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Du bes Kölle: Autobiografie

Du bes Kölle: Autobiografie

Titel: Du bes Kölle: Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Engel
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gerade einmal 20 Jahre alt, zweifacher Vater und wohnte mit der ganzen Familie auf 33 Quadratmetern in Porz-Grengel. Irmgard hatte bis zu Renés Geburt als Einzelhandelskauffrau bei Reinardy gearbeitet, die machten in Textilien. Mit den Kindern fielen diese Einnahmen allerdings weg. Und deshalb brauchte ich ständig Geld.
    Auch Erry war bei der GEW beschäftigt, in einer kleinen Dependance in Porz. Die Stadt blieb zwar bis 1975 selbstständig, wurde aber von Köln aus mit Gas, Strom und Wasser beliefert. Weil Erry schon eine Weile dabei war, konnte er sich inzwischen auf einem Bürojob ausruhen. Ich hingegen kam vom Regen in die Traufe.
    Meine Hauptarbeit bestand zunächst darin, Stromzähler zu wechseln. Und das hatte natürlich auch wieder mit Stemmeisen und Hilti zu tun. Manchmal fuhr ich jedoch auch mit meiner Kladde zu Gewerbebetrieben, um dort sämtliche elektrifizierte Maschinen aufzunehmen. Vor Ort wurde deren Stromaufnahme notiert und aus den geschätzten Kilowattstunden der Grundpreis errechnet. Aus der Größe des Betriebes und verschiedenen weiteren Parametern setzte sich schließlich die Gesamtrechnung zusammen. Und so schöckelte ich also von einem Laden zum nächsten, immer in einem kleinen Ford-Kastenwagen. Ein 17M oder 12M war das, in Hellblau. Irgendwann später verordnete sich die GEW ein rot-weißes Design, ab dann wurde alles auf die Kölner Farben geeicht.
    Eine Weile begleitete mich auf meinen Fahrten ein ziemlich unangenehmer Kerl. Wenn mich nicht alles täuscht, war er NPD-Mitglied. Man erzählte sich, dass er bei einschlägigen Veranstaltungen gerne als Ordner auftrat. Er war nicht direkt mein Vorgesetzter, aber halt länger dabei. Dass ich ihm nicht geheuer war, habe ich vom ersten Moment an gemerkt. So richtig an mich ran kam er jedoch nicht. Denn zum einen war ich inzwischen kein ganz unbekannter Sänger mehr, und zum anderen hatte ich bei unserem Chef einen Stein im Brett. Herrmann Otto, Ingenieur und Leiter unserer Porzer Zweigstelle, hat mich immer in Schutz genommen, wenn ich zu spät kam.
    Der Typ hingegen konnte so etwas überhaupt nicht verstehen. Der erledigte seine Arbeit immer streng nach Vorschrift und sehr straight. Nicht dass ich Angst vor ihm gehabt hätte, mich konnte so schnell keiner einschüchtern. Aber das war ein düsterer Mensch, mit dem ich da tagtäglich auf Tour ging.
    Einmal, an einer Straßenbahnhaltestelle in Porz, wäre ich ohne gutes Werkzeug draufgegangen. Mein Kollege hatte mir seine Plombenzange geliehen, weil ich an einem Nachtstromspeicherzähler zu tun hatte. Dabei muss ich wohl irgendwo zwei Phasen berührt haben. Mit einem lauten Knall flog mir die Zange aus der Hand, begleitet von einem Feuerblitz. Ich selbst hatte nichts abbekommen. Aber der Stahl vorne an der Zange war geschmolzen und verformt. Später gab es ein Lied, das mich an diesen Vorfall erinnerte: »Die Drei vun d’r Eierquell«. Da heißt es an einer Stelle: »Zwei Drähte gehörten wohl nicht zusammen – Rhein in Flammen.«
    Erträglicher – und weniger gefährlich – wurde mein Job, als er sich dann mehr oder weniger auf das Ablesen von Stromzählern beschränkte. Wenn am Abend mal wieder ein Gig anstand, kam mir oft Erry zu Hilfe. Dann schusterte er mir immer ein paar Aufträge zu, die eigentlich schon erledigt waren. Man muss bedenken, dass ich manchmal erst um 4 Uhr ins Bett kam, aber um 7 schon wieder auf der Arbeit antanzen sollte. Man fällt halb tot ins Bett, und kaum hat man zwei Mal durchgeatmet, klingelt schon der verdammte Wecker. »Leever Jott, das kann doch nicht wahr sein«, denkt man sich da. Das war richtig hart, oft war ich morgens völlig am Ende. Also gab Erry mir diese Scheinaufträge, und ich ging mit denen ins Auto und legte mich pennen.

KOTELETT MIT DEN CHEFS
    Damals in den frühen 70ern begann auch die Zeit, in der ich hin und wieder von Fremden erkannt wurde. Ich klingele, die Hausfrau öffnet und sagt: »Ach, sind Sie nicht der von den Bläck Fööss?« Man kennt diese Storys von den frustrierten Hausfrauen und den Monteuren. Klar habe auch ich manchmal gemerkt, dass da etwas im Raum stand. Aber um die Gelegenheit dann auch zu ergreifen, muss man anders gestrickt sein als ich. Solche Nummern waren noch nie was für mich.
    Wirklich bewegend fand ich hingegen jene Fälle, in denen Menschen der Zähler gesperrt werden sollte. Da klingelst du morgens an irgendeiner Hochhaustür, und vor dir steht eine abgekämpfte Frau mit zig plärrenden Kindern. Und dann

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