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Dschungelkind /

Dschungelkind /

Titel: Dschungelkind / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kuegler
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antworteten höflich, dass sie leider keine Käfer essen würden, die sie nicht kannten; schließlich könnten sie giftig sein. Der Rest hätte aber sehr gut geschmeckt, vielen Dank.
    Oft luden wir mehrere Fayu-Häuptlinge zum Essen ein, um deren friedlichen Umgang miteinander zu fördern
    Wir lachten, als wir diese Erklärung hörten, aber Mama trauerte ihren schönen Rosinen, diesem kleinen Luxus im Dschungel, doch ein wenig nach.

Die Fayu-Sprache
    D en lieben langen Tag spielten und alberten wir mit unseren eingeborenen Freunden herum. Doch wie verständigten wir uns? Es war kein großes Problem: Von klein auf hatten wir erfahren, dass Menschen ganz unterschiedlich sprechen, und selbst innerhalb unserer Familie herrschte eine gewisse Sprachverwirrung …
    Es gab Tage, besonders wenn es regnete, da blieb uns nichts anderes übrig, als im Haus zu sitzen und uns zu langweilen. Auf das Aluminiumdach über unseren Köpfen klatschte der Regen wie Donner, und es wurde so laut, dass wir manchmal unser eigenes Wort nicht mehr verstehen konnten. So fingen wir sehr früh an, lesen zu lernen. Mama hatte viele englische Bücher mitgebracht, die wir in kürzester Zeit durchgelesen hatten.
    Da auch unsere Schulausbildung in englischer Sprache erfolgte, musste Mama uns ausgerechnet die deutschen Bücher vorlesen. Wenn der Regen etwas nachließ, saßen wir Kinder mit ihr im Bett, und sie las uns Bücher vor wie »Hanni und Nanni« oder »Am Samstag kam das Sams zurück«. Wir hatten auch »Asterix und Obelix« und »Tintin«-Hefte, die uns jemand aus Deutschland geschickt hatte. Wir verschlangen diese Heftchen mit Begeisterung. Nach und nach begriff ich, was die einzelnen Wörter bedeuteten, und lernte, Deutsch zu lesen.
    Das war nicht immer so. Papa und Mama hatten bemerkt, dass wir durch den Schulunterricht immer mehr Englisch sprachen, auch untereinander. Unser Deutsch wurde immer schlechter. Typische Sätze waren etwa: »Mama, kannst du das meat cutten?« Oder: »Judith, come here, I want to zeigen dir was!« Also bestanden unsere Eltern darauf, dass zu Hause ausschließlich Deutsch gesprochen wurde. Das wurde zu einer festen Regel.
    Wenn ich heute die Kassetten anhöre, die meine Eltern von uns Kindern aufgenommen haben, hört man noch einen starken englischen Akzent. Und es wird mir heute noch häufig gesagt, dass ich einen leichten Akzent habe, wenn ich Deutsch spreche.
     
    Nach einiger Zeit begannen wir natürlich auch, die Fayu-Sprache zu lernen. Wir sprachen schon fließend Indonesisch, und am Anfang konnte Christian nicht begreifen, warum die Fayu ihn damit nicht verstanden.
    Papa erklärte ihm, dass sie eine vollkommen andere Sprache hatten, obwohl sie in Indonesien lebten, und wir stellten uns darauf ein, wieder völlig neu anzufangen. Wir zeigten auf verschiedene Objekte und wiederholten, was die Fayu-Kinder uns sagten.
    Eines der ersten Wörter, die wir lernten, war
»Di«
 – das Wort für Wasser. Also sagte ich eines Tages zu Tuare: »
Di,
Tuare!«, und hoffte, dass er mir Wasser holen würde. Wir hatten gerade ein Feuer angezündet und wollten in einer Blechbüchse Suppe kochen. Tuare aber kam nach kurzer Zeit zurück und hatte ein Messer in der Hand.
    »Hau,
Tuare,
di!«
(Nein, Tuare, Wasser!), sagte ich ziemlich schroff.
    Zuerst schaute er mich verblüfft an, drehte sich dann um und ging wieder los. Es dauerte eine Weile, bis er zurückkehrte. Zu meinem großen Erstaunen tauchte er mit einem kleinen Wildschwein im Arm auf und gab es mir. Ich schaute verdutzt auf das Schwein, das wie verrückt in meiner Hand zappelte und quietschte, und schaute Tuare wieder an. Offensichtlich brauchten wir Schützenhilfe. Ich ließ das Schwein wieder laufen, nahm Tuare an die Hand und ging zu Papa.
    Papa lernt die Fayu-Sprache
    Als er hörte, was geschehen war, brach er in schallendes Gelächter aus. Jetzt war ich noch frustrierter. Papa nahm mich auf den Schoß und erzählte mir, dass die Fayu-Sprache eine Tonsprache ist.
    »Was ist denn das?«, fragte ich verwirrt.
    Er erklärte, dass eine Tonsprache die Bedeutung der Wörter nicht nur durch unterschiedliche Buchstabenfolgen unterscheidet, sondern auch durch Tonfall und Tonhöhe, in denen die Wörter ausgesprochen werden.
    »Zum Beispiel, was dir gerade passiert ist: Du sagtest zu Tuare, er solle
Di
holen, und hast das Wort in mittlerer Tonlage gesagt. So holte er ein Messer für dich. Dann sagtest du mit tieferer Stimme noch mal
›Di‹,
und er holte dir ein Schwein. Um

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