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DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

Titel: DSR Bd 4 - Das Schattenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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zurückgelehnt saßen, wo sie sich den ganzen Morgen über niedergelassen hatten. Es gab niemand anderen in der Nähe. Sie befand, dass sie geträumt haben musste, schloss erneut ihre Augen und nickte ein … nur um einen Augenblick später durch die Ankunft einer anderen Gruppe von Reitern geweckt zu werden. Die Neuankömmlinge grüßten ihre Kameraden geräuschvoll und, wie Haven glaubte, auch mit einiger Heiterkeit – als würden sie einen Scherz erzählen –, als sie von ihren Reittieren abstiegen.
    Und dann erblickte sie den Grund für ihre Belustigung: Einer von ihnen wies ein blaues Auge auf, und in seinem Gesicht war Blut unterhalb der Nase. Es war äußerst offensichtlich, dass er bei einem Faustkampf derjenige gewesen war, der schlechter abgeschnitten hatte. Und dem mürrischen Ausdruck nach im blutverschmierten Gesicht des Burschen zu urteilen, hatte er nicht viel Verständnis für die Neckerei seiner Kameraden.
    Grummelnd rutschte der übel zugerichtete Kerl aus dem Sattel, rollte mühselig ein Seil auf und holte so seinen unterworfenen Gegner zu sich, der am Ende des Stricks festgebunden war.
    »Giles!«, rief Haven und sprang auf ihre Füße. Bevor jemand sie aufhalten konnte, war sie zu ihm gelaufen.
    »Mylady«, sagte er erschöpft.
    »Du bist in Sicherheit.« Sie fummelte an dem Knoten, der seine Hände zusammenband. »Geht es dir gut? Bist du verletzt?«
    Der Krieger schob sie beiseite und fuhr fort, seinen Gefangenen loszubinden. Dann wickelte er sein Seil auf, stieß Haven und Giles den Hügel hoch und veranlasste sie dazu, sich zusammen hinzusetzen; dabei gab er ihnen zu verstehen, dass sie sich nicht vom Fleck rühren sollten. Ohne jede weiteren Umstände überließ er die zwei sich selbst und marschierte davon, um sich zu seinen Kameraden zu gesellen.
    »Er ist lädiert und blutverschmiert«, sagte Haven, als der Bursche sich entfernte. »Hast du das getan?«
    »Ja«, gab Giles zu. »Ich habe erwartet, sofort getötet zu werden – er hatte Waffen und ich nicht. So wie ich jetzt darüber denke, glaube ich nicht, dass er vorhatte, mir etwas Böses anzutun.«
    »Das konntest du nicht wissen«, entgegnete sie. »Ich bin nur froh, dass du gesund und wohlauf bist. Ich danke dem Himmel, dass uns kein größeres Übel widerfahren ist.«
    »Ich glaube, sie sind Kundschafter oder Vorreiter«, mutmaßte Giles. Er blickte reihum auf die Krieger, die sich nun auf dem Boden nach hinten lehnten. »Seid Ihr schon lange hier?«
    »Ich sitze schon den ganzen Morgen hier«, antwortete sie und berichtete ihm danach von der vorbeiziehenden Parade – den Elefanten und allem anderen. »Die außergewöhnlichsten Geschöpfe, die ich, wie ich glaube, jemals zu Gesicht bekommen habe.«
    »Ich weiß«, sagte Giles. »Ich habe sie auch gesehen …« Er zögerte, dann gestand er: »Allerdings habe ich nicht gewusst, um was für eine Art von Tieren es sich handelt.«
    Während der lange Nachmittag voranschritt, diskutierten sie darüber, was ihrer Ansicht während der Nacht passiert war und wer die Invasoren sein könnten. Als dann die letzten Herden und Hirten vorbeigezogen waren, erhoben sich die faulenzenden Kundschafter und beendeten ihre Rast. Sie reichten Trinkschläuche herum und brachten einen davon ihren Gefangenen. Als alle getrunken hatten, sattelten sie wieder die Pferde. Giles und Haven wurden jeweils an den Händen gefesselt und die Seile am Sattel eines Reiters befestigt.
    Die Gefangenen wurden in einem gemächlichen Tempo am Ufer des seichten Flusses entlanggeführt. Es schien nicht zu eilen, und wenn sie nicht an ein Pferd gebunden gewesen wären, hätten die zwei Fußgänger es für einen angenehmen Spaziergang am Fluss halten können. Dies dauerte so lange, bis die Kundschaftergruppe am Rande einer wahrhaftigen Stadt aus Zelten ankam – die leuchtende orangefarbene Sonnenscheibe begann gerade, nach Westen hin hinter der Hügelkette einzutauchen.
    Nachdem die Invasionsarmee ihren Tagesmarsch beendet hatte, schickte sie sich an, das Lager aufzuschlagen. Überall waren die Menschen geschäftig: Sie errichteten Unterkünfte, pferchten den Viehbestand ein, trugen Wasser vom Fluss herbei, entzündeten Holzkohle, um Feuer zu machen. In der frühabendlichen Luft erklang eine muntere Kakophonie aus Stimmen, bellenden Hunden, blökenden Rindern und schwatzenden Kindern. Die Sprache, die überall bei den Fremden hervorsprudelte, bestand aus zischenden, raschelnden Geräuschen, die denen ähnelten, wenn der Wind

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