Dschungelkind /
hatte.
Aber da konnte
ich
doch nichts dafür! Die Tränen flossen, Mama blieb stur, wie immer half das Heulen nichts bei ihr. Traurig saß ich draußen auf der Treppe, mit dem Papagei auf dem Arm, und klagte ihm zärtlich mein Leid. »Bobby« hatte ich ihn genannt. Er schaute mich mit seinen großen, neugierigen Augen an. Christian kam mit etwas Brotfrucht, mit der wir ihn fütterten. Zu unserer Freude aß er sie mit Begeisterung.
Klausu Bosa mit zwei jungen Nashornvögeln
Doch Papa hatte den Fayu-Jägern bereits ein paar Fischhaken gegeben, und so wussten wir, dass wir Abschied nehmen mussten. »Das Leben ist schwer«, sagte meine Mutter ohne Mitleid und wandte sich zum Haus. Ich warf ihrem Rücken einen bösen Blick zu, knüpfte schweren Herzens die Schnur von Bobbys Bein ab und setzte ihn auf einen nah gelegenen Ast. Als er davonflog, brach ich erneut in Tränen aus. Der Tag war gelaufen. Das Leben war ungerecht, und so einen schönen Papagei zu verlieren kam einer Tragödie gleich.
Am nächsten Morgen wachte ich früh auf und ging allein nach draußen, um mir zum Frühstück etwas Brotfrucht vom Baum zu holen. Ich setzte mich auf die Treppe und fing an zu essen, als ich ein leises Flattern neben mir hörte. Da, neben mir, saß Bobby und schaute gierig auf mein Mahl. Ich konnte mein Glück kaum fassen – Bobby war zu mir zurückgekehrt, ohne Zwang, ohne Schnur, ohne die Erlaubnis von Mama! Dies war der Beginn einer langen Freundschaft mit einem eigenartigen und klugen Vogel.
Bobby hielt sich von nun an ums Haus herum auf, ich fütterte ihn, und er amüsierte uns mit seiner lustigen Art. Nach einiger Zeit lernte er sogar ein paar Wörter sprechen. Mama drückte beide Augen zu, denn er war ja kein Haustier. Aber als ob er sich gemerkt hätte, dass Mama gegen ihn gewesen war, ließ Bobby sich immer wieder etwas einfallen, um sie zu ärgern.
Es fing eines Tages ganz harmlos mit der Wäsche an. Mama wusch ein- oder zweimal die Woche unsere schmutzigen Kleider im Fluss und hängte sie dann mit Wäscheklammern an eine Leine vor dem Haus. Bobby saß gern auf dieser Wäscheleine, und Mama hatte anfangs auch nichts dagegen. Eines Tages aber hörten wir sie wütend rufen: »Wer war das?«
Neugierig rannten wir ums Haus herum. Die ganze Wäsche, die Mama am Morgen aufgehängt hatte, lag auf dem matschigen Boden, die Wäscheklammern verstreut daneben. Wie immer schaute meine Mutter mich als Erste an. »Sabine«, fragte sie streng, »wie kannst du …?«
Empört schüttelte ich den Kopf. »So was würde ich nie tun!«, rief ich und meinte es ausnahmsweise ernst. Da keiner die Tat gestehen wollte, blieb Mama nichts anderes übrig, als die komplette Wäsche noch einmal zu waschen.
Ein paar Tage später passierte das Gleiche wieder. Doch diesmal ertappte Mama den Übeltäter auf frischer Tat: Es war mein Papagei Bobby, der mit dem Schnabel vergnügt die Wäscheklammern abzog und dann ausspuckte. Mama kochte vor Wut, aber Bobby war zu schnell für sie. Hoch oben auf einem Baum keckerte er ihr frech zu.
Als Nächstes kam die Sache mit dem Mittagsschlaf. Mama legte sich öfters mittags hin, und wir alle wussten, dass sie dann nicht gestört werden durfte. Aber Bobby hielt sich nicht daran. Vielmehr machte es ihm großen Spaß, mittags vor ihrem Fenster zu krächzen, so laut er nur konnte. Und sobald Mama nach draußen lief, war er natürlich weg.
Sie schaute – oder hörte – sich das ein paar Wochen lang an, dann zeigte sie Bobby, wer am längeren Hebel saß: Vor dem nächsten Mittagsschlaf füllte sie einen Eimer mit Wasser und stellte ihn am Fenster bereit. Und kaum hatte der ahnungslose Bobby mit seinem Mittagskonzert angefangen, schüttete Mama ihm den ganzen Eimer Wasser übers Gefieder. Die Mittagsruhe war gerettet, zumindest bis zum nächsten Mal.
Eines Tages aber ging es schief. Wie immer hatte Mama ihren Eimer Wasser am Fenster deponiert. Sie legte sich hin und wartete darauf, dass Bobby mit seinem Getobe anfangen würde. Kaum hörte sie ihn, lief sie zum Fenster und kippte mit großem Schwung das Wasser hinaus. Doch diesmal war ein großes Geschrei die Antwort, und entsetzt schaute sie aus dem Fenster. Direkt unter ihr saß Papa mit einem Fayu-Krieger, der von flussaufwärts gekommen war, um irgendetwas zu verhandeln.
Papa rannte ins Haus und schrie Mama an: »Weißt du nicht, dass das einer der gefährlichsten Krieger ist?!«
Mama hatte sich auch erschreckt, ließ es Papa aber nicht merken. Kühl
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