Du bist das Boese
putzte auf der anderen Seite die Fenster ihres Pförtnerhäuschens, damit es während ihrer Abwesenheit schön glänzte. Sie wurde fast ein bisschen zutraulich. »Tut mir leid, das mit dem Rauchen. Aber der Conte ist ein herrschsüchtiger Fanatiker, und sein Sohn ist noch schlimmer.«
Offensichtlich erfreute sich Conte Tommaso dei Banchi di Aglieno nicht der Sympathie der mürrischen Pförtnerin. Ganz zu schweigen von dem gestörten Jungen mit dem Fernglas.
Ich schaute zur Terrasse von Villa A hoch. Ein kurzes Aufblitzen, mehr nicht. Manfredi war schüchtern heute.
Angelo und Alessandrini tauchten auf der Terrasse von Villa B auf und winkten mir mit ausladenden Gesten zu, dann verschwanden sie wieder drinnen. Das Pförtnertelefon klingelte. »Der Kardinal bittet Sie, nach oben zu kommen«, richtete Gina mir aus. »Dann verabschiede ich mich schon mal von Ihnen. Ich gehe noch in die Messe, bevor ich abreise.«
Dieser verfluchte Pfaffe, als ob mich sein Geschwätz interessieren würde. Ich dachte gerade darüber nach, ob ich nicht doch noch mein Glück bei Elisa versuchen sollte, als plötzlich eine blaue Limousine vor dem Gittertor hielt. Der Chauffeur sprang heraus, um Conte Tommaso dei Banchi di Aglieno die Autotür aufzuhalten, während Signora Gina schnell den Fußgängereingang öffnete.
Auf einmal stand er vor mir, tadellos gekleidet und trotz der Hitze ohne ein Tröpfchen Schweiß am Leib.
»Wie ich höre, sind Sie Polizist und ein Freund von Dioguardi. Sind Sie dienstlich hier?«
Ich ging davon aus, dass er scherzte, und lachte dämlich. Der Conte musterte mich wie einen Idioten, drehte sich ohne ein weiteres Wort um und begab sich zu seiner Villa. Ich blickte ihm nach und haderte mit mir, weil ich mich so unterlegen gefühlt hatte. Ein unangenehmes Gefühl, das ich eigentlich nicht kannte.
Unschlüssig machte ich mich auf den Weg zur Villa B. Fast hätte ich mich wieder zwischen Tennisplatz und Swimmingpool verlaufen. Und wieder traf ich Padre Paul, genau wie bei meinem ersten Besuch.
»Commissario, der Kardinal wartet auf Sie.« Diesmal war er ganz ernst und lächelte auch nicht. Er wirkte angespannt, das rote Haar war zerzaust, und hinter der Brille huschten seine blauen Augen hin und her. Um sich verständlich zu machen, hatte er sogar ein Verb aus dem Hut gezaubert.
»Sehen Sie sich heute Abend auch das Spiel an, Paul?« Eigentlich fragte ich das nur, um Zeit zu schinden, weil ich innerlich noch einen kleinen Kampf mit mir austrug.
»Ja, in San Valente, mit den Kindern. Ich jetzt schon spät.« Damit ging er, ohne sich zu verabschieden.
Ich blieb stehen und sah zum Fenster der Göttin hoch. Es war als einziges geöffnet, und draußen auf dem Fensterbrett stand nun eine Blume, die das Mädchen dort hingestellt haben musste, als die Sonne nicht mehr so brannte. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Den Blick auf das Fenster gerichtet, verharrte ich ein paar Minuten unentschlossen.
Dann ging ich zum Fahrstuhl und starrte auf die Knöpfe mit den Nummern zwei und drei.
Auf dem Flur des Kardinals wartete bereits Angelo auf mich. Schweigend durchquerten wir den großen menschenleeren Salon bis zum privaten Arbeitszimmer von Cardinale Alessandrini. Der saß, in Rot gewandet, hinter einem großen Schreibtisch und blätterte in den Akten, die Elisa vorbereitet und Signora Gina ihm hochgebracht hatte. In diesem Ornat und in diesem Raum machte er einen ganz anderen Eindruck auf mich. Dieser Mann war nicht nur ein energischer und intelligenter Priester, er war auch ein mächtiger Mann, der immer mehr Macht bekommen würde. Angelo dagegen wirkte nervös. Es schien Ärger zu geben, irgendein ungelöstes Problem.
»Commissario Balistreri, wollten Sie gar nicht hochkommen, um mich zu begrüßen?«, empfing er mich. Sein Ton war herzlich, aber ich spürte, dass irgendetwas nicht stimmte.
Angelo war mit einer Zigarette auf die Terrasse hinausgetreten, und ich sah ihn hektisch in ein paar Akten blättern.
»Ich wollte nicht stören. Ich weiß, dass Sie und Angelo wichtige Dinge zu erledigen haben. Gibt es ein Problem?«
Alessandrini deutete auf den Stuhl ihm gegenüber. »Nichts, was Sie davon abhalten würde, nachher gemeinsam das Spiel zu sehen. Darf ich Ihnen eine Limonade anbieten, während Ihr Freund die Schwierigkeiten ausräumt?«
Bestimmt hatten Angelo und Elisa die Sache mit der Unterbringung noch nicht gelöst. Dieser liebenswürdige Mann in Rot konnte sicher sehr unangenehm werden.
Der Kardinal
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