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Du bist nie allein

Du bist nie allein

Titel: Du bist nie allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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aus dem Salon kommen. Er wusste zwar nicht, wo sie hinwollte, aber er ahnte es.
    Sie trifft Richard, dachte er.
    Er bemühte sich, ruhig zu bleiben. Was ging es ihn an, was die beiden taten? Sein Abend war bereits verplant: Er hatte Bier im Kühlschrank, es gab eine Videothek um die Ecke und das Pizzataxi lieferte innerhalb einer halben Stunde. Mike würde es sich richtig nett machen. Sich aufs Sofa legen und von der Woche ausruhen, vielleicht ein wenig Gitarre spielen, ein Video ansehen, die ganze Nacht aufbleiben, wenn er Lust hatte.
    Nachdem er sich seinen Feierabend derart ausgemalt hatte, ließ er die Schultern hängen. Was für ein armseliges Leben, dachte er. Normale Menschen würden dabei ins Koma fallen.
    Um dem Ganzen aber die Krone aufzusetzen, erfuhr Mike am folgenden Montag schließlich doch noch, was Julie und Richard am Freitag gemacht hatten. Er erfuhr es natürlich nicht von ihr. Vielmehr von Leuten, die er kaum kannte: Er schnappte im Supermarkt etwas auf, im Diner und sogar bei der Arbeit in der Werkstatt. Plötzlich hatte es den Anschein, als wüssten alle Leute wesentlich besser über Julie Bescheid als er.
    Richard hatte Julie anscheinend in einer Limousine abgeholt, unterwegs hatte er ihr Champagner geboten, und sie waren zum Abendessen nach Raleigh gefahren. Danach hatten sie sich in der Stadthalle eine Aufführung des Musicals
Phantom der Oper
angesehen. Natürlich saßen sie in der ersten Reihe.
    Und außerdem – als reichte das noch nicht, als wäre das noch nicht ausgefallen genug, um Eindruck auf sie zu machen – hatten Richard und Julie auch den Samstag zusammen verbracht, unten bei Wilmington.
    Dort hatten sie erst eine Fahrt im Heißluftballon unternommen und dann am Strand gepicknickt.
    Wie zum Teufel sollte Mike mit einem Kerl konkurrieren, der solch ein Programm abspulte?

Kapitel 9
    W as für ein Wochenende!, dachte Julie. Richard könnte Bob wahrlich ein paar Tipps geben, wie man einer Frau imponierte. Ach was, Richard könnte
Seminare
über das Thema abhalten!
    Sonntagmorgen stand sie vor dem Spiegel und konnte es immer noch kaum fassen. Solch ein Wochenende hatte sie nicht mehr erlebt seit… also, sie hatte noch
nie
so ein Wochenende erlebt. Im Theater war es einfach hinreißend gewesen: Paare in Abendgarderobe, die vor Beginn der Vorstellung im Hof Wein schlürften, das jäh verstummende Publikum, als nach und nach das Licht erlosch, die ersten brausenden Akkorde des Orchesters, bei denen Julie kurz zusammenzuckte. Wie romantisch und tragisch die Geschichte gewesen war! Und dann die virtuose Darbietung der Sänger und die Lieder, die mitunter so ergreifend waren, dass Julie die Tränen kamen. Und die Farben! Die Requisiten und die bunten Kostüme, die funkelnden Scheinwerfer und die unheimlichen Schatten – all dies zusammen hatte auf der Bühne eine Welt erschaffen, die ebenso seltsam unwirklich wie sprühend lebendig schien.
    Der ganze Abend hatte etwas von einem Märchen gehabt, fand Julie. Alles war ganz neu für sie, und ein paar Stunden lang hatte sie das Gefühl, als wäre sie plötzlich in ein anderes Universum geraten, in dem sie nicht mehr eine einfache Friseurin in einem kleinen Südstaatenstädtchen war, nicht mehr eine junge Frau, deren Höhepunkt der Woche normalerweise in so etwas Alltäglichem wie dem Beseitigen eines hartnäckigen Schmutzrandes in der Wanne bestand. Nein, dies war eine andere Welt, eine Welt, in der die Menschen abends ins Theater gingen und morgens die Aktienkurse in der Zeitung studierten, während die Nanny die Kinder für die Schule fertig machte.
    Als Julie und Richard nach der Aufführung ins Freie traten, hätte es sie nicht verwundert, zwei Monde am Abendhimmel stehen zu sehen.
    Auf dem Heimweg in der Limousine atmete Julie den Moschusgeruch von Leder ein, während Champagnerbläschen ihre Nase kitzelten, und sie dachte: So also lebt man in besseren Kreisen. Ich kann gut verstehen, dass man sich schnell an so etwas gewöhnt.
    Auch der nächste Tag war eine Überraschung, vor allem, weil er einen so krassen Gegensatz zum Vorabend bildete: eine Heißluftballonfahrt statt der Atmosphäre im Theater, ein Spaziergang durch fröhlich belebte Straßen statt der Fahrt in einer Limousine, ein Picknick am Strand statt eines Abendessens im Restaurant. Obwohl die Ballonfahrt Julie Spaß machte, gefiel ihr von allem, was sie unternahmen, das Picknick am besten. Es entsprach einfach am meisten dem, woran sie gewöhnt war. Sie hatte in ihrem Leben

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