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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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die Tochter für die Rückkehr der Mutter alles auf Hochglanz gebracht hatte.
    »Signora Gina«, begann Teodori. »Haben Sie schon erfahren, dass vor der heutigen Tragödie, genau an dem Tag, an dem Sie nach Indien abgereist sind, ein anderes furchtbares Unglück geschehen ist?«
    Signora Gina hob den Blick, ihre Augen waren gerötet. »Meine Tochter hat mir das von Elisa Sordi gerade erzählt.«
    Ihr Blick schien aus dem Fenster hinter meinem Rücken zu wandern und irgendwo draußen auf dem Platz haften zu bleiben.
    Teodori schüttelte verärgert den Kopf und blickte zur Tochter, die den Kaffee einschenkte. »Was haben Sie Ihrer Mutter gesagt, Signorina?«
    Die junge Frau zitterte am ganzen Körper. »Nur dass Elisa Sordi ermordet wurde und dass die Contessa Ulla sich umgebracht hat.«
    »Glauben Sie, Manfredi hat Elisa ermordet?«, fragte Gina Giansanti unvermittelt. Ihre mürrische Maske war wie versteinert vor Schmerz.
    Teodori sah sie verblüfft an. »Woher wissen Sie das?«, fragte er.
    »Weil der Junge ein Monster ist, und der Vater ist noch schlimmer. Aber die arme Contessa, die war ein Engel, genau wie Elisa.«
    Ich beschloss, gleich auf den Punkt zu kommen, bevor all die Eindrücke und Gefühle sich wie eine Nebeldecke über Gina Giansantis Gedächtnis legen würden.
    »Erinnern Sie sich an den Sonntagnachmittag vor dem WM-Finale? Ich kam gegen halb sechs gemeinsam mit Angelo Dioguardi hierher, und Sie waren schon beim Packen.«
    »Das weiß ich noch gut. Kurz vorher war ich noch oben bei Elisa gewesen, um die Arbeit abzuholen und zum Kardinal zu bringen. Danach kamen Sie und Dioguardi. Er ging hoch zum Kardinal, und Sie blieben unten bei mir, weil Sie Ihre Zigarette zu Ende rauchen wollten. Dann rief Dioguardi an, und Sie gingen zu den beiden hinauf.«
    »Als Dioguardi, der Kardinal und ich etwa um zehn nach sechs wieder runterkamen, waren Sie nicht mehr da.«
    »Ja, ich war noch in der Messe. Danach habe ich beim Pfarrer Heiligenbildchen gekauft, um sie in Indien zu verschenken, und mit ein paar Frauen aus der Gemeinde geplaudert. Gegen halb acht war ich wieder hier und habe die Koffer zugeklappt. Für acht hatte ich ein Taxi zum Flughafen bestellt.«
    »In Ordnung, Signora Gina. Wir haben uns bereits erlaubt, das zu überprüfen. Sowohl der Pfarrer als auch die Gemeindemitglieder erinnern sich an Sie, der Taxifahrer ebenso«, sagte Teodori.
    »Warum haben Sie mich denn überprüft?« Sie schien beleidigt.
    »Weil Elisa Sordi genau in diesen Stunden da draußen ermordet wurde, nachdem sie um halb sieben ihre Karte gestempelt hatte«, erklärte Teodori geduldig. »In so einem Fall sind wir verpflichtet, alle genau zu überprüfen.«
    Gina Giansantis Blick war ein erstes Warnsignal. Das zweite kam aus meinem Innern, aus irgendeinem versteckten Winkel meines Gehirns, in dem ich alle Zweifel hatte begraben wollen. Mein Blick eilte durch das Küchenfenster hinaus und blieb auf dem von Ullas Blut besudelten Pflaster liegen. Das Blut war da, es gab kein Zurück. Weißes Blut, die Wunden der Seele.
    Gina Giansantis Worte drangen aus weiter Ferne zu mir, wie die erste Windböe, die einen Sturm ankündigt.
    »Sie täuschen sich. Elisa Sordi ist erst um acht gegangen, als ich gerade ins Taxi zum Flughafen stieg.«
    Die Espressotasse glitt Teodori aus den Fingern und ging auf dem Fußboden zu Bruch, zusammen mit all unseren Gewissheiten.
    Dreimal ließen wir es uns wiederholen. Das Taxi zum Flughafen war laut Funkzentrale für Punkt acht Uhr bestellt worden. Gina Giansanti hatte das grüne Gittertor durch ihr Küchenfenster genau im Blick. Um fünf vor acht sah sie Elisa Sordi, von der Villa B kommend, den Park im Laufschritt durchqueren und durch den Fußgängereingang verlassen. Ob dort jemand auf sie wartete, konnte sie nicht sehen. Ihr fiel nur auf, dass Elisa es eilig hatte, was sie sich mit dem baldigen Beginn des Fußballspiels erklärte. Fünf Minuten später kam ihr Taxi, was wir ja schon kontrolliert hatten. Um acht Uhr zweiundfünfzig checkte Signora Gina in Fiumicino für den letzten Flug nach London ein, wo sie am nächsten Morgen um sechs Uhr die Maschine nach Bombay nehmen wollte.
    Es gab keinen Zweifel. Um fünf vor acht hatte Elisa Sordi die Via della Camilluccia verlassen, kurz vor Manfredis Rückkehr. Es war ausgeschlossen, dass dieses endlose Massaker in wenigen Minuten stattgefunden haben sollte, mitten in der Via della Camilluccia, am helllichten Tag.
    Wir waren am Ende. Ich, Teodori, der

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