusteigen.
Er fügte sich ihrem Wunsch und blickte sich um. Das Hauptgebäude bestand aus verwitterten Backsteinen, einige niedrigere Hallen waren aus Holz. So verwahrlost die Fabrik selbst war, so neu war der Zaun, der sie umgab. Mehr als zehn Fuß hoch und von Stacheldraht gekrönt.
Das Mädchen stieg ebenfalls aus, zog einen Schlüssel aus der Tasche und schloß das Tor auf. Sie winkte dem Mann im Overall, durch’s Tor zu gehen, kletterte wieder in den Roadster, steuerte ihn auf das Fabrikgelände, stieg abermals aus, schloß das Tor zu und ließ den Mann im Overall wieder hinter dem Lenkrad Platz nehmen. Abermals setzte sie sich zu ihm. Der Wagen rollte zum Hauptgebäude und zu einem weiteren Tor. Das Mädchen hupte dreimal, das Tor
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