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Dschungelkind /

Dschungelkind /

Titel: Dschungelkind / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kuegler
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deswegen wurden wir auch alle gleichzeitig krank. Unser schon von dem Virus geschwächtes Immunsystem hat die Malaria nicht mehr aufhalten können, und bei mir kam es dadurch zu einer lebensgefährlichen Attacke.
    Später haben wir noch öfter Malaria bekommen, und auch von Hepatitis blieb ich nicht verschont. Aber die Anfälle wurden mit der Zeit immer weniger. Unsere Körper entwickelten eine Art Immunität, wir wurden immer seltener krank.
    Seit meiner Rückkehr nach Europa hatte ich gar keine Malaria mehr. Aus medizinischer Sicht bin ich geheilt.
     
    Malaria war jedoch nicht die einzige Krankheit, mit der wir zu kämpfen hatten. Am meisten machten uns Wundinfektionen zu schaffen. Es genügte manchmal schon ein einfacher Moskitostich oder ein kleiner Kratzer, den wir uns meist unbewusst zuzogen, und schon konnte sich quasi über Nacht eine schmerzhafte Infektion entwickeln, die manchmal Tage andauerte, bevor wir sie wieder unter Kontrolle hatten. Glücklicherweise sind wir niemals wegen einer Entzündung in Lebensgefahr geraten, doch ich fand es mehr als lästig.
    Jeden Abend, bevor wir zu Bett gingen, musste Mama nachsehen, ob wir kleine Wunden hatten, die sich infizieren konnten. Später, als wir älter waren, kontrollierten wir selbst, waren aber leider oft nicht gründlich genug und liefen am nächsten Tag mit einer schmerzhaften Infektion herum, die alle paar Stunden neu verbunden werden musste.
    Eines Morgens zum Beispiel wachte ich auf, und mein Knie tat weh, doch ich ignorierte es. Ein neuer Tag stand vor der Tür, spannende Abenteuer warteten auf mich – was störte mich da ein kleiner Schmerz? Also sprang ich aus dem Bett, frühstückte, erledigte meine Schularbeiten, so schnell es mein unaufmerksames Hirn erlaubte, und lief nach draußen, um zu spielen. Nach einiger Zeit schmerzte mein Knie immer mehr; ich hatte das Gefühl, als bearbeite ein Hammer im Inneren den Knochen. Allem Anschein nach hatte ein Moskitostich sich entzündet. Als ich schließlich nicht mehr laufen konnte, humpelte ich zu meiner Mama, die gerade sehr beschäftigt war und mich bat, kurz zu warten. Ich setzte mich auf die Holzbank in der Küche und konnte zusehen, wie die Infektion sich verschlimmerte. Vor allem konnte ich fünf rote Linien sehen, die sich von dem Stich aus in verschiedene Richtungen vorschoben. »Interessant«, dachte ich und beobachtete weiter.
    Kurze Zeit später kam Mama – und erschrak furchtbar. Ich musste mich sofort hinlegen, und sie erklärte mir, dass ich eine Blutvergiftung hätte, die gefährlich werden könnte, sollten die roten Linien es bis zu meinem Herzen schaffen. Sie machte es dramatisch, ich aber hörte ihr nur halb zu. Die roten Linien schienen langsam wie Schnecken, und ich langweilte mich schon wieder in meinen Kissen und hoffte, dass ich bald wieder auf den Beinen wäre – was dank Mamas Verbänden und Antibiotika dann auch der Fall war.
    Überhaupt war ich ziemlich sorglos bis fahrlässig in dieser Zeit. Sogar tiefe Wunden, die ich mir irgendwie zuzog, beeindruckten mich nicht. Ich habe mich mehrmals mit einem Messer stark verletzt, schaute ungerührt auf die blutende Stelle, ging ins Haus, holte Verbandszeug, wischte und wickelte und klebte ein bisschen und ging wieder nach draußen zum Spielen.
    Fast immer hatte ich auch mit Infektionen an den Zehen zu kämpfen, denn ich trug kaum Schuhe, und da meine Fußsohlen anfangs noch nicht so hart waren wie die der Fayu, verletzte ich mich schnell. Mama war verzweifelt, ständig rannte ich mit schmutzigen Verbänden an den Füßen herum, doch mir war es egal: Ich war zu beschäftigt, um mich darum zu kümmern.
    Eines Tages aber erzählte Mama mir mit ernstem Gesicht, dass mir alle Zehen abfallen würden, wenn ich so weitermachte. Dann wäre ich verstümmelt für den Rest meines Lebens. Doch was kümmerte es mich? Wer würde mich im Urwald sehen außer den Fayu, die selbst genug Verstümmelungen hatten? Im Gegenteil, ich hätte es erstrebenswert gefunden, auch ein paar Narben zu tragen, auch ein paar Zehen weniger zu haben. Dann hätte ich wenigstens eine spannende Geschichte erzählen können, wie ein Krokodil sie mir abgebissen hat.
    Was mir aber tatsächlich Sorgen machte, war der Ringwurm, eine Art Hautpilz, der sich über den ganzen Körper verbreiten konnte. Die Fayu-Frauen hatten ihn häufiger als die Männer, sie waren aus irgendeinem Grund anfälliger dafür. Es dauerte nicht lange, und ich bemerkte eines Abends auf meinem Arm eine

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