Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

Titel: DSR Bd 4 - Das Schattenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
Vom Netzwerk:
aus ziegelfarbigem Gestein zu sein. Eine genauere Untersuchung enthüllte, dass der Fels aus Kalktuff bestand – weiches, poröses vulkanisches Gestein, das einen großen Teil von Zentralitalien bedeckte. Glatte terrakottafarbene Wände zeigten die schraffierten Markierungen der Werkzeuge, die benutzt worden waren, um das Gestein wegzumeißeln und die Wandung auf beiden Seiten bis zu einer Höhe von zwei oder drei Metern aufsteigen zu lassen. Auf diese Weise war ein tief liegender Pfad erschaffen worden: ein Heiliger Weg.
    Aufgrund seiner Forschungen wusste Douglas, dass diese verborgenen Nebenwege die ganze Gegend hier zerfurchten. Aber er hatte sich nicht vorgestellt, dass sie so groß und so tief waren. Ein paar Dutzend Schritte voraus bemerkte er einen Türeingang, der in die Grabenwand hineingehauen war. Die schneckenförmigen Oberbalken waren mit einer Girlande aus frischen Blumen gedeckt, und an der Schwelle stand ein Tonkrug, der in Schwarz und Rot verziert war.
    »Es hat funktioniert«, sagte er glücklich zu sich selbst; dabei sprach er in einem hauchenden Ton. »Es hat verdammt gut funktioniert. Wir sind hier.« Er wandte sich Snipe zu. »Los, vorwärts.«
    Sie begannen, den Graben entlangzugehen. Kurz hielten sie an der dekorierten Tür an. Es war ein Grabmal, so wie all die aus Kammern bestehenden Schlupfwinkel, die den Heiligen Weg der Länge nach säumten. Durch den Blumenschmuck konnte Douglas erkennen, dass sich irgendein Verstorbener innen drin einen Wohnsitz genommen hatte und dass die Beerdigung erst kürzlich gewesen war. Er verweilte beim Grabmal. Die Tür war aus Kalktuffgestein, und sowohl sie als auch den Türsturz hatte man frisch angemalt mit einem lebhaften Blau, der etruskischen Farbe des Todes und der Ewigkeit.
    Douglas betrachtete die Tür, dann bückte er sich und nahm den Krug auf. Das Behältnis war versiegelt. Doch er brach das Siegel auf und hob das Gefäß zu seinem Mund. »Auf die Unsterblichkeit«, sagte er; anschließend trank er einen großen Schluck, der seinen Durst stillte. Der Wein war süß und warm. Er trank erneut und reichte den Krug an Snipe weiter. »Lass uns nachschauen, wen wir finden können.«
    Sie folgten dem grabenähnlichen Pfad, bis sie zu einer T-Kreuzung kamen. An der Einmündung war eine Treppenflucht in die Wand gehauen worden, und nachdem die zwei Reisenden die Stufen hinaufgestiegen waren, tauchten sie in eine klassische toskanische Landschaft aus sanft gewellten Hügeln auf, die sich durch schlanke dunkle Zypressen hervorhoben, die wie Ausrufezeichen dastanden. Ein einfacher Feldweg führte von dem nun für sie verborgenen Heiligen Weg fort. Im Westen lag unter einem blendenden Himmel, an dem die Wolken entlangjagten, eine niedrige Anhöhe mit Getreidefeldern, auf denen das Korn noch unreif war; im Osten war ein Wald aus Steineichen und Pinien, der wie eine stachelige grüne Decke die sanften Erhebungen überzog.
    Als er dastand und die Landschaft auf sich einwirken ließ, erschienen in geringer Entfernung zwei einheimische Bauern auf dem Pfad, die einen jungen Ochsen führten. Sie verlangsamten ihre Schritte, während sie näher kamen, und nahmen die absonderliche Bekleidung der Fremden in sich auf. Die Bauern – ihrem Aussehen nach zu urteilen, waren es ein Vater und sein Sohn – trugen hellrote, knielange Tuniken, Sandalen und breitkrempige Strohhüte. Douglas hingegen hatte eine schwarze Hose und ein locker sitzendes weißes Hemd an. Ein Mann in einem dreiteiligen Geschäftsanzug am Badestrand wäre nicht unangebrachter erschienen.
    Es gab keine Möglichkeit, seine Fremdartigkeit zu verschleiern, und so griff Douglas sie bereitwillig auf. Er hob seine Hand zum Gruß und rief laut: »Hallo! Wir sind Reisende.« Die beiden Landeier tauschten einen verwirrten Blick. Da er wusste, dass man ihn nicht verstehen würde, stürzte sich Douglas mutig nach vorn. »Was für ein Land ist das hier?«
    Der ältere der zwei Einheimischen sagte etwas in einer Sprache, die keiner einzigen ähnelte, die Douglas jemals gehört hatte: Es handelte sich bestimmt nicht um Latein – das zu gebrauchen er gehofft hatte –, und es war definitiv kein Italienisch. Die Bauern musterten ihn von oben nach unten, dann betrachteten sie Snipe, der in diesem Moment einem Grashüpfer die Beine abriss. Die zwei blickten sich noch ein letztes Mal gegenseitig an und eilten auf ihrem Weg weiter, wobei sie voller Argwohn einen großen Bogen um die Fremden machten.
    Douglas’

Weitere Kostenlose Bücher