DS080 - Die rote Schlange
weil ihr in das Schloß der Altvorderen eingedrungen seid. Daher müßt ihr sterben.«
Ham schnaubte verächtlich.
»Davon mal abgesehen, wer sind Sie und was sind Ihre krummen Touren?« schnappte er auf englisch. Wenn er sich erhofft hatte, den Mann dadurch zu einer Antwort zu verleiten, wurde er enttäuscht. De Soto war nicht anzumerken, ob er ihn verstanden hatte. Lediglich seine Augen blitzten tückisch. In Ham wuchs das Gefühl, daß die Berichte der Azteken über die Grausamkeit der spanischen Eroberer eher noch untertrieben waren.
Es schien phantastisch, aber der Mann, der sich hier de Soto nannte, sah auch tatsächlich wie de Soto aus. Und zumindest theoretisch war es danach durchaus möglich, daß er ein ferner Nachkomme des in die Geschichte eingegangenen de Sotos war.
De Sotos Augen waren weiterhin kalt auf Monk und
Ham gerichtet. Man glaubte fast, seine Gedanken lesen zu können.
»Die Art eures Todes wird mir sehr gefallen«, fuhr de Soto leise fort. »Da, horcht!«
Monk und Ham konnten sowieso nichts anderes tun als horchen. Das Rumpeln der schweren Maschinerie war wieder von unten zu hören. Plötzlich stieß Monk einen Schrei aus. Ihr winziges Verlies war plötzlich nicht mehr zwei mal zwei Meter groß. Die Steinwände bewegten sich aufeinander zu.
Monk sprang auf die kleine Fallklappe zu, durch die de Soto gesprochen hatte und zu sehen gewesen war. Sie knallte Monk vor der Nase zu. Durch einen schmalen Spalt darin schnarrte der Spanier abfällig seine letzten Worte an sie.
»Niemand, der das Schloß der Altvorderen betritt, kehrt lebend in die Außenwelt zurück«, zischte er. »Das Jahr ist immer noch 1542. Und nichts wird sich daran ändern.«
Dann war de Soto verschwunden. Kettenklirren drang an Monks und Hams Ohren. Aber es wurde übertönt von dem Rumpeln der Maschinerie. Unaufhaltsam rückten die Steinmauern aufeinander zu. Ihr Verlies maß jetzt kaum noch einen Meter im Quadrat.
»Jesses!« bemerkte Monk. »Dein ganzer schöner neuer Anzug wird ruiniert, wenn wir hier drin zu Mus zerquetscht werden!«
Monk sah Ham dabei nicht an. Sie standen inzwischen Rücken an Rücken und konnten sich kaum noch umdrehen.
»Was für ein Verlust für die Wissenschaft«, stichelte Ham. »Eine Obduktion von dir würde wahrscheinlich ein ganzes Kapitel menschlicher Entwicklungsgeschichte lösen geholfen haben.«
Monk mußte sich jetzt neben Ham zwängen. Der Abstand zwischen den Steinmauern betrug nur noch etwa vierzig Zentimeter. Ein kratzendes Geräusch lenkte Monks Aufmerksamkeit nach oben.
»Pssst!« zischelte eine Stimme. »Gebt nicht auf. Ich glaube, ich kann euch helfen.«
Monk sah hoch zu dem Fleckchen Decke, das noch übrig war. Das kratzende Geräusch hatte von einem Steinquader, etwa vierzig Zentimeter im Kubik, gestammt. Einen größeren Stein würden die beiden Hände, die jetzt sichtbar wurden, auch kaum haben bewegen können. Steinstaub rieselte herab. Dann hörte die Maschinerie unten zu rumpeln auf. Durch den zwischengeklemmten Steinblock hatten sich die Mauern nicht weiter verengen können.
»Pssst!« zischelte wieder die Stimme über ihnen. »Ich hole ein Seil. Vielleicht kann ich euch da rausholen.«
Das glatte Gesicht Fletcher Carters, des Privatdetektivs, spähte auf sie herab. Monk konnte sehen, daß er trotz allem immer noch eine rote Nelke im Knopfloch trug.
Monk kletterte das Seil mit einer Behendigkeit hinauf, die Carter verblüffte. Ham führte das auf Monks Vorfahren zurück.
Oben angekommen, wandte er den Kopf nach unten zurück und raunte Ham zu, er solle sich gefälligst beeilen.
Fletcher Carter schluckte nervös. Sein glattes Gesicht hatte gar nicht den üblichen selbstzufriedenen Ausdruck.
»So machen Sie doch schon!« flüsterte er drängelnd.
Monk, droben, sah den Privatdetektiv ominös an. »Danke, daß Sie uns gerettet haben, aber abgesehen davon sind Sie uns jetzt wohl die Beantwortung einiger Fragen schuldig. Wie kommen Sie zum Beispiel hierher?«
Monk hatte unwillkürlich seine behaarten Hände geballt. Carter schluckte nervös und wich einen Schritt zurück.
»Ich - ich habe dafür einen legitimen Grund«, stotterte er. »A-aber vorerst müssen Sie mir einfach trauen. Ich habe einflußreiche Auftraggeber, deren Namen ich noch nicht nennen kann. Aber alle Spuren führen hier zusammen. Ich bin Ihnen von Chicago hierher gefolgt, und es gelang mir, unbemerkt in das Schloß zu gelangen.«
Monk sah Ham an, der zweifelnd dreinschaute.
»Die Motive
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