Du bist die pure Sinnlichkeit
diesmal klang er besorgt und entschuldigend. Alexa trat zur Seite, ihrerseits beunruhigt. Nie hatte sie Ryan Cassidy, den Inbegriff der Arroganz, so aufgewühlt erlebt.
Er sah zu Boden und zur Decke, nur nicht zu Alexa, während er schnell weiterredete.
„Dr. Eilender erwähnte, daß Kelseys Physiotherapeutin privat praktiziert. Ich wußte, du arbeitest im Krankenhaus, daher habe ich nicht erwartet, dich hier zu sehen, aber die Ärztin versicherte mir, du seist außergewöhnlich gut, und ich hoffe, du nimmst mir die anfängliche Überraschung nicht übel und…”
Er sprach hastig, während Alexa ihn mehr als nur ein bißchen befriedigt beobachtete.
Ryan Cassidy war nervös, und sie war diejenige, die diese Nervosität in ihm auslöste! Er hatte Angst, er könnte sie verärgert haben, Angst davor, sie könnte gekränkt sein und gehen. In der Vergangenheit hatte sie stets die Rolle der Verunsicherten gespielt.
Was für ein Rollentausch! Ironischerweise hatte es ihn, als sie beide noch ein Paar waren, nie interessiert, ob er sie verletzt oder verärgert hatte.
Doch nun, da er die Macht über sie verloren hatte, nun, da es sie nicht länger kümmerte, was er sagte oder tat, ausgerechnet jetzt entschied er, daß ihre Gefühle zählten, und wollte ihr entgegenkommen.
Natürlich, er braucht mich jetzt mehr als je zuvor, räumte Alexa zynisch ein. Er brauchte ihr Talent und ihr Können für sein Kind – das Kind, dessen Existenz zu erwähnen er nicht einmal für nötig erachtet hatte. In jenen Tagen, als sie ihm all ihre Gedanken, Hoffnungen und Träume anvertraut, eine gemeinsame Zukunft mit ihm geplant hatte, hielt er es nicht für nötig, ihr die grundlegendste und entscheidenste Tatsache über sich selbst mitzuteilen: daß er der Vater eines keinen Mädchens war.
Kelsey. Alexa kniff nachdenklich die Augen zusammen. Ihre neue Patientin war alles, was jetzt zählte, und nicht die beendete Liebesaffäre mit Ryan. „Bevor du auf die Knie sinkst, akzeptiere ich deine Entschuldigung”, erklärte sie kühl.
Ryan hielt mitten im Satz inne, unterbrach sein Umherlaufen und fixierte den Blick auf Alexa. „Es lag nicht in meiner Absicht, deine beruflichen Fähigkeiten anzuzweifeln. Wirst du bleiben? Bitte! Wirst du Kelsey als Patientin übernehmen?”
Es schien, als hielte er die Luft an während er auf ihre Antwort wartete.
Alexa vernahm die verzweifelte Hoffnung in seiner Stimme Sie erinnerte sich an all die vielen Male, an denen sie davon geträumt hatte ihn flehen zu hören, sie sollte bei ihm bleiben.
Kurz nach der Trennung endeten Alexas Träume stets damit, daß sie ja sagte und er sie in die Arme schloß und sie wieder glücklich vereint waren. Später, als der Schmerz sich in wütende Abneigung verwandelt hatte, sah das Ende dieser Träume anders aus. Sie wollte Rache und die beste Rache, die sie sich denken konnte, war, ihm seine Bitten abzuschlagen und zu gehen - freilich nachdem sie einige angemessene vernichtende Bemerkungen gemacht hätte, die ihn auf ewig verletzen würden.
Die Situation hatte sich mittlerweile geändert, doch Alexa konnte das alte Racheszenario noch immer in die Tat umsetzen. Er bat sie um etwas, und sie konnte es ihm abschlagen. Vermutlich würde es ihn mehr treffen, ihm ihr berufliches Können vorzuenthalten als ihm ihre Liebe zu verweigern.
Sie blickte zu Ryan und sah, daß er sie angespannt beobachtete.
„Alexa, ich weiß, daß das, was in der Vergangenheit zwischen uns passiert ist…” -er hielt inne und schluckte-,…. unerfreulich war.“
„Unerfreulich”, wiederholte Alexa. Als er sie verließ, brach für sie eine Welt zusammen. Und er nannte dieses Ereignis „unerfreulich”. Sie hob die Augenbrauen.
„Ich mag diese Untertreibung”, bemerkte sie trocken. „Du bist nicht dafür bekannt, doch du solltest diese Art von Humor mehr in deinen Comics verwenden. Gewöhnlich ist deine Satire ja so feinsinnig wie eine Wasserstoffbombe.”
Ryan seufzte frustriert. Alexa erinnerte sich daran, wie schnell bei ihm auf Ungeduld Frustration folgte. Damals hatte sie es für ein Zeichen seiner hohen Intelligenz und Kreativität gehalten, doch heute sah sie das anders. Ryan Cassidy war verwöhnt und hielt es für normal, daß alles immer nach seinem Willen ging, und er wurde gereizt, wenn er ihn nicht sofort bekam. Daran gab es nichts zu beschönigen.
Sein Ton wurde drängender. „Alexa, meine Tochter hat nichts mit dem zu tun, was zwischen uns gewesen ist,
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