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DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

Titel: DSR Bd 4 - Das Schattenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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geradewegs aus ihrem Kopf.
    Elefanten! Wer würde das geglaubt haben?
    Es hieß, dass König Henry III. während seiner Herrschaft sich einen gehalten und ihn im Tower von London untergebracht hatte. Und irgendjemand am Hofe von Elizabeth hatte berichtet, eines dieser Tiere ausgerechnet in Portugal gesehen zu haben. Als die Elefanten nun vorbeigingen, konnte Haven sie nur staunend anstarren, seltsam bewegt und begeistert von dem Anblick.
    Allzu bald jedoch drängte sich die Realität ihrer Situation wieder in den Vordergrund. Die geschlossene Schlachtreihe der Elefanten zog vorbei, und dann sah Haven in relativ kurzem Abstand hinter ihnen einen stacheligen Wald aus Spießen und Speeren und blutroten Bannern. Die Armee bewegte sich langsam und unaufhaltsam vor, sie breitete sich wie ein unauslöschbarer Schmutzfleck über das Tal aus. Die Männer, die Haven gefangen hatten, hielten oben auf dem Abhang an, um das Vorankommen der Truppen nicht zu behindern. Sie stiegen ab, sattelten die Pferde ab und erlaubten Haven, sich ebenfalls hinzusetzen; als sie tranken, reichten sie auch ihr die Lederflasche.
    Von ihrem Platz auf dem Abhang hatte Haven einen ausgezeichneten Ausblick auf die Krieger, während sie in einer Reihe nach der anderen in scheinbar unerschöpflicher Anzahl paradierten. Die meisten waren Fußsoldaten, doch es gab auch Divisionen berittener Krieger, und alle rückten vor mit der unnachgiebigen Unbarmherzigkeit einer Maschine in Bewegung.
    Obwohl diese Invasoren in sehr vieler Hinsicht der gehetzten Menschenmasse ähnelten, die Giles und Haven zuerst getroffen hatten, waren sie in ihrem Aussehen unterschiedlich genug, um eine andere Rasse zu bilden. Im Großen und Ganzen waren diese Menschen stark gebaut an Schultern und Brust, hatten jedoch kurze Beine – Haven selbst war größer als jeder, den sie erblickte. Doch auch wenn sie weder eine vornehme Statur noch eine besondere Größe besaßen, vermittelten sie dennoch den Eindruck, von hartnäckiger Beständigkeit zu sein – etwa wie in der Art von Baumstümpfen oder Grundsteinen. Ihre Hautfarbe war blässlich oder hell, und viele hatten rote Haare, obwohl die meisten braunhaarig waren. Im Gegensatz zu ihren rötlichen, schwarzhaarigen, mondgesichtigen Feinden, die sie durch das Tal verfolgten, waren die Gesichtszüge der Neuankömmlinge breit und offen; sie hatten große, runde Augen und großzügig geformte, runde Lippen. Fast jeder war entweder in Leder oder in schweres, lose gewebtes Tuch gekleidet; und alle starrten vor Klingen jeglicher Art: Schwerter, Speere, Spieße mit langen Schaften, Dolche und breite Messer. Sie trugen zudem winzige runde Schilde auf ihren Rücken und einige Bögen sowie Köcher mit Pfeilen über ihren breiten Brustkörben.
    Der frühe Morgen wich langsam dem Mittag, und immer noch zogen sie vorbei. Als die letzten der Soldaten vorübergegangen waren, kam der Tross: leichtgewichtige, aus Weide hergestellte Wagen mit großen Holzrädern und Packesel in langen Reihen; jeder von ihnen war turmhoch beladen mit Säcken und Bündeln. Der Versorgungskarawane zog das Lagergefolge hinterher: Es bestand zum größten Teil aus Frauen; viele von ihnen mit Säuglingen und Kleinkindern, deren blonde Locken von der Sonne beinahe weiß gebleicht worden waren. Dies waren die Ehefrauen und Kinder der Soldaten, entschied Haven. Verstreut zwischen den Frauen waren Männer mit Pferden oder Wagen, die turmhoch mit Beuteln, Säcken und Fässern unterschiedlicher Art beladen waren – Kaufleute vielleicht? Haven wusste es nicht.
    Als die Sonne ihren Zenit erreicht hatte, erschien die letzte Welle der Invasoren in Form von Schaf-und Ziegenherden, Gänsescharen sowie kleinen Beständen zotteliger Kühe. Die Luft roch bald nach frischem Dung. Die Schäfer und Hirten sorgten dafür, dass ihre Tiere weitergingen; sie erlaubten ihnen nur, ein ganz kleines bisschen vom Gras zu erhaschen oder vom Wasser aus dem Fluss zu trinken, bevor der Klaps eines Stabs oder einer Rute sie weitertrieb.
    Da sie müde von dem langen Sitzen in der Sonne und erschöpft vom Schlafmangel war, wurde Havens Kopf schwer, und sie schloss ihre Augen bei den umherschweifenden Resten des großen Aufzuges. In ihrem Schlaf vernahm sie eine vertraute Stimme, die sie schalt: »Schlafend am Mittag? Das passt gar nicht zu Euch, Mylady.«
    Der Klang riss sie sofort aus dem Schlaf. Sie blickte sich rasch um, sah jedoch nur die grasenden Pferde und ihre Reiter, die immer noch dort

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