DSR Bd 4 - Das Schattenlicht
entgegnete er, während seine Augen reflexartig auf dem Platz nach Burley-Männern Ausschau hielten. »Was machst denn du hier?«
»Wir sind gerade erst angekommen.«
»Wir? Ist Burleigh bei dir?« Kit intensivierte seine Überprüfung des Platzes und suchte auf der linken und rechten Seite nach irgendwelchen Anzeichen einer sich andeutenden dunklen Gestalt. »Wo ist er?«
»Ich kann das ehrlicherweise nicht sagen, Kit. Direkt nach deinem Verschwinden haben der Schwarze Earl und ich uns getrennt.« Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, mit dem sie ihn von Kopf bis Fuß musterte. »Aber lass dich anschauen, mein lieber Freund. Du scheinst vor Gesundheit nur zu strotzen.«
»Das habe ich bestimmt nicht deinem Freund, dem Earl, zu verdanken.«
»Oh, Christopher«, mokierte sie sich und nahm den Tonfall eines Elternteils an, das ein ungehorsames Kind tadelte. »Du kannst doch nicht einen einzigen Moment lang glauben, ich würde mir wünschen, dass du irgendeinen Schaden erleidest. Tatsächlich habe ich – als ich dahinterkam, was Lord Burleigh getan hatte – alles darangesetzt, jegliche Erfolge zu vereiteln, die sich bei seinen Bemühungen, deine Aufenthaltsorte zu entdecken, hätten einstellen können. Du kannst Wilhelmina fragen; sie weiß sehr genau, wie ich seine Pläne durchkreuzt habe. Oder …« – sie zeigte auf zwei Gestalten, die hinter ihr über den Platz voranschritten – »… du kannst Giles fragen. Er wird dir dasselbe erzählen.«
»Giles!«, rief Kit und trat um Haven herum, damit er ihn grüßen konnte. »Giles, Ihr seid hier.« Er ergriff die Hand des Dieners und schüttelte sie kräftig. »Wie geht es Euch? Was macht der Arm? Seid Ihr geheilt?«
»Gesund und munter, Sir«, erwiderte Giles, der unter Kits enthusiastischer Begrüßung vor Schmerz zusammenzuckte. Wie zuvor Haven nahm er Kits veränderte Erscheinung mit Anerkennung auf. »Ihr, Sir, habt uns Grund zu einiger Sorge gegeben. Aber ich sehe, dass es Euch in der Tat sehr gut ergangen ist.«
»Frische Luft und ein gesundes Leben; das ist alles«, erklärte Kit. »Ich werde Euch alles darüber berichten.«
Er bemerkte, dass sich eine andere junge Frau zu ihnen gesellte, und wandte sich der Fremden zu.
Sie war ein paar Zoll kleiner als Haven, und ihr Gesicht war halb verborgen unter einem breitkrempigen Hut. Mit einem starken Interesse in ihren großen dunklen Augen starrte sie ihn an. » Sie sind Kit Livingstone?«
»Das bin ich wirklich«, antwortete er. »Kennen wir uns irgendwoher?«
»Nein«, erwiderte sie rasch. »Es ist nur, dass wir hierhergekommen sind mit der Hoffnung, Sie zu finden, und … Nun, hier sind Sie – die erste Person, der wir begegnen.«
»Bitte gestattet mir das Vergnügen, Euch Miss Cassandra Clarke vorzustellen. Ich bin mir sicher, Ihr beide werdet Euch glänzend miteinander verstehen«, schmeichelte Haven. »Cassandra, dies ist Christopher Livingstone, der es viel lieber vorzieht, unter dem Namen Kit bekannt zu sein; der Himmel allein weiß, warum.«
»Freue mich, Sie kennenzulernen, Kit«, sagte Cass und streckte ihre Hand aus.
»Ich bin entzückt«, erwiderte Kit und nahm die dargebotene Hand an. »Aus welchem Teil von Amerika kommen Sie?«
»Ist das so offensichtlich?«
»Tut mir leid, das ist eine schlechte Angewohnheit von mir. Ein englisches Mädchen hätte ihre Wange angeboten«, antwortete er, dann beugte er sich nah zu ihr und gab ihr einen schnellen, flüchtigen Kuss. »Bin sehr glücklich, Sie kennenzulernen, Cassandra.«
Im Unterschied zur gertenschlanken Lady Fayth – und nur nach dem zu urteilen, was er unterhalb ihres langen, wollenen Mantels sehen konnte – hinterließ die in ihrem Kreis neu Angekommene den Eindruck, irgendwie kräftiger zu sein. Vielleicht waren es ihr kompakter, athletischer Körper oder der nüchterne Schnitt ihres mittellangen braunen Haars oder ihre ausdrucksstarken dunklen Augen, die auf unergründete Tiefen hindeuteten. Keine dieser Eigenschaften war an sich bemerkenswert, doch zusammengenommen vereinigten sich ihre Merkmale zu einem Eindruck, der einen ganz und gar angenehmen Anblick darstellte.
Kit ertappte sich dabei, sie anzugaffen. »Wie ist es denn passiert, dass Sie diese beiden kennengelernt haben?«, sprudelte es aus ihm heraus.
Noch bevor Cass antworten konnte, redete Haven dazwischen. »Alles wird beizeiten offengelegt. Dürfte es jedoch nicht im Augenblick das Beste sein, wenn wir unser freudiges Wiedersehen ins Innere verlegen, fort von
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