Du bist die pure Sinnlichkeit
Ich wollte, daß mein Kind sich geliebt und geborgen fühlt und weiß, daß ihr Vater immer für sie da ist.”
„Ich glaube, Kelsey weiß das”, meinte sie sanft. „Doch du und Melissa, ihr müßt zu einem Waffenstillstand kommen, um Kelseys willen. Sie hat für ein kleines Mädchen viel zu viel Macht. Sie will nicht unbedingt, daß ihre Eltern sich gegenseitig die Hölle heiß machen, aber sie hetzt euch gegeneinander auf, solange ihr es zulaßt.”
„Das ist leichter gesagt, als getan. Melissa benutzt sie als…”
Alexa brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen, der Bände sprach.
Er grinste verlegen. „Ich schätze, es ist ziemlich einfach, Melissa für alles die Schuld zu geben.”
„Melissa liebt Kelsey. Und Kelsey liebt sie.”
„Es ist nur so, daß Melissa in meinen Augen nicht dem Idealbild einer Mutter entspricht”, wandte Ryan ein. „Sie ist hysterisch und schrill, streitsüchtig und neigt dazu, alles zu dramatisieren, und…”
„Melissa hat ebenfalls eine wenig schmeichelhafte Meinung von dir”, unterbrach sie ihn. „Ihr habt nicht ein gutes Wort für den anderen übrig habt. Ihr seht beide nur eure schlechten Seiten. Verstehst du denn nicht, daß Melissa nicht gerade ihre beste Seite zeigt, sobald ihr euch begegnet? Daß sie auch andere, liebevolle und gute Seiten hat, die du kaum erlebst?”
„Die ich nie erlebe”, knurrte Ryan. „Aber ich verstehe, was du meinst. Wenn Melissa es nur auch begreifen würde. Wäre es unverschämt, dich zu bitten, ihr diese Dinge ebenfalls zu erklären?”
„Ja, ich werde mit ihr sprechen, wenn du mir versprichst, nicht um das Sorgerecht für Kelsey zu kämpfen. Wenn Melissa nicht solche Befürchtungen hätte, Kelsey zu verlieren, wäre sie wahrscheinlich viel kooperativer.”
Ryan sah einen Augenblick schweigend zum Himmel hinauf, während sein Gesichtsausdruck sich von finsterer Ablehnung in Nachdenklichkeit wandelte.
„In Ordnung.” Seine Stimme war tief, leise und entschlossen. „Du kannst Melissa sagen, ich werde nicht um das Sorgerecht für Kelsey prozessieren.”
Sie konnte es kaum glauben. Ryan hatte mit ihr über seine Sorgen gesprochen, ja, geradezu seine Seele offenbart und zugegeben, daß er Fehler begangen hatte. Das wäre bei seiner maßlosen Arroganz und Überheblichkeit, die Alexa noch vor wenigen Tagen zu spüren bekommen hatte, undenkbar gewesen. Heute hatten sie miteinander geredet, einander wirklich zugehört und auch verstanden, was der andere sagte.
Doch plötzlich war das alles zuviel, zu intensiv. Alexa fühlte, wie Panik und Unsicherheit in ihr aufstiegen. Der Ryan Cassidy, der sie verraten hatte, der Mann, den sie nicht liebte, weil sie es nicht wagte, ihm erneut zu glauben, schien ihr vertrauter und berechenbarer zu sein, als dieser Mann, der jetzt vor ihr stand.
„Ich denke, du solltest Melissa selbst davon unterrichten, daß du die Sorgerechtsklage fallenläßt”, meinte sie und konzentrierte sich ganz auf ein Eichhörnchen, das durch das Geäst eines Baumes huschte. Sie spürte Ryans Blick und wußte, er wollte, daß sie ihn ansah.
Sie widerstand. Sie mußte ihr seelisches Gleichgewicht wiederfinden und sie würde es ganz verlieren, wenn sie in seine tiefen, dunklen Augen blickte.
„Melissa wird es nicht glauben, solange sie es nicht aus deinem Munde hört”, fügte sie hinzu.
„Sie wird es wahrscheinlich selbst dann nicht glauben”, meinte er ironisch. „Sie wird mir vorwerfen, irgendeinen Trick oder Betrug zu ersuchen, um sie in Sicherheit zu wiegen, ehe ich sie dann auf hinterhältige Art hereinlege.”
„Nicht, wenn du dich wie ein ernsthaft besorgter Vater gegenüber einer besorgten Mutter benimmst und dein Grinsen und dieses überhebliche Gehabe ablegst.”
Ryan hob die Brauen und grinste spöttisch. „Du kennst mich wirklich ziemlich gut.”
Plötzlich strahlte er genau diese Überheblichkeit aus, die Alexa so zuwider war. Die augenblickliche Verwandlung war erschreckend.
„Nein.” Sie schüttelte den Kopf. „Ich kenne dich überhaupt nicht.”
Ihre Gedanken wirbelten durcheinander. Der echte Ryan Cassidy sollte sich bitte endlich zeigen! Aber gab es überhaupt einen echten Ryan Cassidy, oder spielte er einfach verschiedene Rollen, damit er sich denen, die es wagten, ihn zu lieben, entziehen konnte?
Nicht, daß sie zu jenen Menschen gehörte, versicherte Alexa sich eilig. Die Zeit, in der sie Ryan Cassidy geliebt hatte, war ein für allemal vorbei. Sie verspürte das drängende
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