Du bist in meiner Hand
herumzuschlagen. Solche Leute sind zu allem fähig.«
Beim Gedanken an die Mutter des Mädchens fühlte Thomas sich innerlich ganz leer. Die schlimmsten Befürchtungen dieser Frau hatten sich bewahrheitet: Sie war jetzt ganz allein auf der Welt.
»Was ist mit den beiden anderen fehlenden Mädchen?«, fragte er.
Andrew schüttelte den Kopf. »Die stammten beide aus Mexiko. Wir vermuten, dass sie wieder verkauft wurden.«
»Und so geht die Geschichte immer weiter«, bemerkte Thomas. »Es wird nie aufhören, oder?«
Andrew zuckte mit den Schultern. »Zumindest werden wir es nicht mehr erleben, fürchte ich.«
»Wie lauten die guten Nachrichten?«
Porters Miene hellte sich ein wenig auf. »Abgesehen von DeFoes Tod war der Einsatz gegen den Klein-Ring ein voller Erfolg. In acht Städten wurden einundsechzig Opfer gerettet, davon fünfunddreißig noch minderjährig. Vierzig Verbrecher sitzen hinter Gittern. Kandyland wurde dichtgemacht und ein Arsenal an Computern beschlagnahmt. Pädophile auf der ganzen Welt sitzen quasi vor uns auf dem Präsentierteller. Hinzu kommen zwanzig Millionen Dollar auf Offshore-Konten, die unsere Staatskasse aufbessern werden. Das Ganze wirft natürlich auch ein sehr gutes Licht auf die Behörden. In Washington sind alle ganz aus dem Häuschen.«
»Wie schön für sie«, meinte Thomas. Er wollte nicht schnodderig klingen, aber Abbys Tod setzte ihm sehr zu. Zum hundertsten Mal wünschte er sich, er wäre damals schneller gewesen und hätte den schwarzen Geländewagen eingeholt.
»Und die zweite gute Nachricht?«
Andrew, der merkte, in welcher Stimmung sein Freund war, breitete entschuldigend die Arme aus.
»Ich glaube, wir schaffen es, Sita vor dem Holi-Feiertag nach Hause zu schicken. Der stellvertretende Leiter des FBI hat Interesse an ihrem Fall bekundet, ebenso der indische Botschafter in Washington. Wir setzen gerade Himmel und Hölle in Bewegung, um die bürokratischen Hürden aus dem Weg zu räumen, und ich bin vorsichtig optimistisch, dass wir das hinbekommen.«
Thomas nickte. »Schlägt sie sich denn tapfer?«
Andrew grinste. »In den letzten drei Tagen musste das arme Mädchen als eine Art menschliche Billardkugel herhalten. Sie wurde die ganze Zeit zwischen ihrem sicheren Unterschlupf, dem Jugendgericht von Fulton County und einem Konferenzraum ein Stockwerk über uns hin und her gereicht, aber kein Mensch hat ein Wort der Klage von ihr gehört. Das FBI hat ihr eine Betreuerin zur Seite gestellt, die auf solche Fälle spezialisiert ist – Agent Dodd. Sie ist Jugendpsychologin und für ihre sanfte Art bekannt. Soweit ich gehört habe, verstehen sich die beiden recht gut. Eines muss ich dir sagen: Sita ist ein wahrer Schatz an Informationen. Wir haben aus ihr Einzelheiten herausbekommen, die etliche der Kandyland-Verschwörer hinter Gitter bringen werden.«
»Wann kann ich sie wiedersehen?«, fragte Thomas. Im Anschluss an die Razzia hatte man Sita in einem Einsatzwagen vom Anwesen der Kleins weggebracht, und aus Sicherheitsgründen hatte Agent Pritchett trotz Thomas’ wiederholter Bitten nicht gestattet, dass er sie besuchte.
»Wahrscheinlich nicht vor eurem gemeinsamen Rückflug«, entgegnete Andrew. »Daran kann ich leider nichts ändern.«
»In diesem Fall hätte ich noch so einiges zu erledigen. Reißt Romero mir den Kopf ab, wenn ich für ein paar Tage aus der Stadt verschwinde?«
Andrew musste lachen. »Ich werde ihn nicht von der Leine lassen. Sieh nur zu, dass du spätestens am Dreiundzwanzigsten wieder da bist. Mit ein bisschen Glück kannst du am Vierundzwanzigsten zusammen mit Sita zurück nach Bombay fliegen.«
Thomas zog die Brauen hoch. »Womöglich auf Regierungskosten?«
Andrew nickte. »Unsere Steuerdollars im Einsatz für eine gute Sache.«
»Darf ich jetzt einen Anruf tätigen, nachdem du endlich mit mir fertig bist?«
Andrew erhob sich vom Tisch. »Redefreiheit ist ein in der Verfassung verankertes Grundrecht. Wie du davon Gebrauch machst, sobald du dieses Büro verlässt, liegt ganz bei dir.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Und jetzt tu dir selbst einen Gefallen und verschwinde von hier, bevor Romero all die Fragen einfallen, die er dir zu stellen vergessen hat.«
Um neun Uhr abends tippte Thomas auf seinem BlackBerry die internationale Vorwahl von Indien. In Bombay war es gerade halb acht Uhr morgens. Jeff Greer ging bereits nach dem zweiten Läuten ran. In knappen Worten berichtete Thomas über die Entwicklung der vergangenen
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