Du bist das Boese
mich nur machen, Signor Questore. Es handelt sich nur um ein informelles Gespräch, und ich glaube nicht, dass er mir das verweigern wird.«
»Gibt es denn eine Verbindung?«
»Ja. Alles führt zurück ins Jahr 1982. Hagi ist der Ansicht, dass der Mörder von Elisa Sordi auch für seinen Streit mit Alina verantwortlich ist. Er könnte uns natürlich dazu bringen, einen Unschuldigen zu verhaften, aber das Risiko müssen wir eingehen.«
»Diese Buchstaben beginnen 1982 mit Elisa Sordi, das ist schon so lange her«, wandte Floris ein.
»Signor Questore, es hat jetzt keinen Vorrang, den Mörder von Elisa Sordi zu finden, damit haben wir uns ohnehin schon viel Zeit gelassen. Jetzt müssen wir Fiorella Romani retten, wenn sie noch am Leben ist. Elisa Sordi ist nur der Schlüssel, damit Hagi uns verrät, wo Fiorella steckt.«
»Am Montagnachmittag findet das Begräbnis von Dottor Pasquali statt, das ist in achtundvierzig Stunden. Regierung und Ausschuss befürchten, dass wir von der Presse zerpflückt werden, falls wir den Fall bis dahin nicht gelöst haben. Aber das interessiert mich alles nicht, Balistreri. Das Einzige, was noch zählt, ist, dass wir dieses Mädchen retten.«
Linda betrachtete die große Kuppel im Licht des Nachmittags. Es gab so vieles, worüber sie mit ihm hätte reden können, aber das hätte auch nichts geändert. Er war nicht der, den sie brauchte. Er war es einmal. Jetzt nicht mehr.
Jetzt brauchte sie jemanden, der imstande war, alles auf eine Karte zu setzen. Und das war jemand anders.
An diesem glühend heißen Nachmittag um fünf Uhr betrat Balistreri den von Priestern, Schwestern und Touristen überfüllten Petersplatz. Der Assistent hatte ihm mitgeteilt, dass Cardinale Alessandrini in seinem Arbeitszimmer auf ihn warte. Corvus Kontakte allein hätten diesmal nicht gereicht, um ihm diese Tür zu öffnen. Wenn sie aus den Angeln gehoben worden war, hatte das einzig mit der Entführung von Fiorella Romani zu tun.
Er folgte dem Assistenten durch lange, stille, mit Marmor verkleidete Korridore mit großen religiösen Fresken. Alessandrini saß in grauer Hose und weißem Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln an seinem Schreibtisch, einen Berg Papier vor sich. Diesmal schenkte er ihm kein Lächeln zur Begrüßung und kam gleich zur Sache.
»Dottor Balistreri, ich fürchte, Sie hatten recht mit Hagi. Ich hielt ihn für einen Menschen mit moralischen Prinzipien, die nicht die Tötung von Frauen vorsehen. Offensichtlich habe ich mich getäuscht.«
Balistreri verzichtete auf einen Kommentar. Er hatte weder Zeit noch Geduld für sinnlose Abschweifungen. Er hatte sich für einen Weg zur Wahrheit entschieden, der unbequem, aber notwendig war.
»Ich bin aus zwei Gründen hier, Eminenz. Der eine ist beruflich und der andere privat, obwohl beide eng miteinander verknüpft sind. Ich würde gern mit dem privaten beginnen.«
Alessandrinis Auffassungsgabe war bewundernswert. »Warum möchten Sie ausgerechnet bei mir die Beichte ablegen, Dottor Balistreri?«
»Niemand könnte besser beurteilen als Sie, ob ich aufrichtig bereue. Und es gibt noch einen zweiten, persönlichen Grund, auf den ich lieber erst bei der Beichte eingehen möchte.«
Alessandrini warf sich den Talar über, der an der Garderobe hing. »Gehen wir in die Privatkapelle. Um diese Zeit ist dort niemand.«
Balistreri folgte Alessandrini einen kurzen Korridor entlang. Die Kapelle war sehr klein, dunkel und kühl. Es duftete nach Weihrauch. Wenige einfache Kniebänke, ein Altar, ein Beichtstuhl. Alessandrini trat hinein und zog die Tür hinter sich zu. Balistreri kniete sich vor das Fensterchen, durch das er die Konturen des Kardinals nur erahnen konnte.
»Ich höre dir zu, rede nur.« Im Halbdunkel des Beichtstuhls klang seine Stimme vollkommen verändert. Sehr nah und doch weit entfernt.
»Ich bin seit über vierzig Jahren nicht mehr zur Beichte gegangen. Seit mich die Priester auf meiner Schule zum Messdiener machen wollten.«
»Der Herrgott setzt keine Fristen, keine Sorge.«
»In den vierzig Jahren habe ich viele Sünden begangen. Aber einige waren schlimmer als andere.«
»Du musst sie nicht alle aufzählen. Nur jene, die dich am meisten plagen und deren Bürde dich heute hierhergeführt hat.«
Balistreri begann zu erzählen, was er noch niemandem erzählt hatte, nur sich selbst, Tausende von Malen.
»Ich habe meine Kindheit in Libyen verbracht, in Tripolis. Dort hatte ich einen guten Kumpel. Und eine Freundin, die ich sehr
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