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Dschungelkind /

Dschungelkind /

Titel: Dschungelkind / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kuegler
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durchstochen, ihn über dem Feuer geröstet und danach mit viel Genuss gegessen, hmm!
    Einmal brachte Nakires Frau Fusai ein Stück Sago. Sofort setzten wir »Wurm auf traditionelle Art der Fayu« auf unseren Speiseplan und halfen, die Tiere in Sago zu packen und ins Feuer zu legen. Sago zu gewinnen ist übrigens harte körperliche Arbeit für die Frauen: Man schlägt mit einem langen Stück Holz ein Loch in eine Sumpfpalme und zieht das harte Innere heraus. Das Herz der Palme wird mit Wasser versetzt, bis eine weiße, klebrige Masse entsteht, die ein wenig an ein Mehl-Wasser-Gemisch erinnert – der ideale »Teigmantel«, um allerlei Fleisch darin zu braten.
    Ich konnte es kaum erwarten, bis Fusai unsere Würmer in Sago aus dem Feuer holte. Ich durfte als Erste probieren. Ich öffnete meinen Mund, so weit ich konnte, und biss herzhaft in die Sagorolle, doch als ich näher hinsah, bemerkte ich, dass die Sache doch noch nicht gar war. Die Würmer lebten noch. In meinem Mund spürte ich Bewegungen, und vor meinen Augen drängte ein Wurm sich aus dem Sago heraus.
    Weil ich Fusai nicht beleidigen wollte, schluckte ich brav – aber hier waren sogar meine Grenzen erreicht. Ich gab das Dschungelgericht weiter, und als ich das nächste Mal an der Reihe war, knabberte ich nur ein wenig Sago ab. Tuare neben mir freute sich über meine Zurückhaltung und schlang das Ganze mit Genuss herunter.
     
    Wir haben jedoch nicht immer nur Tiere gegessen; der Dschungel hielt auch noch anderes bereit. Alle fünf Jahre zum Beispiel wurden die Lychees reif, und ein paar Wochen lang aßen wir dann fast nicht anderes. Die Kerne spuckten wir einfach auf den Boden; später würden sich die Wildschweine darüber freuen. Ein perfektes Recyclingsystem.
    Es gab auch Zuckerrohr, das Mama lange vor uns versteckte, weil es tödlich für die Zähne war, wie sie nicht müde wurde zu erwähnen. Doch eines Tages haben wir es am Flussufer gefunden. Wir hielten das lange Zuckerrohr in der Hand, bissen die harte Haut mit den Zähnen ab, warfen sie fort und saugten den süßen Saft heraus. In den ersten Wochen nach unserem Fund war der ganze Boden mit Zuckerrohrresten bedeckt.
    Ich genieße ein Stück Zuckerrohr
    Irgendwann griff Mama durch und verbot uns die Süßigkeit. Wir blickten ernst zu ihr auf, wir drei weißen Kinder und unsere Fayu-Freunde. Jeder nickte einsichtsvoll, als Mama uns erklärte, dass unsere Zähne schwarz werden und ausfallen würden, wenn wir weiter Zuckerrohr äßen. Doch kaum war sie wieder im Haus verschwunden, rannten wir zum Dorf, versteckten uns und aßen so viel Zuckerrohr, wie wir nur konnten. Von diesem Tag an blieb der Boden vor unserem Haus sauber, aber hinter die Hütten im Fayu-Dorf schaute man besser nicht.
     
    Und manchmal kam der Hubschrauber und brachte einen Hauch von großer weiter Welt. Er war gerade repariert worden, und unsere Kommunikation mit den Menschen »draußen« war wieder einfacher geworden.
    Einmal, so erinnere ich mich, stieg der Pilot aus, begrüßte uns und gab Papa eine Thermoskanne voll Eiswürfel. Wir waren begeistert. Mama verteilte die Eiswürfel auf drei Teller, mit denen wir sofort nach draußen gingen, um sie den Fayu zu zeigen.
    Als Christian einen Eiswürfel in die Hand seines Freundes Dihida legte, schrie dieser auf und ließ ihn sofort fallen. »Heiß, heiß!«, rief er. Er hatte noch nie etwas so Kaltes gespürt und konnte es nicht einordnen.
    Was die Fayu aber am meisten faszinierte, war, dass das Eis allmählich einfach verschwand. Es war äußerst amüsant zu beobachten, wie die großen Krieger wie Kinder kreischten und sich gegenseitig testeten, wer einen Eiswürfel am längsten in der Hand halten konnte, ohne ihn fallen zu lassen. Sogar Häuptling Baou, der normalerweise alles aus der Distanz beobachtete, wollte dieses neue Phänomen erforschen.
    Der Pilot hatte uns auch Rosinen mitgebracht. Seine Frau hatte ein Paket aus Amerika bekommen, und zu unserem Glück mochte sie sie nicht. Mama hingegen liebte Rosinen und buk sofort einen Pfannkuchen, den sie üppig damit bestreute. Als er fertig war, ging sie nach draußen und gab den anderen Frauen ein Stück ab.
    Doch nach einer halben Stunde, als sie nachfragen wollte, wie es geschmeckt hatte, lagen die Rosinen alle verstreut auf dem Boden herum. Dingos und kleine Schweine taten sich daran gütlich. Mama fragte die Frauen erstaunt, warum sie denn das Beste mühsam aus dem Pfannkuchen gepult und fortgeworfen hätten? Die Frauen

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