Dschungel-Gold
Tatsache: Im Dschungel lag ein Berg voller Gold. Ein ganzes Bergmassiv. Urgestein mit Goldadern. Tonnenweise reines Gold. Ein Reichtum, kaum berechenbar. Aus dem, was man hörte, folgerten Geologen, daß im Urwald von Davao del Norte das drittgrößte Goldaufkommen der Erde liegen mußte, nach Südafrika und Sibirien.
Und alles gehörte einem einzigen Mann.
Juan Perón Toledo.
Die Regierung in Manila begann nachzudenken. Ein Enteignungsgesetz stand zur Debatte. Es besagte, daß Bodenschätze, vor allem Edelmetalle, dem Staat gehörten. Man könne zwar Land kaufen, aber volkswirtschaftlich wichtige Funde gehörten dem Volk. Der Entdecker der Schätze werde am Gewinn beteiligt.
Aber zu diesem Zeitpunkt, als eine Kommission in Manila das neue Gesetz hin und her wälzte, hatte sich Toledo längst auf die Zukunft eingestellt.
Über russische und arabische Waffenhändler hatte er seine mittlerweile über zehntausend Mann starke Goldgräbertruppe mit Waffen versorgt. Aus zurückgelassenen amerikanischen Army-Beständen, die damals auf rätselhafte Weise verschwunden waren, bezog er zwei Vierlings-Flaks, Flugabwehrgeschütze, die er für äußerst wichtig hielt. Sollten jemals Regierungstruppen den Diwata-Berg angreifen, dann nur aus der Luft. Der Weg durch den Dschungel, vierzehn Tage Marsch durch die Grüne Hölle, durch die man sich einen Weg schlagen mußte, war militärstrategisch sinnlos. Überall konnte man auf diesem Weg die Truppen aus dem Hinterhalt überfallen. Die guerillageschulten Männer Toledos konnten das Gebiet verminen. Wie man Soldaten im Dschungel aufhält und vernichtet, hatte man aus den Kriegen in Korea und Vietnam gelernt. Das mächtige Amerika hatte davor kapituliert … die unlustige Armee der Regierung dachte nicht einmal an einen Versuch, sich durch den Dschungel zum Diwata-Berg zu schlagen. Selbst ein Diktator wie Marcos schrak davor zurück.
Juan Peróns Reichtum wuchs und wuchs.
Nahe der Stadt Davaos baute er sich eine weiße, schloßartige Villa an der Meeresküste, umgeben von einem tropischen Park voller Blumen und Palmen und exotischen Tieren wie Pfauen, Flamingos und Papageien. Vor allem die bunten Kakadus und das Wappentier, der philippinische Adler, gehörten zu Toledos Lieblingstieren. In einem großen, künstlichen Teich schwammen Krokodile und sonnten sich auf aufgeschütteten Inselchen. Riesenechsen, die man Monitoriden nannte, huschten durch Gebüsche und schliefen unter Mangrovensträuchern. Es war ein Luxus, den der Hausherr jedem zeigte, der zu ihm kam. Nicht, um damit zu prahlen, nicht, um sich voller Stolz aufzublähen … sein Reichtum war zur Waffe geworden.
Da meistens Besucher an seine Tür klopften, um Geschäfte mit ihm zu machen, wiederholte sich alles wie bei einer Besichtigung mit einem Fremdenführer, der die Große Mauer in China oder die Niagarafälle erklärt: Rundgang durch den Park, Fütterung der Krokodile, Konzert der Papageien, Blütenketten um den Hals, als sei man auf Hawaii oder Tahiti, großes Buffet auf der Terrasse mit Folkloremusik. Tanzende Mädchen der Manobe-Mandaya - und T'boli -Stämme und dann die nüchterne Feststellung Toledos:
»Meine Herren, Sie haben das alles gesehen. Sie wissen nun, wieviel ein Geschäft mit mir kostet.«
Die Wirkung war immer die gleiche. Die zukünftigen Geschäftspartner knickten ein.
Trotzdem kam kein Haß auf. Im Gegenteil. Wer mit Toledo ins Geschäft kam, konnte sich auf sein Wort verlassen. Es gab keine schiefen Manipulationen. Ehrlichkeit … die setzte Toledo mit der eigenen Ehre gleich. Sein Ehrbegriff war so ausgeprägt, daß er in den Anfangszeiten der Diwata-Mine jeden Goldgräber, der heimlich ein paar Nuggets für sich abzweigte, mit aller Härte bestrafte.
Bisher hatte noch niemand nachgeforscht, wie viele Gräber der Urwald überwucherte. Man sprach auch nicht darüber. Am Diwata-Berg herrschten eigene Gesetze. Wer Tausende von Abenteurern beherrschen will, kann die Welt nicht mit Samthandschuhen anfassen. Diese besondere Welt erkennt nur eines an: die Faust.
Das war nun alles schon Historie geworden.
Eine Vergangenheit, die einige dunkel, die meisten aber glanzvoll nannten.
Juan Perón Toledo, der lebende Goldberg von Davao, hatte sein neunundvierzigstes Lebensjahr fast hinter sich und steuerte auf die Fünfzig zu, das ›Bergfest‹, wie er es nannte, und es war nun die Zeit gekommen zu überlegen, was einem das Leben noch zu bieten hatte, vor allem aber, wie man es genießen konnte. Die
Weitere Kostenlose Bücher