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Dschungel-Gold

Dschungel-Gold

Titel: Dschungel-Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bordelle. Ohne sie hat das Leben in dieser geballten Männergesellschaft keinen Sinn. Als beim ersten großen Goldrausch der Neuzeit Alaska von einem Heer Glückssucher überschwemmt wurde und am Klondike, dem sagenhaften Goldfluß, die Besiedlung begann, als ehemalige Indianerdörfer wie Sitka , Ketchikan oder Skagway zu wilden ›Goldenen Städten‹ wurden und Trecks von Tausenden Abenteurern hinauf zum Yukon zogen, durch eisige Wüsten, über Gletscher und reißende Flüsse hinweg, oft geradewegs hinein in den Tod, folgten ihnen auch die Huren und bauten, wo man sich niederließ, um Gold zu suchen, als erstes die Bordelle und die Schnapsbuden.
    Nicht anders war es am Diwata-Berg gewesen. Als um den ›Satansschiß‹ herum die Dörfer aus Holzlatten, Wellblech, Nylonplanen, Palmstroh und platt geklopften Benzinfässern entstanden, als der Lockruf vom Reichtum im Fels die Abenteurer anzog wie Honig die Bären, baute der Minenbesitzer Juan Perón Toledo inmitten der neuen Stadt den lebenswichtigen Puff. Mit Hubschraubern, der einzig sicheren Verbindung zum Diwata-Berg, ließ er zunächst vierundsechzig Huren einfliegen. Junge, hübsche Mädchen von den armen Inseln rund um Mindanao, die schnell begriffen, daß ihre geschmeidigen Körper totes Kapital waren, wenn sie auf den Feldern vertrockneten. Zudem wurde ein Spruch weitergereicht, den die berühmteste Hure, Theresa aus der Goldmine von Diwalwal , der staatlichen Grube bei Tagum , einmal von sich gegeben hatte: »Mit zwei Titten und einer Möse kann man Paläste bauen!«
    Auch das Bordell am Diwata-Berg hob sich von den anderen armseligen Hütten deutlich ab. Es hatte, außer einem massiven Dach aus gestrichenem Wellblech, bunt bemalte Fensterläden, hinter den Fenstern verhüllten sogar Gardinen den Einblick in die Zimmer, und ein Witzbold hatte um das Holzhaus großblättrige Nipapalmen gepflanzt und zwei Narras , den philippinischen Nationalbaum. Es waren die einzigen Pflanzen in diesem stinkenden Slum.
    Sogar jetzt, zur Arbeitszeit, standen vor dem Puff zwei Schlangen von Männern, sich langsam vorwärts schiebend und geduldig wartend, bis sie eingelassen wurden. An den beiden dicken Holzbohlentüren standen vier Wächter mit schußbereiten Maschinenpistolen. Im Inneren des Bordells hielten drei weitere ›Ordnungshüter‹ Wache. Nur zu oft kam es vor, daß Digger nicht genügend Pesos oder Goldstaub bei sich hatten, um die gewünschten Dienste zu bezahlen. Dann gab es Streit, die Wächter griffen ein und warfen den bis zur Bewußtlosigkeit Zerschlagenen auf die Straße. Dort blieb er liegen. Keiner hob ihn auf. Eine Warnung für die Wartenden: Jeder Griff einer Hurenhand kostete Geld.
    Ramos blieb draußen auf der Straße stehen und wartete, bis der Unglücksbote neben ihm stand.
    »Wie heißt du?« fragte Ramos.
    »Rafael, Ginoóng Ramos.«
    Wie fast alle auf den Philippinen sprach auch Rafael das Philippino, das zur neuen Staatsprache ernannt worden war. Das Spanisch der Entdecker blieb den feinen Kreisen vorbehalten. Das Englisch der amerikanischen Besatzer war nach der Unabhängigkeit der Philippinen 1946 die zweite Sprache, die noch von vielen gebraucht wurde. Ginoóng hieß Herr. Eine höfliche Anrede.
    »Rafael.« Ramos blickte zur Seite. »Welcher Schacht?«
    »Siebenundneunzig, Ginoóng .« Er schluckte, bevor er weitersprach. »Sie wollen wirklich den Schacht zuschütten?«
    »Ein Aufgraben lohnt sich nicht! Ich brauche jede Hand. Zum Steinebrechen. Zum Säcketragen. Wenn ich zehn Mann zum Ausgraben abstelle … wieviel Säcke gehen mir dann verloren!«
    »Und die Menschen? Mein Bruder? Sie … Sie können doch nicht …«
    »Ich kann alles. Ich werde euch zeigen, was ich kann! Ihr wollt einen Aufstand? Könnt ihr haben!«
    »Wir sind dreißigtausend, Ginoóng …«
    »Von denen nur ein paar Idioten sind wie du! Willst du gegen Maschinengewehre anrennen?«
    »Wir alle haben Waffen …«
    »Rafael.« Ramos drehte sich zu ihm um und starrte in das dreckverschmierte, starre Gesicht. »Wie lange bist du am Diwata?«
    »Drei Jahre.«
    »Und lebst noch! Warum bist du nicht glücklich, daß du lebst? Drei Jahre … du solltest schnell verschwinden. Ganz schnell! Ab in den Dschungel, irgendwohin, wo dich keiner kennt, keiner findet. Am besten weit weg. Das ist ein guter Rat, du Idiot! Mein bester Rat!« Ramos' Stimme hob sich etwas, aber sie wurde nicht laut. »Wenn ein einziger Schuß fällt, wirst du deine Mutter verfluchen, daß sie dich geboren hat.

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