DSR Bd 4 - Das Schattenlicht
Boden bedeckte, und er schaffte es kaum, seine Beute weiterhin festzuhalten.
Prustend und nass kam Charles wieder auf die Füße und erblickte flüchtig die dämmrigen Umrisse des äußeren Eingangs. Platschend bahnte er sich seinen Weg dorthin, wobei er Grabmöbel seitlich umging, Gefäße umstieß und in seinem Kielwasser Gegenstände von unschätzbarem Wert verstreute. Er erreichte die Treppe, die zu einer Kaskade von aufeinanderfolgenden Wasserfällen geworden war, kletterte die Stufen hoch und in das trübe, entsetzliche Licht hinein.
Der Himmel hatte die Farbe von Rotwein angenommen, er wirkte bösartig und verärgert; der Wind peitschte durch die Schlucht und kreischte, während er sich selbst an den Felsen zerfetzte. Die Männer und Tiere waren fort. Charles begann, über den Lagerplatz zu seinem Zelt zu laufen, um seine Ledertasche zu retten – und wurde von Shakir abgefangen, der ihn am Arm packte und wegzerrte.
Der junge Mann zeigte dabei die Hauptrinne des Wadis hinunter, wo die letzten Arbeiter genau in diesem Augenblick in der vom Sturm verdunkelten Schlucht verschwanden. »Sie jetzt kommen, Sekrey! «
»Mein Tasche – ich muss meine Tasche haben!«, beharrte Charles.
Doch Shakir lockerte nicht seinen Griff. »Nein, Sekrey! Nein!« Er wies auf den kleineren Arm der Y-förmigen Verbindung, wo der Wasserstrom, der nunmehr den Talboden entlangfloss, mit dem anderen zusammentraf, der aus dem entgegengesetzten Wadi-Abschnitt kam. Die vereinte Strömung wirbelte umher, nahm Kraft auf und an Umfang zu, als sie in den Hauptarm eintrat. Gespeist von einer Vielzahl von Bächen und Rinnsalen, die von den umliegenden Hügeln und höher gelegenen Plätzen herabkamen, stieg der Wasserpegel, noch während Charles hinschaute. Alarmiert von der Geschwindigkeit, mit der sich die Schlucht voller Wasser füllte, steckte er sich das kostbare Bündel unter das Hemd, sodass es direkt an seiner Haut lag. Dann lief er Shakir hinterher, wobei das Wasser hochspritzte. Innerhalb von drei Herzschlägen rannte er um sein Leben.
Mit umherwirbelnden Beinen und pumpenden Armen flüchtete er den sich schlängelnden Felsenkorridor hinunter. Das Wasser und der Felsschutt am Boden ließen ein müheloses Laufen nicht zu; seine Füße bewegten sich nur schleppend und rutschten immer wieder aus. Im Gegensatz zu ihm sauste Shakir nur so dahin. Er war jünger und schneller, und er schien die Oberfläche förmlich zu überfliegen und berührte kaum den Boden. Der Abstand zwischen ihnen nahm stetig zu.
Sie rannten um die zahlreichen Biegungen des Wadis. Die Lufttemperatur fiel, und in großen runden Tropfen, so dick wie Weintrauben, begann es zu regnen – zuerst langsam und dann immer schneller. Der Wind blies böig aus dem Norden und schleuderte den Regen in großen Güssen mit einer solchen Kraft, dass es den Anschein hatte, als würde durch die überdimensionierten Tropfen der steinige, hartgebackene Boden abplatzen. Charles, der bis auf die Haut durchnässt war, schleuderte sich das Wasser aus den Augen und rannte halb blind durch den Canyon. Shakir verschwand um eine Biegung, und Charles lief allein weiter. Inzwischen nahm das zornige Wasser hinter ihm weiter an Umfang und Stärke zu. Es war nun eine hereinbrechende Wand, die das Wadi entlangfegte: eine aufgewühlte Masse aus Dreck und Brühe – tote Akazienzweige und dürres Gestrüpp, die von den höheren Abhängen entfernter Hügel abgerissen worden waren, vertrocknete Unkräuter, Bruchgestein und Schlamm – raste immer näher heran mit dem polternden, mahlenden Geräusch eines großen Mühlsteins, der freilaufend eine gepflasterte Straße hinunterrollte.
Der vordere Rand dieser Sturzflut erfasste Charles, und bevor er es wusste, rannte er durch Wasser, das ihm bis zu den Knien ging. Eine wenige Schritte weiter, und er war bis zu den Ansätzen seiner Oberschenkel in der Brühe. Er kämpfte weiter, das Wasser wirbelte um ihn herum, bremste ihn ab, stieg mit jedem seiner Schritte an. Über das Brüllen des Wassers hinweg hörte er ein Heulen in höheren Tonlagen: die Klänge eines grausamen Windes, der durch die leeren Höhen nach unten fegte. Als Charles einen Blick über die Schulter riskierte, erblickte er flüchtig die entsetzliche Wellenwand, die an beiden Seiten des Canyons Teile von den Felswänden abspritzte, und zwar bis zu einer Höhe, die das Dreifache seiner eigenen Körperlänge betrug.
Der mächtige Luftstrahl, den diese Welle vor sich hertrieb, traf ihn und
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