DS080 - Die rote Schlange
unter einer hohen Zypresse. Die einzelnen Stücke waren sauber zusammengefaltet. Warum sie dort zurückgelassen worden waren, war eine Frage, die niemand beantworten konnte.
Doc trieb das Kanu zum Fuß des Baumes hinüber. Er durchsuchte mit geübten Fingern die Taschen der Kleidungsstücke und zog ein dünnes Büchlein heraus. Wortlos öffnete er es.
Monk gab einen Grunzlaut der Überraschung von sich. Das Büchlein war ein französischer Paß, der Georges Douter mit einer Ausweiskarte, die darin lag, als Mitglied der Sûreté, der französischen Geheimpolizei, identifizierte.
Einen Moment lang sagte niemand etwas. Allen schossen Fragen durch den Kopf, auf die es keine Antworten zu geben schien.
Was machte ein französischer Geheimpolizist in den Arkansassümpfen? Was für Gründe hatten Georges Douter, Tausende von Meilen von Paris entfernt in diese öde Wildnis und in den Tod gelockt?
»Die Sache wird immer verrückter«, knurrte Monk. »Erst kriegen wir es durch sie in Chicago mit Gangstern zu tun. Jetzt scheint es auch noch Verbindungen mit Frankreich zu geben.«
»Und das Mädchen wußte davon«, warf Ham ein, ausnahmsweise einmal ohne Monk zu sticheln. »Sie war in New York. Und sie wollte, daß wir Douter fänden.«
Der Bronzemann hatte den Kopf leicht zur Seite geneigt. Er schien zu horchen. Monk, der es bemerkte, versuchte gar nicht erst, es Doc nachzutun. Er wußte, Doc hatte das weitaus schärfere Gehör. Durch sein tagtägliches Fitneßtraining, dem er sich seit Jugend an unterzog, übertraf sein Gehörsinn den eines normalen Menschen. Er hörte Dinge, wo andere nichts hörten.
Renny schwenkte nutzlos den Infrarotsuchscheinwerfer herum. »Heilige Kuh, machen wir, daß wir hier rauskommen«, knurrte der Ingenieur mit den Riesenfäusten.
Monk war anderer Meinung. »Los, fahren wir weiter«, piepste er verhalten mit seiner hohen Stimme. »Finden wir endlich raus, was hinter dieser verrückten Sache steckt. Vielleicht ist das Mädchen doch nicht so in die Sache verstrickt, wie wir denken.«
Doc Savage sagte nichts. Er gab Renny einen stummen Wink, und der richtete den Suchscheinwerfer nach hinten, und in dessen Infrarotlichtstrahl fing sich auch sogleich etwas. Es war ein Boot, jenes das Georges Douter hierher und in den Tod geführt hatte, wußten sie sofort, auch ohne es näher untersucht zu haben.
Doc trieb das Kanu näher heran, und der Ingenieur leuchtete das Boot ab. Der kleine Streubehälter, den Doc am Heck befestigt hatte, fehlte. Das war die Erklärung.
Offenbar hatten die Verfolgten den Behälter durch Zufall entdeckt und entfernt, auch wenn sie nicht wissen konnten, wozu er diente.
Renny lenkte den Infrarotstrahl des Suchscheinwerfers nach oben. Er fiel in das Geäst eines etwa fünfzehn Meter entfernten Baums. Der Ingenieur stieß einen Japslaut aus. Die Augen aller folgten dem Lichtstrahl. Durch die Blätter war in dem Infrarotlicht ein Gesicht zu erkennen, dessen Augen tückisch blitzten. Gleich darunter war der Lauf eines Gewehrs zu erkennen.
»Ich steige eben mal aus und sehe mich um«, sagte Doc. Er hatte ungewöhnlich laut gesprochen. Er nahm die Infrarotlichtwandlerbrille ab und trat von dem Kanu auf eine Luftwurzel der großen Zypresse, arbeitete sich zu dem verlassenen Boot hinüber. Seine Helfer hatten verstanden, verursachten kleinere Geräusche, die jene überdeckten, die Doc verursachte, als er den Zypressenstamm erkletterte. Der Bronzemann konnte sich dann im Baumgeäst zu dem anderen Baum hinüberschwingen, in dem der Späher lauerte, dessen Gesicht sie entdeckt hatten. Renny konnte der Versuchung nicht widerstehen und richtete den Infrarotstrahl noch einmal hinüber.
Das Gesicht, das sie gesehen hatten, war verschwunden.
Sekunden später erschien Doc wieder. Sein Gesicht war ausdruckslos wie immer, aber seine Helfer kannten ihn und wußten, auch er war verblüfft.
»Verschwunden«, meldete Doc knapp.
Die Sache wurde immer verrückter. Ham spürte, wie es ihm im Nacken kribbelte.
Doc nahm Renny den Infrarotscheinwerfer aus der Hand und setzte die Wandlerbrille wieder auf. Auf der anderen Seite des Boots fand sich ein einzelner Fußabdruck. Er unterschied sich von allen, die sie jemals gesehen hatten. Er war in allen Einzelheiten zu erkennen. Der Abdruck des Eisenschuhs einer Ritterrüstung.
Docs Kopf ruckte hoch. »Schnell!« schnappte er. Er sprang auf ihr Kanu zu.
Die anderen hatten nichts gesehen, nichts gehört. Aber sie zögerten nicht, sprangen ihm
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