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DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

Titel: DSR Bd 4 - Das Schattenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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verstehen, dass er als der Vorarbeiter der Expedition dienen sollte. »Mein Neffe«, sagte der alte Mann. »Er ist Führer.«
    »Shukran« , erwiderte Charles. Dann fragte er den jungen Mann: »Wie heißt du?«
    »Er spricht kein Französisch; nur Arabisch und Ägyptisch«, teilte der Dorfvorsteher ihm mit. »Nennen Sie ihn einfach Shakir.«
    »Nun, Shakir«, sagte Charles, »mach alles bereit für die Abfahrt.« Er winkte mit einer Hand in Richtung der Boote und der wenigen Körbe, die bislang am Ufer zurückgeblieben waren. »Auf geht’s.«
    »Okay, Sekrey! « Shakir klatschte in die Hände und trieb die Arbeiter an, die letzten Vorräte in den wartenden Booten zu verstauen.
    »Was heißt Sekrey? «, erkundigte sich Charles, der den Eifer des jungen Burschen zu schätzen wusste.
    »Es bedeutet ›Kapitän‹«, antwortete der Dorfälteste. »›Boot‹, ›Karawane‹ oder ›Männer‹ – alles gleich.« Er vollführte eine abschließende Verbeugung. »Salaam.«
    Shakir sah, dass der letzte Korb an Bord befördert worden war, dann kletterte er in das vordere Fahrzeug. Er legte eine schmale Planke für Charles aus, der auf ihr an Bord ging und sich im Bug auf einem Seilhaufen niederließ; und bald darauf stieß das Boot ab. Der Nil war an dieser Stelle breit, das Wasser tief und die Strömung schnell, und so trieb das flachkielige Fahrzeug ab, als sie den Fluss überquerten: Sie erreichten das gegenüberliegende Ufer ein ganzes Stück weit von der Stelle entfernt, wo Charles aussteigen wollte. Die Boote mussten langsam stromaufwärts zum Landungsplatz gerudert werden, bevor sie entladen werden konnten. Infolgedessen war es bereits deutlich nach Mittag, als die Expedition sich vollständig versammelt hatte – gerade rechtzeitig für eine längere Pause während des heißesten Tagesabschnitts.
    Obwohl sich Charles ärgerte, wieder zu faulenzen, wusste er, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als die erzwungene Rast zu ertragen und weiterhin in positiver Stimmung bei seiner Mannschaft zu bleiben. Als die Sonne schließlich anfing, ihren glühend heißen Griff zu lockern, brachen sie auf und erreichten bei Sonnenuntergang den am weitesten entfernten Rand der bepflanzten Felder. Es folgte eine weitere Nacht unter den Sternen – in dieser war er viel besser versorgt als beim ersten Mal –, und in der Morgendämmerung brachen sie das Lager ab und machten sich auf den Weg. Sie waren gut erfrischt, um den Zug in die trockenen weißen Einöden jenseits des fruchtbaren grünen Streifens bepflanzter Felder in Angriff zu nehmen.
    Nur ein Weg wagte sich nach Westen in die Wüste hinein. Er bog schließlich ab, um parallel zu den Steilhängen der Felshügel und Plateaus zu verlaufen, die sich bis zur Sahara ausdehnten. Streckenweise umging der nackte Pfad – der nur wenig mehr war als eine Linie, die man in die von der Sonne verdorrte Erde gekratzt hatte – die faltige Basis des zerklüfteten Ödlands der großen Kalksteinabhänge, die sich nackt aus dem niedrigeren Flachland erhoben. Charles folgte dem Trampelpfad unter Zuhilfenahme einer primitiven Karte, die er sich aus den Geschichten seines Vaters zurechtgelegt hatte – unterstützt von einem Buch aus der britischen Staatsbibliothek, in dem die geologischen Untersuchungen der Militärtechniker von Kaiser Napoleon ausführlich beschrieben wurden.
    Den Kopf eingewickelt in seinen behelfsmäßigen Turban, stapfte Charles mit dem ungenauen Führer in der Hand voran. Seine Augen überflogen die sich entfaltende Hügellandschaft, während er marschierte, wobei er nach zwei Dingen Ausschau hielt: einem hoch aufragenden dreieckigen Gipfel, der einer Pyramide ähnelte, wenn man ihn von einem bestimmten Blickwinkel aus betrachtete, und einer engen Felsspalte, die sich am Talboden öffnete und in relativer Nähe zur pyramidenförmigen Hügelspitze lag. Letzteres war das Wadi – oder die trockene Schlucht –, die in die Mitte der Hügel hineinführte.
    Obschon der Tag heiß war, wurde er noch heißer und trockener, je weiter sie von den bewässerten Feldern weggingen. Charles goss sich Wasser auf seinen Turban und öffnete sein Hemd, was eine flüchtige Erleichterung brachte. Innerhalb von Minuten fühlte er sich wie ein Tier, das in seinem eigenen Saft schmorte. Er konnte von Herzen das arme Schwein bemitleiden, das an einem sich drehenden Spieß briet – alles, was ihm fehlte, war ein Apfel im Mund, um ganz genauso zu empfinden.
    Nirgendwo in dieser verdorbenen Wüstenei

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