Du bist die pure Sinnlichkeit
„Ich war lange im Krankenhaus, aber jetzt wohne ich bei meinem Dad, und Alexa ist meine Bewegungstherapeutin.”
„Oh, wow”, sagte Nathaniel.
Das Gespräch zwischen den beiden verstummte, und niemand sonst sagte etwas.
Alexa spürte, wie alle Augen auf sie gerichtet waren. Sie las nicht nur den Abscheu und die Mißbilligung auf Carries und Bens Gesicht, sondern sie konnte das Entsetzen ihrer Geschwister geradezu körperlich spüren.
Tyler ging unbefanger mit dieser Enthüllung um. „Du hast gar nicht erwähnt, daß Ryan Cassidys Tochter eine deiner Patientinnen ist, Alexa”, bemerkte er trocken.
„Du mußt es wohl vergessen haben, wie?”
„Mein Dad hat genauso ein Auto wie das da drüben”, rief Kelsey und zeigte auf einen roten 1963er Corvette Stingray. „Außer, daß Dads Wagen schwarz und völlig zerkratzt ist. Das haben ein paar Schurken letzte Nacht gemacht.”
Tyler klang sofort besorgt. „Ihr Stingray ist beschädigt worden?” Er warf einen unauffälligen Blick zu Ben, der Ryan noch immer finster anstarrte.
„Wie ist das passiert?”
Alexa und Carrie tauschten schockierte Blicke aus. Es war riskant mit Ryan über beschädigte Oldtimer zu sprechen, besonders wenn Ben dabei war.
Ryan beschrieb die Beschädigungen seines Wagens. Es klang sogar noch schlimmer als Gloria es geschildert hatte. Alexa flehte innerlich, er möge nicht erwähnen, wo sein Auto ramponiert worden war. Er tat es nicht, und sie seufzte leise vor Erleichterung auf.
Tyler drückte sein Mitgefühl über den Zustand des Corvette aus, doch Ben grinste nur boshaft.
„Fragst du dich, womit du es diesmal verdient hast, Cassidy?” meinte Ben gehässig.
„Du scheinst mit deinen Autos wirklich Pech zu haben, was? Zuerst kippt jemand Zucker in den Tank des 64er Thunderbird Coupes, und nun wird dein Stingray als Graffiti-Wand benutzt.”
Er lachte und war ganz offensichtlich erfreut über die Nachricht. Carrie und Tyler sahen empört aus. Alexa fühlte Panik in sich aufsteigen. Was, wenn Ryan darauf kam, wer seinen Wagen mit Zucker ruiniert hatte und Ben zur Rede stellte? Ein Blick auf Bens rebellischen Gesichtsausdruck machte ihr klar, daß er keinerlei Reue über seine Tat empfand und auch nicht bereit sein würde, so zu tun als ob.
„Interessant, daß du meinen Thunderbird erwähnst, Ben”, erwiderte Ryan mit samtweicher Stimme. „Nicht viele Leute wissen, daß er kaputt ist, und noch weniger wissen von dem Zucker.”
„Kelsey, hättest du Lust, mich zur Snackbar zu begleiten?” schlug Alexa übertrieben fröhlich vor. „Ich wette, du würdest dich über eine Coke freuen. Ben, warum kommst du nicht mit uns?”
Es war ein Befehl, keine Einladung. Sie mußte ihren Bruder von dort wegbekommen, weg von Ryans Fragen.
„Sehr geschickt, Alexa.” Ryan sah ihr einen Moment in die Augen, ehe sie den Blick abwandte. „Aber geh nur und nimm Kelsey mit. Ich werde gleich nachkommen.”
Seine Stimme war so ruhig, so beherrscht.
„Vorher möchte ich mich aber noch mit Ben unterhalten.”
„Ich will Eis und Popcom und eine Zuckerwatte”, verkündete Kelsey.
„Ich komme mit, Kleine”, meldete Nathaniel sich. „Du gehst voraus, Alexa.”
Sollte sie Ben und Ryan, die einander wie zwei Kampfhähne beäugten, allein lassen? Sie war hin-und hergerissen. Was, wenn Ryan Ben für seine Rachetaten tatsächlich anzeigte?
Nathaniel wartete nicht länger und schob Kelseys Rollstuhl in Richtung der Imbißstände.
„Komm schon, Alexa”, rief Kelsey und winkte.
Die Entscheidung wurde ihr abgenommen. Nun hatte sie keine andere Wahl mehr, als zu gehen; die Sorge um Kelsey ging vor. Die Gefahr war zu groß, daß Nathaniel das Mädchen aus Versehen irgendwo vergaß.
Ryan und Ben waren erwachsen. Sie würden ohne ihre Einmischung zurechtkommen.
Als sie sich mitten in der Menge vor den Erfrischungsständen befanden, war Alexa so durcheinander, daß sie kaum denken konnte. Das brauchte sie glücklicherweise auch nicht. Nathaniel und Kelsey plauderten fröhlich miteinander, während Nathaniel an jedem Stand wahre Berge von Leckereien kaufte.
„Das macht viel mehr Spaß, als sich einen Haufen alter Autos anzusehen”, erklärte Kelsey, während sie einen riesigen Schokoladenriegel auswickelte.
„Da hast du verdammt recht”, stimmte Nathaniel zu und lutschte an einer Eiscreme.
„He, da kommt dein Dad.”
Alexa wirbelte herum und sah Ryan mit entschlossenen Schritten auf sie zukommen.
„Können wir gehen, Kelsey?” fragte
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