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Du bes Kölle: Autobiografie

Du bes Kölle: Autobiografie

Titel: Du bes Kölle: Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Engel
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sollst du denen den Strom kappen. Da han ich immer et ärme Dier jekräje. Das ging gar nicht. Und dann habe ich eben in mein Formular geschrieben: »Nicht angetroffen«. Und notfalls auch beim nächsten und übernächsten Mal: »Nicht angetroffen«. Denn so etwas machte ich nicht, da konnten die lange drauf warten. Ich habe kein einziges Mal irgendeinem armen Schwein den Strom abgestellt. Das war meine Art der Verweigerung, fertig, aus.
    Irgendwann hatte Herrmann Otto ein Einsehen. Denn wenn ich mal wieder zu spät dran war morgens, musste ich immer quer durchs Büro, an allen Tischen vorbei. Also nahm er mich eines Tages zur Seite und meinte: »Damit wir hier keine Scherereien kriegen, versetzen wir Sie jetzt in die Rosenstraße im Vringsveedel. Da kriegen Sie ein eigenes Büro und können auch später anfangen. Und dann setzen Sie sich da hin und rechnen die Ampelanlagen der Stadt Köln aus.« Was das bedeutete? Es ging darum, zu ermitteln, wie viel Strom Ampeln und Straßenlaternen an bestimmten Stellen in der Stadt fressen. Auf dieser Grundlage sollte ich dann verschiedene Berechnungen zur besseren Effizienz anstellen.
    Den ganzen Vormittag über saß ich allein in meinem kleinen Büro. Aber wenn ich dann um die Ecke zur Kantine hochging, stand ich immer öfter im Mittelpunkt. Kaum hatte ich mich vom Buffet umgedreht, rief schon irgendwer: »Herr Engel, kommen Sie doch zu uns rüber.« Und dann habe ich mein Kotelett halt mit den Chefs gegessen.
    Letztlich war auch denen klar: Die hatten mir einen Job zugeschustert, auf dem ich regelrecht »Freio« hatte – weil inzwischen jeder die Bläck Fööss kannte und ich trotzdem noch ein bisschen Geld nebenher verdienen musste. Nett eigentlich, von heute aus betrachtet. Aber ich wusste: »Das ist nichts für dich, hier wirst du auch nicht alt.« Und ich spürte gleichzeitig, dass ich, was meine Geldjobs betraf, auf der Zielgeraden war. Dass ich hier in der Südstadt auf ein Ende zusteuerte.
    Schon 1970, als ich bei der GEW angefangen hatte, war der »Rievkooche-Walzer« erschienen, die erste Single der Bläck Fööss. Seit April 1971, als Kai geboren wurde, hatten Irmgard und ich drei Kinder zu versorgen. Deshalb war dieses feste Gehalt von der GEW viel Wert für uns. Aber schließlich habe ich doch die Konsequenz gezogen und im Sommer 1974 gekündigt.

EIN KLEINER, TRAURIGER JUNGE
    Ich hätte nie gedacht, dass aus den Bläck Fööss mal etwas werden würde. Keine Ahnung, wie die anderen Bandmitglieder das damals sahen. Aber in meinen Augen war das zunächst alles ein Scherz gewesen, mir kam das wie ein verrückter Ausflug vor. Danach kommt man zurück, und alles ist wie gehabt. Zumal unsere erste Single aus zwei Walzern bestand, das war ja nun wirklich nicht das, was mir so vorschwebte. Ich war immer darauf bedacht, die Musik zu spielen, die mir Spaß machte. Und das waren nun mal in jener Zeit die Songs der Beatles, Kinks oder auch der Stones. So etwas auf Kölsch zu machen, dachte ich mir, könnte wirklich klasse sein. Zum Glück war unsere zweite Veröffentlichung dann tatsächlich eine Beatnummer. Und nicht nur das, sie wurde ein echter Hit: »Drink doch eine met«.
    Mit diesem Song konnte ich sehr gut leben, da steckten meine Wurzeln drin. Ich habe es ohnehin immer so gesehen, dass die Fööss eine Beatband waren. Oder besser: So wollte ich es immer sehen. Unter »Drink doch eine met« liegt ein richtiger Beatrhythmus. Eigentlich klingt dieses Lied wie eine Ballade der Beatles, man muss sich dazu nur mal »Hey Jude« anhören. »En unserem Veedel« geht musikalisch in dieselbe Richtung. Und »De Mama kritt schon widder e Kind« ist zwar eher Bubblegum-Musik, aber durchaus auch beatlesorientiert. Man denke nur an »Ob-la-di, Ob-la-da«.
    Die ersten Playbacks haben wir nicht selbst gespielt. Das ist sehr schade, doch dazu später mehr. Und auch mit den Arrangements konnten wir nicht wirklich zufrieden sein, aber gut: Genau so kennt man diese Songs noch heute, das sind alles Evergreens geworden.
    »Drink doch eine met« entstand aus dem Kinderlied »Mach doch bei uns mit«, das ebenfalls aus der Zeit von Bettys Beat-Box-Haus stammte. Komponiert worden war es von unserem Organisten Fred Hook, und der Text handelte ursprünglich von einem kleinen Jungen, der traurig aussieht und von allen gemieden wird. Bis ein kleines Mädchen auf ihn zugeht und sagt: »Komm, mach doch bei uns mit.« Und aus diesem kleinen Jungen wurde der alte Mann vor der »Weetschaftsdür«, der

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