Dschungel-Gold
lauten Protesten der Goldgräber gingen sie durch die Schlammstraßen und über die mit Holzstegen belegten Wege zurück zum Krankenhaus und zur Kirche.
»Glauben Sie, daß dieser Mensch wirklich ein amerikanischer Offizier ist?« fragte Burgos.
»Ja.«
»Und warum?«
»Weil er so stur ist. Einen guten Soldaten erkennt man an seiner Sturheit.«
Von Landro Liborio in Manila hörten sie nichts. Belisa hatte sofort die Goldlieferungen an ihn eingestellt und die Tagesausbeute dem Goldhändler Arturo Gómez gegeben, Liborios größtem Konkurrenten. Gómez war sofort bereit gewesen, den neuen Preis zu zahlen, ein Beweis, wie hoch die Gewinnspanne war.
Das sprach sich natürlich herum, aber Liborio schwieg.
Pedro, der sich vom Wächter einer Bank zum Finanzbuchhalter gemausert hatte, sah das als ein gefährliches Zeichen an.
»Er hat etwas vor«, sagte er bei einer Besprechung. »Er brütet etwas aus, und dieses Ei wird uns nicht schmecken!«
»Er braucht unser Gold. Daß es jetzt Gómez aufkauft, muß ihn verrückt machen. Das verletzt seine Ehre. Er wird mit einem Vorschlag kommen, ich weiß es.« Belisa studierte die Kontenauszüge. Durchschnittlich fünfundneunzigtausend Dollar Reingewinn pro Woche, das war eine Summe, über die man sich freuen konnte. Und der Berg überraschte immer wieder. In einem Seitental hatte man Probebohrungen vorgenommen und neue Goldadern entdeckt. Jetzt war man dabei, neue Schächte in diese Flanke des Berges zu treiben. Tag und Nacht ratterten die Maschinen, man arbeitete in drei Schichten. In Diwata entstanden sechs neue feste Steinhäuser mit fließendem Wasser, Duschen, Klobecken und kleinen, mit Ventilatoren belüfteten Zimmern … die neuen Bordelle. Morales war drei Wochen lang herumgereist, nicht nur auf Mindanao, sondern auch auf den Inseln Leyte, Negros, Mindoro und Luzon, aber es war schwer, zweihundert Mädchen für Diwata anzuwerben. Zwar gab es genug Huren auf den Philippinen, und in den armen Gebieten und einsamen Dörfern verkauften die Eltern gern ihre Töchter als ›Haushaltshilfen‹ in die Stadt, aber nach Diwata wollte kaum jemand ziehen, wenn man ihnen auf der Karte zeigte, wo es lag. Im tiefsten Dschungel. Das war kein Lebensziel.
»Ich bin der Verzweiflung nahe!« klagte Morales, als er nach drei Wochen Herumreisen in den Urwald zurückkehrte. »Selbst mit Goldklumpen kann man sie nicht locken. Wer bereit ist, sind die alten, ausgelutschten Huren, die in Diwata ihre letzte Chance sehen. Aber ich brauche junge, knackige Weiber! Echtes Frischfleisch. Dafür habe ich drei Kneipenwirte aufgetan, die bereit sind, Bars mit Tanz und Unterhaltungsprogrammen aufzuziehen. Aber nur auf eigene Rechnung, nicht als Pächter. Dafür sichern sie zu, eine Schutzgebühr von zehn Prozent des Umsatzes zu zahlen.«
»Das sind Mafia-Methoden!« rief Miguel.
»Das ist normal! Wir leben hier nur hinter dem Mond. Ob bei den Chinesen, Indern, Italienern, Spaniern, Japanern … es gehört zum modernen Geschäftsleben, daß man an Organisationen zahlt. Es wurde gar nicht darüber diskutiert. Die Wirte boten das Schutzgeld von selbst an. Da sagt man doch nicht nein.«
»Und wie soll das praktisch aussehen?«
»Die Wirte kommen nach Diwata und bauen auf eigene Kosten ihre Lokale, so wie sie sich das denken.« Morales grinste breit. »Die freie Marktwirtschaft kommt nach Diwata! Wenn ich daran denke, wie es hier noch vor drei Jahren ausgesehen hat. Wir haben Unglaubliches geleistet.«
»Belisa hat es geleistet«, sagte Miguel stolz. »Ohne sie wäre das hier noch der stinkende Berg mit den offenen Scheißgräben.«
»Den Scheißesee gibt es noch immer.«
»Auch der steht auf dem Programm. Wir werden eine richtige Kläranlage bauen, den Scheißesee zuschütten und später, nach der Verrottung, als Düngedepot nutzen. Manuel, wir haben große Pläne …«
Von einem Tag auf den anderen änderte sich dann plötzlich alles: Ein Anruf aus Davao rief Belisa in das Verwaltungsgebäude. Miguels Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes. »Er ruft in zehn Minuten wieder an …« sagte er. Seine Stimme klang seltsam dumpf.
»Wer?« fragte Belisa. »Er will unbedingt mich sprechen?«
»Ja. Ein Mr. del Carlo.«
»Kenne ich nicht. Ein Goldhändler?«
»Er hat keinen Beruf genannt. Er sagte bloß: Es ist wichtig! Sehr wichtig. Eine amtliche Angelegenheit.«
»Amtlich?«
»So drückte er sich aus.«
»Was habe ich mit einem Amt zu tun?«
»Ich habe sofort an Liborio gedacht. Wer weiß, was
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