Dschungel-Gold
Fallschirmtrupps. Ein ganzes Bataillon war über dem Berg abgesprungen … und ein ganzes Bataillon war nicht mehr zurückgekommen. Von da ab duldete man Diwata, als sei es gar nicht vorhanden.
Am Abend dieses kritischen Tages fuhren drei Wagen mit Lautsprechern durch die Straßen. Nach Abspielen eines Volksliedes dröhnten Stimmen über die Hütten.
! Seid vernünftig! Hört nicht auf ein paar Idioten! Es hat ein Unglück gegeben. Es hat Tote gegeben. Aber das Leben, euer Leben, geht weiter. An den Toten könnte ihr keine Pesos verdienen, aber in der Mine. Macht eure Arbeit – das allein zählt! Männer! Ihr könnt die Toten nicht wieder lebendig machen, aber ihr könnt die Lebenden gefährden. Seid vernünftig! Wer gegen die Mine ist, ist auch gegen euch. Denn ihr seid die Mine!« Und dann wieder Musik. Ein T'boli -Tanz, wie man ihn im südwestlichen Mindanao tanzt.
Der Text der Lautsprecherdurchsage stammte von Ramos. Das konnte er blendend: Sprechen. Überzeugende Worte, hinter denen die Drohung stand. Worte, die jeder verstand, auch wenn man schwerfällig im Denken war. Man brauchte nicht lesen und schreiben zu können, um ein Leben durchzustehen … aber Worte deuten zu können, das gehörte zur Basis des Überlebens.
Über Diwata senkte sich nach diesem Lautsprechergedröhn die Stille des Duckens.
Die Minenleitung hat recht.
Ein Flugzeug stürzt ab, ein Schiff versinkt, eine Explosion zerreißt Menschen, ein Taifun fegt ganze Küsten leer, ein Erdbeben macht aus Städten Ruinen, und überall ist Krieg mit Tausenden von Toten … wer wird da wegen sechzig Menschen rebellieren, die man einmauern muß? Überall, überall, überall Tote. Leute, man gewöhnt sich daran. Und was hier im Dschungel passiert, wen kümmert es? Bei einem Jumboabsturz sind es dreihundertsechzig Tote. Und auch die vergißt man am nächsten Tag.
Herrgott noch mal – das Leben geht doch weiter.
Juliano, du Gauner von einem Wirt, noch einen Brandy oder einen Añejo -Rum!
Wer weiß, ob wir morgen nicht die nächsten sind.
Der Berg ist ein Mörder … aber er ist voller Gold …
Juan Perón Toledo galt in Davao, der Hauptstadt der Insel Mindanao, als der reichste Mann im Lande.
Ob er wirklich Toledo hieß, und dazu auch noch Juan Perón wie der charismatische Diktator von Argentinien mit seiner fast heiligen Frau Evita, wußte keiner. Es interessierte auch niemanden, am wenigsten die Behörden. Toledo stiftete Waisenhäuser, ein Schwimmbad, ein Altersheim, ließ ein Fußballstadion bauen, beglückte das Seebad Dakak Beach Resort mit einem Luxushotel und war auch sonst finanziell sehr großzügig im Umgang mit maßgebenden Politikern. Da fragt man nicht, woher jemand stammt … es ist ein Segen, daß es ihn überhaupt gibt.
Bekannt war die Quelle seines Reichtums – da gab es keine Geheimnisse. Toledo hatte im Dschungel von Davao del Norte den Berg Diwata entdeckt, besetzt und annektiert. Der Regierung kaufte er das bis dahin unerforschte Urwaldgebiet für einen nie bekannt gewordenen symbolischen Preis von wenigen Pesos ab. Als die ersten Goldsäcke in Davao auftauchten, war es für eine Annullierung des Kaufs zu spät. Vertrag ist Vertrag. Das war vor vierundzwanzig Jahren, Toledo war damals fünfundzwanzig Jahre jung, ein großer, muskulöser, zäher Bursche, der erstaunlicherweise ein gepflegtes Spanisch sprach, wie es sonst nur in gehobenen Kreisen üblich war. Er mußte irgendwo einen wohlhabenden Vater verborgen haben … er sprach nie von ihm, aber er hatte immer genügend Pesos in der Tasche, um unabhängig vom normalen Geldverdienen zu sein.
Als er mit dem ersten Säckchen Gold aus dem Urwald auftauchte und einem völlig irritierten Goldhändler in Davao die Nuggets auf den Tisch schüttete, hatte er – so die Überlieferung – gesagt:
»Wieviel Gold kaufen Sie pro Jahr?«
»Ungefähr siebzig Kilo«, antwortete der Händler.
»Ich werde Ihnen eine Tonne liefern. Pures Gold.«
Man hielt ihn für verrückt.
Fünf Jahre später – Juan Perón war gerade dreißig geworden – stiftete er zweihunderttausend Dollar, nicht Pesos, für den Ausbau des Botanischen Gartens von Davao und wurde damit gesellschaftsfähig. Die Türen der Einflußreichen öffneten sich ihm. Der Bürgermeister drückte ihm die Hand und lud ihn zum Essen ein. Bankiers buhlten darum, daß er bei ihnen ein Konto eröffnete. Spekulanten gaben sich die Klinke von Toledos Haus in die Hand. Was man bisher ungläubig geflüstert hatte, wurde zur
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