Dschungel-Gold
gehe zu den Menschen, mit wachen Augen und hochempfindlichen Ohren.«
»So wie Sie jetzt auftreten, werden Sie immer ein Außenseiter sein. Warten Sie ab, bis Sie die erste Prügel bekommen. Ihre blonden Haare reizen geradezu auf.«
»Irrtum. Ich werde mich in Diwata unentbehrlich machen.«
»Das möchte ich sehen.«
»Warten Sie ab. In einem Monat sieht hier einiges anders aus.« Captain Tortosa nickte Dr. Falke zu, die Hand reichte er ihm nicht hin. »Bis demnächst, Doktor. Wir werden noch viel voneinander hören.«
Er verließ das Ordinationszimmer und sah sich einer Menge böser Gesichter gegenüber. »Verzeiht, Kameraden!« sagte er und lächelte freundlich. »Ich habe euch warten lassen. Aber es war eine lange, gründliche Untersuchung. Ich habe einen ganz geschwollenen Schwanz …«
Die Männer grinsten breit. Sie verziehen ihm. Ein geschwollener Schwanz ist ein überzeugendes Argument. Gute Besserung, Junge. Kann uns auch passieren.
Der nächste betrat die Praxis. Eine Stichwunde im linken Oberarm. Eine Meinungsverschiedenheit.
Das Übliche …
Pater Burgos hatte sich für das Abendessen alle Mühe gegeben.
Er hatte ein Huhn gekauft und es auf kreolische Art zubereitet. Dazu gab es gedünstete Ananas und Papaya-Gemüse mit einer Kokos-Limonensoße. Besser hätte es auch Jacinto Ferreras nicht kochen können.
»Ich habe es mir überlegt«, sagte Belisa, während sie an einem Hühnerknochen knabberte. Anders als in Manila verzichtete sie auf das Besteck, sondern aß wie eine Eingeborene mit den Händen.
»Was haben Sie überlegt?« fragte Dr. Falke zurück.
»Ich werde die Bordelle bauen! Und ein Tanzlokal, ein Varieté, eine Bühne …«
»Habe ich einen Hörfehler?« Pater Burgos bewegte den Kopf, als müsse er Wasser aus seinen Ohren schütteln. »Sie wollen hier einen Vergnügungspark hochziehen?«
»Die Männer brauchen Abwechslung außer Karten spielen, saufen, huren und sich die Köpfe einschlagen. Der Doktor hat recht: Wir müssen für Shows sorgen.«
»Aha! Von Ihnen kommt der Vorschlag?!« Burgos zeigte auf Falkes Teller. »Ich hätte Ihnen Gift untermischen sollen!«
»Das sagt ein Priester?«
»Da gibt es nur ein Problem, ein großes«, warf Belisa ein.
»Welches?«
»Wer soll die Saloons leiten? Das müssen Fachleute sein. Glaubt ihr, irgend jemand kommt hier in den Dschungel, in diese Satansstadt, um hier ein Tanzlokal zu eröffnen?«
»Fürs erste wäre Antonio Pérez der richtige Mann. Schwimmbad mit Restaurant, das wäre ein Anfang. Und Pérez ist ein Mann mit Ideen. So etwas spricht sich schnell herum. Ich wette, daß aus Davao bald Unternehmer anreisen, um hier auf ihre Art Gold zu scheffeln.«
»Und die Huren?«
»Die wird Morales besorgen.«
»Und ihr glaubt, das geht so glatt in eine schöne Zukunft? Wir werden eine große Polizeitruppe aufstellen müssen.«
»Zweihundert Huren mehr.« Belisa leckte ihre fettigen Finger ab. Nichts erinnerte mehr an die große Dame von Davao oder Manila. Sie war ein kleines, schmutziges Slummädchen. »Wir haben dann über sechshundert Huren in Diwata. Die müssen alle ärztlich überwacht werden. Wie wollen Sie das schaffen, Doktor?«
»Drei Tage im Monat ist Kontrolle. Fließbandarbeit.«
Belisa verzog die Lippen, als ekele sie sich. »Es muß für einen Frauenarzt doch furchtbar sein, Tag für Tag nur das … das eine zu sehen. Ich könnte keine Frau mehr lieben.«
»Für einen Arzt ist das ein Körperteil wie ein Auge, eine Nase, ein Ohr. Der Teil ist entweder krank oder gesund – darauf nur kommt es an.« Dr. Falke war erstaunt über Belisas Gedanken. »Warum interessiert Sie das?«
»Weil ich eine Frau bin. Ich möchte gern mehr über die Gedanken der Männer wissen.« Ihr Blick heftete sich an Dr. Falkes Augen. »Möchten Sie nicht mehr über die Gedanken einer Frau wissen?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Ich will mich überraschen lassen. Warum soll ich das uralte Spiel verderben: Such das Geheimnis dieser Frau. Das hat mit einem einzelnen Körperteil nichts mehr zu tun.«
»Welch tiefsinnige Gespräche!« Pater Burgos hob wie abwehrend seine Hände. »Haben Sie keine anderen Themen? Ich sehe in den Plänen große Gefahren. Nicht die Huren, so sehr ich kraft meines Amtes verpflichtet bin, sie zu verdammen … aber der Ausbau von Vergnügungsstätten kann leicht zum Chaos führen. Nämlich genau zu dem, was wir bekämpfen wollen: das Vordringen von Rauschgift, das Einsickern von Dealern. Bisher haben wir es mit
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