DSR Bd 4 - Das Schattenlicht
Tisch, die von der Neuigkeit noch nichts gehört hatten. Haven war die Erste, die ihre Sprache wiederfand. »Vergebt mir, Bruder Gianni, aber soll ich das so verstehen, dass die Meisterkarte gefunden worden ist?«
»Die Meisterkarte, nein, Signorina «, erwiderte der Priester. »Sie bleibt gegenwärtig außerhalb unserer Reichweite. Ich habe vom Quell der Seelen gesprochen – und von meiner Ansicht, dass dies das Geheimnis ist, das die Karte verborgen hält.«
»Und wie, bitte schön, wurde dieses Kunststück bewerkstelligt ohne den Einsatz der Karte?«
Der Geistliche streckte eine Hand in Kits Richtung aus, der ihm direkt gegenübersaß, und sagte: »Dafür müssen wir Mr Livingstone danken. Er ist es, der den Weg entdeckt hat – oder vielleicht einen der Wege, über den dieser wunderbare Ort erreicht werden kann.«
»Bei meiner Treu! Kit, ist das wahr?« Haven wirbelte herum, um ihn mit einem Ausdruck skeptischer Wertschätzung zu betrachten. »Sollen wir das so verstehen, dass du die Seelenquelle gefunden hast?«
»Das habe ich.« Kit nickte besonnen. »Wenigstens glaube ich das. Falls nicht, dann ist das, was ich gefunden habe, etwas gleichermaßen Erstaunliches. Doch wir können nicht sicher sein, dass dies der Quell der Seelen ist, bis wir in der Lage sind, dorthin zurückzukehren und eine gründliche Untersuchung durchzuführen.«
»Das ist zweifellos die beste Neuigkeit, die ich gehört habe«, schwärmte Lady Fayth. »Ich vermag nicht zu erkennen, was uns davon abhält, direkt in diesem Augenblick dorthin aufzubrechen.« Sie schien bereit zu sein, von ihrem Stuhl aufzuspringen und wegzurennen, um die große Suche zu beenden. Als sie spürte, dass die anderen ihre Freude über diese Enthüllung nicht teilten, fügte sie hinzu: »Doch es gibt anscheinend irgendetwas, das uns daran hindert, fürchte ich.« Sie blickte zu Kit und Wilhelmina. »Bitte, was ist es?«
»Das Problem betrifft die Art und Weise, wie ich den Quell der Seelen entdeckt habe«, entgegnete Kit langsam. »Das heißt, die Mittel, die ich eingesetzt habe, um den Ort zu erreichen, wo ich sie gefunden habe.«
»Ja, und?«, forderte Haven ihn auf. »Sprich! Worin besteht die fürchterliche Schwierigkeit, die du so offenkundig nur sehr ungern erwähnst?«
»Es gibt ein Problem mit dem Pfad oder dem Portal oder was auch immer«, entgegnete Kit gereizt. »Das Knochenhaus ist fort.«
»Knochenhaus?« Haven warf ihren Oberkörper nach hinten gegen die Stuhllehne und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. »Und was – ich bitte dich inständig – ist ein Knochenhaus?«
»Es ist ein Haus, ein Unterschlupf, hergestellt aus Knochen, und es –«
»Ein Haus – hergestellt aus Knochen?« Sie warf ihren Kopf zurück in einer Geste des Hohns, ihre Stimme klang nun hoch und arrogant. »Erwartest du ernsthaft, dass irgendjemand dieses unverfrorene Geschwätz glaubt? Oder ist das bloß deine schwerfällige Methode, den Rest von uns davon abzuschrecken, an deiner Entdeckung teilzuhaben?«
»Hör zu!«, blaffte Kit. »Ich denke mir das nicht aus. Es ist real, es existiert – zumindest hat es existiert. Wenn du mir nicht glaubst …« Auf der Suche nach Bestätigung blickte er zu Mina und Bruder Gianni. »Erzählt es ihr.«
»Haven, das ist nicht hilfreich«, erklärte Wilhelmina. »Kit sagt die Wahrheit.«
»Meine Freunde«, schaltete sich Gianni mit ruhiger Stimme ein, »wenn es mir erlaubt sein mag, eine einfache Erklärung vorzuschlagen.« Er wandte sich Haven zu. »Lady Fayth, es scheint, dass unser Freund ein Portal gefunden hat, das direkt zu einer Welt führt, die ein Phänomen enthält, das er mit gutem Grund als die Seelenquelle identifiziert hat, ja? Dieses Portal wurde markiert, wie es so häufig der Fall ist, von den vorzeitlichen Bewohnern jener Gegend. In diesem Fall erfolgte das nicht mit Steinen oder Erdarbeiten, sondern mit einem Gebäude, das aus den Knochen verstorbener Geschöpfe errichtet wurde. Prego! Das Knochenhaus.«
Haven blickte zu Kit. »Ist es das, was du zu sagen versucht hast?«
»Mehr oder weniger«, räumte er ein.
»Sind wir jetzt alle auf derselben Wellenlänge?«, wollte Mina wissen, die in die Runde am Tisch blickte.
»Für die Zukunft könnte man sich mehr sprachliche Präzision erhoffen«, erwiderte Haven unverdrossen. »Auf alle Fälle scheint es wohl am vernünftigsten zu sein, unverzüglich zu dem zurückzukehren, von dem du glaubst, es könne die Seelenquelle sein, und diese Vermutungen von dir
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