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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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Sonneneinstrahlung bröckelte der Putz. Auf der anderen Seite der Wiese stand ein mittelgroßes Gebäude, daneben ein einsamer Baum, der erst kürzlich gepflanzt worden war.
    Ein Dutzend Kinder zwischen zehn und dreizehn Jahren spielten Fußball, eine blonde junge Frau um die zwanzig war Schiedsrichterin. Ein anderes Mädchen räumte einen langen Tisch ab, der unter dem Baum stand.
    Wir gingen um das Haus herum. Überall herrschte Unordnung. An diesem Ort gab es noch viel zu tun. Der hagere Padre Paul, der damit beschäftigt war, Schlafsäcke in einen alten VW Käfer zu laden, war schon ganz verschwitzt in seinem Talar.
    »Angelo, my friend!«, rief er, als er uns sah. »Dein Freund neuer Priester?«
    Diesmal lächelte ich ihm zu. Seine Versuche, Kontakt aufzunehmen, waren schon fast peinlich. Wir halfen ihm beim Beladen.
    »Eat mit uns?«, schlug Paul schließlich vor, als wir uns im maroden Waschbecken eines schlichten kleinen Badezimmers die Hände wuschen.
    Wir setzten uns unter den Baum. Das blonde Mädchen brachte uns Plastikteller mit einer lauwarmen Minestra, die nicht besonders schmeckte. Dann ging sie wieder, um das Geschirr abzuwaschen.
    »Helfen die Kinder denn nicht mit?«, fragte Angelo, der schon als kleiner Junge daran gewöhnt worden war, selber zu kochen, den Tisch zu decken und abzuspülen.
    »Difficult, wir nur am Anfang«, erklärte Paul. »You speak mit Kindern?«
    »Nein danke, vielleicht nächstes Mal, ich muss zurück auf die Wache. Ich habe gerade noch Zeit für eine Zigarette, wenn Rauchen hier gestattet ist.«
    Paul brach in Gelächter aus. »Ich no smoking, aber nicht wie der Conte. Hier alles open. Kill yourself if you like it.«
    Ich öffnete die zweite Schachtel an diesem Tag und zündete mir eine Zigarette an. Angelo verzichtete. Wie immer achtete er darauf, nicht mehr als zehn pro Tag zu rauchen.
    »Schon lange in Rom?«, fragte ich Paul. Ich merkte, dass ich Verben mied, als würde er mich dann besser verstehen.
    »Fast ein Jahr. I study an päpstlicher Universität and help Cardinale Alessandrini. When I finish I will go to Africa, to open Kinderheim wie hier.«
    Dann stellte Paul mir eine ernste Frage, woraus ich folgerte, dass er auch Verben benutzte.
    »Wie viele Jahren du waren, wenn du hast Berufung zu Polizist?« Er sagte wirklich »Berufung«. Klar, das Wort war Priestern natürlich geläufig.
    »Was meine Berufung betrifft, bin ich mir noch nicht sicher. Entschieden habe ich mich jedenfalls vor zwei Jahren.«
    Ich sah, dass er im Kopf nachrechnete, wie alt ich wohl war. Offenbar kam er zu dem Schluss, dass er noch ein paar Jahre hatte, um sich über seine Berufung klar zu werden. Einige seiner Glaubensgrundsätze würden in den kommenden Jahren noch auf eine harte Probe gestellt werden, dachte ich.

Sonntag, 11. Juli 1982
    Seit fast zwei Wochen tat ich kein Auge mehr zu. Die Fußball- WM in Spanien hatte die Lebensgewohnheiten der Italiener auf den Kopf gestellt. Nach einem holprigen Start hatten die Azzurri auf fast unerklärliche Weise Argentinien, Brasilien und Polen besiegt. Unvergessliche Stunden waren das, die von Pokerpartien mit Angelo und Alberto abgerundet wurden und für mich oft im Bett endeten, jedes Mal mit einem anderen Mädel.
    Es war der Tag des Endspiels gegen die Deutschen, und Rom schwelgte in einem latenten Siegesrausch, der jederzeit explodieren konnte. Italienische Flaggen waren überall ausverkauft. Wer sich nicht rechtzeitig eine besorgt hatte, hängte drei Handtücher in den Nationalfarben über das Balkongeländer. Irgendwann waren auch die Handtücher aus, und so bemalten die letzten Nachzügler in der Not ihre Bettlaken.
    Dass Italien an diesem Abend die WM gewinnen würde, stand außer Zweifel. Rom erwachte unter einem klaren Himmel und war ruhiger als gewöhnlich. Als wollten die Römer ihre Kräfte sammeln, um selbst das Finale gegen Deutschland zu bestreiten. Auch der sonntägliche Ansturm auf die Strände hielt sich in Grenzen, schließlich könnte man bei der Rückkehr im Stau stecken bleiben und nicht um Punkt halb neun vor dem Fernseher sitzen.
    Ich nutzte das aus und blieb im Kommissariat, um ungestört meinen Papierkram zu erledigen. Eigentlich war nicht viel zu tun, aber ich wollte sicher sein, abends nicht mehr gestört zu werden. Kurz vor dem Mittagessen rief Angelo an, der gerade mit Paola aus der Messe kam.
    »Ich habe einen wunderbaren Abend für dich organisiert, Commissario Balistreri.«
    »Wenn du die Abende so organisierst

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