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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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schnappte gerade noch die Worte auf, die der Polizeichef Teodori zuraunte. »Sie sind sich doch sicher, was die Verhaftung von gestern angeht, oder? Hundertprozentig sicher?«
    Ich sah Teodoris besorgten Blick und nickte ihm zu.
    »Der Junge ist der Mörder von Elisa Sordi, da bin ich mir sicher«, sagte Teodori schnell.
    Cardinale Alessandrini drehte sich um und starrte mir in die Augen. Es war gar nicht nötig, dass er etwas sagte. Von unserer Gewissheit hielt er nicht viel. Wir waren nur gewöhnliche Sterbliche und folglich fehlbar.
    Mich fröstelte. Lag das an der für einen Julimorgen so absurden Kälte oder am Regen, der mir das Hemd an die Haut klebte? Oder war es die Angst, alles falsch gemacht zu haben? Missmutig ging ich zu der jungen Pförtnerin.
    Detailliert ließ ich mir berichten, was sie gesehen hatte. Unter Tränen wiederholte sie ihre Aussagen und ließ keinen Raum für den geringsten Zweifel. Die Contessa war allein auf die Terrasse getreten, aus eigenen Stücken aufs Geländer geklettert, hatte sich bekreuzigt und war ins Leere gesprungen.
    »Kommt Ihre Mutter nicht heute aus Indien zurück?«
    »Sie ist gestern von Bombay nach London geflogen und vor einer Stunde in Rom gelandet. Sie hat mich angerufen, um mir zu sagen, dass sie sich ein Taxi nimmt. Ich hatte nicht den Mut, ihr etwas zu erzählen. Sie muss aber gleich hier sein.«
    »Weiß sie auch noch nichts von Elisa Sordis Tod?«
    »Ich glaube nicht. In dem abgelegenen Nest gab es ja nicht mal ein Telefon.«
    In diesem Moment öffnete sich die Haustür der Villa A. Conte Tommaso dei Banchi di Aglieno war tadellos gekleidet wie immer. Sein stolzes Gesicht war eine starre, ausdruckslose Maske.
    Der christdemokratische Untersekretär ging auf ihn zu. »Exzellenz, der Innenminister und ich möchten Ihnen unser aufrichtiges Beileid aussprechen.«
    Der kalte Blick des Conte reichte aus, ihn zusammenfahren und zwei Schritte zurückweichen zu lassen, sodass er gegen den Polizeipräsidenten prallte. Der Regen hatte zugenommen. Es würde viel Regen brauchen, um das Blut von Ulla dei Banchi di Aglieno fortzuspülen. Mit Blut vermischte Rinnsale aus Wasser und Schlamm schlängelten sich über den Boden. Als der Conte an das Laken trat und es anhob, riss ein Donner den Himmel entzwei, und alle fuhren vor Schreck zusammen. Nur er nicht. Mit eisiger Ruhe ließ er das Laken zurücksinken und sah den Untersekretär und den Polizeipräsidenten an. Die starrten zu Boden.
    »Richten Sie dem Minister meinen Dank aus«, sagte er. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging wieder ins Haus.
    Ullas Leiche wurde in den Notarztwagen getragen, der zum Leichenschauhaus fuhr. Ich sah als Erster das Taxi hinter dem grünen Gittertor vorfahren. Die Tochter der Pförtnerin eilte hin, um zu öffnen, und der Kardinal schickte sich an, Signora Giansanti zu begrüßen.
    »Nein«, sagte ich unhöflich und stellte mich ihm in den Weg.
    Er sah mich an. »Nein? Und warum nicht?«
    »Signora Giansanti ist eine Zeugin und muss erst von der Polizei befragt werden, bevor irgendjemand mit ihr über die Geschehnisse spricht.«
    »Ich dachte, Sie hätten den Fall gelöst, Dottor Balistreri?«, gab Alessandrini kühl zurück.
    Ich überhörte seine Bemerkung. »Wir sind hier nicht im Vatikanstaat. Ich untersage Ihnen ausdrücklich, vor uns mit Gina Giansanti zu reden.« Ich war durchgefroren und wütend, und ich hatte Angst.
    Alessandrini sah zu den beiden Frauen hinüber, die sich in den Armen lagen. Mutter und Tochter, eng umschlungen. Die Jüngere redete unter Schluchzen, Signora Gina hörte zu. Ich schreckte auf, aber zu spät. Gina Giansanti kam auf uns zugelaufen und küsste den Ring des Kardinals. Tränen rannen ihr aus den Augen.
    »Eminenz, helfen Sie mir, ich kann es nicht glauben … Erst Elisa und jetzt Contessa Ulla …«
    Teodori näherte sich unsicher. Er hatte Gina Giansanti noch nie gesehen.
    Der Kardinal drückte der Frau beide Hände, ohne zu reden. Sie starrte ihn an, hoffte auf irgendeinen Trost.
    Ich ging dazwischen. »Signora Gina, wir müssen mit Ihnen reden, jetzt gleich.«
    Die Pförtnerin sah mich verwirrt an. »Was wollen Sie denn von mir?«
    Teodori stellte sich vor. Seine Art war bestimmt besser geeignet, jemanden zu beruhigen, als die meine. Wir zogen uns in das Pförtnerhäuschen zurück, in dem Gina Giansanti auch wohnte. Ihre Tochter kochte Kaffee, und wir setzten uns an den Küchentisch. Der Geruch von Bohnerwachs und Putzmittel deutete darauf hin, dass

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